Weisse Haut - Schwarze Haut
im
Dunkeln sitzen. „Warum hast du nicht mit uns gegessen?“
„Ich will eure Familienidylle nicht stören. Deine Theresa
hat es mir, Lokop und Etana verboten, wie du weißt. Ergo lass diese
einfallslosen Fragen. Ihr möchtet den Abend allein verbringen, da ihr nur zu
zweit sein wollt, ohne uns lästige Wogs.“
„Blödsinn!“
Er setzte sich trank sein beer. „Ich fahre morgen nach
Nyeri. Theresa hat mir schon einen Zettel gegeben, was wir benötigen. Brauchst
du etwas?“
„Nein!“ Sie stand auf, hastete ins Haus und er schaute in
die Nacht. Seine Gedanken schweiften zu Karega, so wie ständig. Er sah den
sterbenden Mann vor sich. Warum hatte er ihn und Ndemi nur zu solchen Einsätzen
mitgenommen? Er hätte es verbieten müssen, und zwar energisch.
Es folgte abermals eine fast schlaflose Nacht, mit
Albträumen, Schweißausbrüchen, viel Blut, vielen Toten und Fratzen, die ihn
verfolgten. Daneben immer wieder die Gesichter von Ngumo, Suijo, Zuri, Karega
und Ndemi.
*
D ie Mupundubäume bildeten eine natürliche Grenze um
das Gelände, das er für den Bau des Schulgebäudes vorgesehen hatte. Sämtliche
kleine Kameldornsträucher und Hakedornbüsche innerhalb des Gebietes mussten
geschlagen und entfernt werden. Zuerst mussten die drei Mopanebäume mit ihrem
schauderhaften Geruch weg. Irgendwie stanken sie wie Terpentin, fand William.
Er wies die Männer an, was sie zu tun hatten.
Er selbst schlenderte zu einer großen Schirmakazie.
Akazien zu fällen war eine harte Knochenarbeit, besonders Schirmakazien, die
die zähesten von allen waren. Als er den Rhythmus gefunden hatte, vermittelte
er allerdings den Eindruck, als wenn er so ewig weiter auf den Baum einschlagen
könnte. Dann und wann hielt er inne und stand breitbeinig da, während er den
Schweiß aus dem Nacken, von der Stirn wischte. Er setzte seine Arbeit
konzentriert fort und das machte er mit einem kompromisslosen körperlichen
Einsatz, hieb dabei beharrlich auf den Stamm ein. Seine Einbildung schwirrten
zu Karega und er sah ihn vor sich, hörte seine Worte: Der Bwana macht immer
alles so umständlich. Wir machen zu zweit, geht einfacher und schneller.
Jetzt, rafiki langu, muss ich es allein hinbekommen. Du
bist nicht mehr da, obwohl ich dich ständig sehe und deine Worte höre. Du warst
noch viel zu jung, um schon zu gehen. Jetzt bauen wir deine shule. Sie wird
alle deine Nachkommen immer an dich erinnern.
Voller Wut und Trauer hieb er auf den Stamm ein. An dem
Baum konnte er sich austoben, all seinen Zorn, seine Enttäuschung, seine Trauer
herauslassen. Morgen fuhr er mit Eve für einige Tage nach Nairobi. Die Briten
feierten ihr Anwesenheit in Kenya.
Seine Gedanken wanderten zu den Mau-Mau-Kämpfern.
Die direkten politischen Folgen der Mau-Mau-Rebellion
waren schon eher zu sehen. 1954 gab es den ersten afrikanischen Minister in
Kenya und die Bereitschaft der Briten, mit der afrikanischen Seite ernsthafter
als je zuvor zu verhandeln. Bereits während dieses Dialoges verschob sich die
Macht langsam, aber endgültig von den Kenya-Europäern zu den Kenya-Afrikanern.
1955 griffen die Briten zu einem weiteren Strohhalm, um
die Mau-Mau-Kämpfer zu einer Aufgabe zu bewegen. Sie ließen Flugblätter
verbreiten:
An alle Mau-Mau-Anführer und ihre Anhänger
Versprechen der Regierung
Die Regierung von Kenya bietet allen Kämpfern die
Chance, den Wald zu verlassen und zu einem normalen, friedlichen Leben
zurückzukehren. Seine Exzellenz, der Gouverneur von Kenya, Sir Evelyn Baring,
hat bis einschließlich heute, den 18. Januar 1955, eine Generalamnestie
erlassen. Retten Sie Ihr Leben jetzt! Ergeben Sie sich mit allen ihren
Kampfwaffen, dann werden Sie nicht angeklagt werden. Sie werden in Haft
genommen und gute medizinische Betreuung, Essen, Kleidung und allgemeine
Fürsorge erhalten.
Sir Evelyn Baring Seine Exzellenz, der Gouverneur von
Kenya
General Sir George Erskine Oberbefehlshaber in
Kriegszeiten, Ostafrika
Erfolg brachte diese Mitteilungen nur geringe: Laut den
Briten hatten sich 300 Männer gemeldet. Allerdings habe man in abgelegenen
Gebieten dafür viele ermordetet Mau-Mau-Anhänger gefunden, hieß es weiter. Die
Mau-Mau würden sich untereinander abschlachten. Den Weißen war das generell
egal, Hauptsache, die Kerle waren weg.
Als die Gewalttätigkeiten der Mau-Mau 1956 endeten, hatten
die Behörden ihre siedlerfreundliche Politik aufgegeben. Nun waren die Briten
zu Gesprächen mit den Afrikanern bereit. Der nun
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