Weisse Haut - Schwarze Haut
klapperten. Durch das
engmaschige Drahtgeflecht folgten ihnen aus schweißglänzenden schwarzen
Gesichtern Blicke dumpfen Hasses. Tausende von Eingeborenen, die von den
verstärkten Polizeistreifen mit Bluthunden oder Truppen-Abteilungen auf den
Verdacht hin, der Geheimorganisation Mau-Mau nahezustehen, aufgegriffen worden
waren, wurden so zur Vernehmung hinter Stacheldraht transportiert, dort mit
Ketten aneinandergefesselt und mit Peitschenhieben bestraft. Lyttelton, der
dope, stellte fest, dass die Operation Scott laufe sehr gut und bald würde
wieder Ruhe herrschen. Sie haben jetzt Zahlen veröffentlicht, dass von den
Gerichten 2100 Eingeborene verurteilt wurden; 501 sind in Gefängnisse
abtransportiert worden, 869 befinden sich in Polizei-Gewahrsam. Jetzt wollen
sie in London einen Bericht erarbeiten, was los ist. Dauert ein Jahr.“
„Bis dahin toben sich die Mau-Mau weiter aus, werden
größer und größer. Allesamt Idioten dort! Dauert eine Minute, dann sage ich
denen, was los ist. Hier herrschen 30.000 Europäer im Stil des
Kolonial-Imperialismus des 19. Jahrhunderts über 5,4 Millionen Schwarze, 90.000
Inder und 25.000 Araber. Die Briten sind völlig verblödet, aber spielen sich
auf, klauen, betrügen und misshandeln die Schwarzen. Die haben die Schnauze
voll. Mau-Mau!“
Alle schmunzelten. „Treffend formuliert und unter einer
Minute. William, sende das nach London.“
„Die sind zu blöd, kapieren es nicht. Evelyn sowieso
nicht, obwohl der sogar noch hier wohnt. Dekadent und verblödet.“
„Wechseln wir für heute das Thema. Mir macht diese
Entwicklung irgendwie Angst. Was man von denen so hört, ist erschreckend. Genug
von den Mau-Mau.“
„Du hast Recht. Wir wollten mal alle abschalten.“
Im weiteren Tagesablauf ignorierte die Masters Theresa
vollkommen. Diese zog sich an dem Abend früh zurück, war beleidigt.
William genoss dagegen den Abend. Er hatte manchmal den
Eindruck, als wenn Eve ihrer aller Leben auf positive Weise verändern würde,
ohne dass es ihr allerdings bewusst war. Noch nie hatte er so viel Lachen im
Haus gehört und ihm gefielen die Gespräche abends mit ihr. Sie war
wissbegierig, auf der anderen Seite bemerkte er, dass sie sehr gut kombinierte,
Zusammenhänge schnell erkannte.
Seine Freunde und ihre Frauen erschienen wieder öfter und
man saß lange zusammen, redete.
Dass das Theresa nicht gefiel, bemerkte er und er redete
mit ihr. Sie schob seine Bedenken beiseite, erzählte, nur, wie viel sie zu tun
habe, da sie nun zusätzlich alles für den Besuch mit erledigen musste. Sie
hätte dauernd Wünsche und außerdem würde sie James völlig verhätscheln und nur
Unfug einreden. Als er ihr heftig widersprach, weinte sie, da er anscheinend
einer Fremden, eine Abenteuerin, mehr glaubte als ihr, obwohl er sie kaum
kannte.
„Theresa, es ist gut, dass du bald meine Farm verlässt und
nach Nyeri ziehst. Es lief alles wie am Schnürchen, als du nicht da warst. Ich
möchte keinen Ärger, haben wir uns da verstanden? Du bist ein gehässiges,
boshaftes, niederträchtiges Weib.“
Sie gab sich tagelang pikiert. William hingegen fragte
sich, warum das Leben durch Frauen so viel anstrengender wurde? Er versuchte
schon dem allen aus dem Weg zu gehen, aber trotzdem … Er war erst Mitte zwanzig
und so sollte das bis zum Lebensende weitergehen? Hapana!
Evelyn teilte ihm wenige Wochen darauf mit, dass sie ihren
Besuch beenden werde. Er konnte sie nur mit viel Mühe überreden, länger zu
bleiben. Sie sollte nicht gehen. Besonders James tat alles, um Eve vom Bleiben
zu überzeugen. Zwischen dem Jungen und der Frau war es Liebe auf den ersten
Blick gewesen. Sie war für ihn die Mamaye, die er anbetete. Evelyn hatte den
kleinen Kerl sofort in ihr Herz geschlossen. Er war wie ein Sohn, den sie sich
seinerzeit immer gewünscht hatte.
*
D as Jahr 1952 neigte sich dem Ende zu. Auf der
Shrimes-Farm lief alles wie seit eh und je. Der Regen im November, Dezember
hatte den trockenen Boden reichlich mit Wasser versorgt. Alles war grün, wuchs
hervorragend und William war mehr als zufrieden. Durch die zahlreichen kleinen
Abwassergräben stand nie das Wasser zu hoch auf den Feldern. Die Wassertanks
waren alle randvoll gefüllt und auch im Dorf gab es keine nennenswerten
Probleme. Von den Auswirkungen des Mau-Mau-Aufstandes hatten sie hier noch
nichts gespürt, hörten es nur in den Meldungen und die waren alles andere als
beruhigend.
William fuhr für zwei Tage nach Nairobi und
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