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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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Stiefel, die bis fast an die Knie reichten. Die meisten
Männer waren anscheinend so gekleidet, überlegte er. Stiefel bei der Wärme?
    Der erblickte die beiden Männer, warf seine Zigarette weg
und lief lächelnd auf sie zu.
    „Doug, karibu sana, rafiki langu!“ Die Zwei umarmten sich,
dann stellte er vor. „Mein Freund Robin McGimes. Er ist der Dokitari. Das ist
William Shrimes. Ich habe ihn auf dem Schiff kennen gelernt. Ich muss mich
zuerst um das Gepäck kümmern, sonst verschwindet das meiste. Fahren wir hin.“
    William reichte dem Mann die Hand. „Guten Tag, Doktor
McGimes.“
    „Du bist noch sehr jung“, runzelte der die Stirn.
    „Ich werde bald sechzehn.“
    „Robin, er ist okay, später mehr.“ Alle stiegen ein und er
umrundete eine Holzbaracke, hielt und Doug Masters eilte in die Holzhütte.
    William stieg ebenfalls aus, blickte sich um. Marode
Fischkutter, die Holzplanken rissig und verfault lagen vertäut im Hafenbecken.
Die Dinger sehen aus, als wenn sie jeden Augenblick absaufen, dachte er.
Angrenzend ankerte der Frachter mit der amerikanischen Flagge, daneben zwei
Dhaus, die wesentlich größer aussahen, als vorhin vom Schiff aus. Diese alten
Holzschiffe dienten als Haupttransportmittel zu verschiedenen arabischen Häfen,
wie sie es in den letzten zweitausend Jahren gewesen waren. Die Dhaus brachten
traditionelle Fracht: Datteln, Trockenfisch, ein paar Teppiche und
traditionelle Truhen, mit. Meist segelten sie mit Mangrovenstämmen, Ghee und
Limonen beladen ab. Früher bestand ihre Fracht dazu noch aus Sklaven und
Elfenbein, wusste er von Doug. Er hätte sich gern so eine Dhau näher angesehen.
Sie sahen irgendwie sehr schön, imposant, … ja fast edel aus und nicht so, als
wenn sie untergehen würden.
    Es wimmelte von Menschen. Die meisten Männer hatten
nackte, von Schweiß glänzende, braune Oberkörper. Sie schleppten anscheinend …
    „Du bist neu in der Kolonie, nicht wahr? Das erste Mal in
Afrika?“
    William wandte sich dem Mann zu. „Ja, Sir.“
    „Sag Robin. Wir Weißen sind nicht so förmlich wie in old
England. Irgendwie gehören wir alle zusammen. Was willst du machen? Hast du
Verwandte hier?“
    „Nein! Ich werde arbeiten und genug Geld verdienen, damit
ich mir eine Farm kaufen kann.“
    „Einer dieser Träumer. Das sind ja immense Pläne“, drang
die spöttische Stimme zu ihm. „Was willst du arbeiten?“
    William straffte sich, da er gemerkt hatte, dass ihn
dieser Mann als Aufschneider, Maulheld abstempelte.
    „Egal, wo man Geld verdient. Wissen Sie, Mister McGimes,
es ist vieles unser Schicksal, aber man sollte die Herausforderung des Lebens
annehmen.“
    Abermals taxierte der Mann ihn. „Kluge Sprüche! Du siehst
kräftig aus. Kannst du wenigstens etwas schreiben?“ Wiederum dieser
herablassende Tonfall.
    „Ja! Lesen, Schreiben, Rechnen. Ich habe sechs Jahre die
Schule besucht.“
    Einen Augenblick musterten sich der Junge und der Mann und
es war merkwürdig, in William vollzog sich ein Wandel. War er eben noch der
etwas unsichere Knabe gewesen, so schien es, als wenn er innerhalb von Sekunden
einen großen Schritt Richtung Erwachsener tat. Es war das erste Mal, dass ihn
ein wesentlich älterer Mann in gewisser Weise herausforderte. Dem stellte er
sich, war nicht bereit, sich das gefallen zu lassen, geschweige denn, klein
beizugeben. Ein Wesenszug, den er sein Leben lang behalten sollte.
    „Mister McGimes, sind in der Kolonie viele Menschen
arrogant, überheblich, voreingenommen?“, fragte er mit kalter Förmlichkeit.
    Robin McGimes war einen Augenblick von dem verbalen
Angriff sprachlos, lachte nun laut. „Du gefällst mir. Vielleicht habe ich einen
Job für dich. Ein Bekannter sucht einen zuverlässigen jungen Mann für sein
Kontor.“
    „Wie viel zahlt er?“
    „Gut! Weiße, die schreiben können, verdienen gut. Warten
wir, bis Doug kommt, und reden dann.“
    William drehte sich um, als lautes Gebrüll erklang. Eine
zornige Stimme rief etwas, dass er nicht verstand. Ein weißer Mann, klein,
untersetzt, mit einem puterroten Gesicht, brüllte mehrere dunkelbraune Männer
an, hob den Stock hoch, holte aus und schlug einem Mann damit auf den nackten
breiten Rücken. Keiner der anderen sagte etwas, griff ein. Im Gegenteil, die
Männer mit den nackten Oberkörpern schleppten, stark schwitzend, nun noch
schneller ausschreitend, Kisten, Körbe, unförmige Pakete und Gebinde. Es war
laut, stank nach Fisch, Meer, Unrat, der überall verstreut lag. Das hatte

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