Weisse Haut - Schwarze Haut
den
beiden Familien angestellt werden. Das alles verbunden mit ewigem Palaver und
viel pombe. Die Kikuyu achten streng darauf, dass keine Verwandtschaftsehen
zustande kommen. Danach muss noch der Rat des Mondomogo eingeholt werden. Den
Rat kann man mit entsprechenden Ziegen etwas beeinflussen. Gibst du ihm genug,
sieht er hin und wieder etwas günstig, so wie man es wünscht“, grinste er zu
ihr hinüber, zündete eine Zigarette an, legte die Beine auf die Brüstung der
Veranda.
„Nach Vereinigung des Paares wird eine große Hütte gebaut,
die allein der Frau gehört, eine kleinere für den Mann, in der er seine Freunde
empfängt. Wenn der Frau allein die Arbeit zu schwer wurde und die
wirtschaftliche Lage es erlaubte, wählte sie unter den Freundinnen ihrer
Altersgruppe ein Mädchen, das als zweite Frau aufgenommen wurde. Kihiga
praktiziert das heute noch. Er hat inzwischen vier Frauen. Eine ist im
vergangenen Jahr gestorben. Sie war Ndemis Mutter. Auch diese Frauen bekommen
eigene Hütten. Er bestimmt allein, welche Frau er nachts in sein Bett holt.“
„Ndemi, Karega und einige andere haben aber nur eine
Frau.“
„Zum einen hat es die Regierung verboten, aber gerade
Ndemi liebt seine Frau abgöttisch, würde diese nie betrügen. Die Frauen von
beiden sind in die Schule gegangen, sind nicht so dumm und unwissend, dass sie
alles mit sich machen lassen. Karegas Frau Wakiuru ist Ndemis Schwester, die
Tochter des Dorfältesten. Sie würde sich das nicht gefallen lassen. Ndeges Frau
ist da anders. Sie hat ihm eine zweite Frau besorgt und findet das in Ordnung.
Er wollte die nie und lehnte ab. Alle waren beleidigt und es kostete ihn sieben
Ziegen und einige Kürbisse pombe“, schmunzelte er. „Diese fette Kuh hätte ich
nicht genommen und lieber ein paar mbuzi geopfert. Das Leben der
Stammesangehörigen verlief in geregelten Grenzen, deren Nichtbeachtung zur
Ausstoßung aus der Gemeinschaft führte und sie zu Außenseitern machte. Ackerbau
und Viehzucht gehören dazu, ebenso die Pflege des Baumbestandes in ihrem
Wohngebiet. Einzelstehende große Bäume werden als Wohnungen von Geistern
verehrt, und der wird nicht gefällt. War es in seltenen Fällen nötig, da ging
dem vorher ein Prozedere voraus. Der Stamm zog mit dem Mondomogo an der Spitze
zum Baum, wo man die Geister von der Notwendigkeit des Kommenden in Kenntnis
setzte und sie baten, sich in die großen Äste, die man mitgebracht hatte,
zurückzuziehen. Bis zum nächsten Morgen blieben die Äste an den Baum gelehnt,
und eine feierliche Prozession führte sie in den nächsten Wald, in der
Hoffnung, dass die Geister nun friedlich gestimmt dort Wohnung nehmen würden.
Die wazungu kamen und hauten die Bäume weg. Ich finde das mit den Geistern auch
lächerlich, aber man sollte doch einen jahrhundertealten Ahnenkult
respektieren. Alle diese Sitten und Gebräuche haben sich durch den Kontakt mit
der Zivilisation der Weißen gelockert. Man nahm ihnen viel, nicht nur Land,
aber etwas dafür bekommen haben sie nicht, außer leeren Versprechungen, ein
paar nette Worte. Die christliche Religion hat die alten Geister nicht
verdrängen können, der alte Heidenglaube ist geblieben und das gefiel auch den
Missionaren nicht. Auch von dieser Seite setzte man die Völker unter Druck.
Macht ihr nicht was wir fordern, unterrichten wir eure Kinder nicht, lassen wir
euch keine ärztliche Hilfe zukommen. Ich habe das vor einigen Jahren selber
erlebt. Da sagt mir ein Doktor, er behandelt ein junges Mädchen nicht, weil sie
beschnitten sei. Das nennen sie dann Gottes Willen. Albern! Geh mal mit Ndemi
oder Karega durch Nairobi, dann siehst und spürst du, wie man diese Menschen in
ihrem Land behandelt. Es ist ihr Land, nicht unseres! Die Wirtschaftslage hat sich
verschlechtert. Not treibt viele in die Städte. Dort sind sie eine leichte
Beute von Mzungu Aende Ulaya Mwafrica Apate Uhuru, oder wie es kurz heißt,
Mau-Mau.“
„Ist ja auch logisch. Sie haben keine Perspektive. Dann
kommen Menschen und versprechen ihnen, wenn die Weißen weg sind, geht es auch
euch besser. Ergo treten sie diesem Bund bei. Die Mitglieder der Bewegung
selbst bezeichneten sich als ithaka na wyiathi, die Land and Freedom Army,
oder?“
„Genau! Das Land, das man zum Beispiel den Kikuyu
zugemessen hat, etwa 1.000 Quadratkilometer, das sie nach alter Gewohnheit in
Privatbesitze aufteilten, schien damals ausreichend bemessen. Sie haben sich
logischerweise vermehrt, ihre Herden ebenso. Die Reservate sind
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