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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Soviel ich von den Nachbarn weiß, sind das alles anständige Herren.“
    „Vielen Dank“, sagte er ernüchtert. So wie es aussah, gab es keine Veranlassung mehr, an der Seite der Wirtin länger Zeit totzuschlagen. Deshalb deutete er mit dem Kopf auf die Hintertür, aus der es nicht mehr qualmte. „Ich glaube, der Rauch hat sich verzogen. Sie können Ihre Küche wieder in Besitz nehmen.“
    „Ach, dort lauert doch nur Arbeit auf mich. Gehen Sie nur, ich bleibe hier noch ein Weilchen sitzen.“
    Genüsslich streckte sie ihre nackten Füße in die Abendsonne.
    „Kann ich mir einen Krug Wasser aus der Küche mitnehmen?“
    „Bitte schön.“ Sie machte eine allumfassende Geste.
     
    Mit dem Krug in der Hand erreichte Franz die obere Etage. Nachdem sich der Gestank verzogen hatte und das Zimmer gereinigt worden war, wirkte der Raum freundlicher und verströmte sogar einen Hauch von Gemütlichkeit.
    Er nahm sich Zeit, die Wohnung, in der sein Bruder den größten Teil der letzten zwei Jahre gelebt hatte, gründlich in Augenschein zu nehmen. An der Wand mit dem Kamin war oberhalb des Gesimses ein Bord angebracht, auf dem Johanns Bücher standen.
    „ ‚Grundsätze der rationellen Landwirtschaft‘ von Albrecht Daniel Thaer, Erster, Zweiter und Dritter Band“, las Franz. Weitere Titel, wie: „Einleitung zur Kenntnis der englischen Landwirtschaft“ oder „Dr. A. Thaers Beschreibung der nutzbarsten Ackergeräte“ standen Rücken an Rücken mit den Veröffentlichungen der „Mecklenburgischen Landwirtschaftlichen Gesellschaft“ für die Jahrgänge 1812 bis 1814. Interessiert nahm Franz eines der kleinen Bücher zur Hand. Ein zusammengefalteter Zettel fiel zu Boden. Schnell hob er ihn auf, faltete ihn auseinander und überflog den Text.
    Der Korrespondent der Stillerschen Buchhandlung, Verleger der „Neuen Annalen der Mecklenburgischen Landwirtschaftlichen Gesellschaft“, dankte Johann darin für die Pränumeration derselben und teilte den Preis von einem Reichstaler und 32 Schillingen mit.
    Wenn Johann die Annalen der vergangenen Jahre vorbestellt hatte, so hatte er das für dieses Jahr vielleicht auch getan? Franz blätterte auf die erste Seite des Büchleins, ob der Monat des jährlichen Erscheinens darauf abgedruckt war.
    Ja, dort stand es: Im Juli 1815 erschienen. Bestimmt hatte er die Annalen über die Universität bezogen, denn eine Adresse war dem Brief nicht zu entnehmen. Das war ein Anhaltspunkt. Franz konnte sich kundig zu machen, ob es eine Bestellung von Johann gäbe und ob er das Buch abgeholt habe. Wenn ja, müsste es erst vor kurzem geschehen sein. Dann führte er die Neuerscheinung offenbar mit sich.
    Er wollte den Band schon zurückstellen, als ein Name seine Aufmerksamkeit erregte. „Sekretär der Gesellschaft: F.C.L. Karsten, Professor der Ökonomie der Universität zu Rostock.“
    Karsten?
    Er war überzeugt, den Namen schon einmal gehört zu haben. Richtig, in seinem letzten Gespräch mit Stein war von dem Mann die Rede gewesen. Gut, Karsten war demnach einer von Johanns Professoren und wie es aussah, nach wie vor an der Universität tätig. Den Mann muss ich unbedingt aufsuchen, dachte Franz.
    Das Bücherbord war mit vielen weiteren Titeln bestückt, denen Franz aber keine besondere Beachtung schenkte. Vielmehr wendete er sich einem Schreibsekretär an der gegenüberliegenden Wand zu. Die vielen kleinen Fächer erregten sein besonderes Interesse. In einem dieser Schubfächer fand er säuberlich aufgestapelte Quittungen für allerhand Kleinkram. Franz war erstaunt. Er hielt einen Beleg für den Erwerb einer Spieluhr in der Hand.
    Nach seiner Kenntnis war weder seinem Vater noch Stein bekannt, ob Johann einem Mädchen den Hof gemacht habe. Die Wirtin hatte er vorhin nicht dazu befragen wollen. Solche Dinge gingen eine Hauswirtin nun wirklich nichts an, auch wenn sie sich von ihren Studiosi Mudder nennen ließ. Blieb damit Johanns Flucht in ein Liebesnest im Spiel?
    Franz beseelte Zuversicht. Er hatte eine solche Möglichkeit von Anfang an favorisiert, weil sie dem eigenen Naturell am ehesten entsprach. Warum sollte sein Bruder nicht ähnlich empfinden wie er selbst. Dann erinnerte er sich an das letzte Gespräch mit seinem Vater anlässlich des gemeinsamen Frühstücks kurz vor seiner Abreise. Sein Vater hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, Johanna weile zur Badekur in der Nähe. Wenn es sich ergäbe, wollte Franz die kleine Schwester in Doberan besuchen. Der Flecken lag nur zwei deutsche

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