Weisse Haut - Schwarze Haut
Kidogo
hatte er dagegen vorher und nachher bisweilen stundenlang geredet, noch pombe
getrunken. Das gab es nun nicht. Kiume war nur wenige Jahre älter als er selbst
und irgendwie sah er nie etwas Besonderes in ihm. Kidogo hat er oft um Rat
gefragt und er hatte ihm immer geholfen. Es war eingetreten, was er weissagte.
Bei Kiume konnte er sich das nicht vorstellen. Es hatte sich mit Karegas Tod
vieles verändert und durch den Brand Jahre später, war das Verhältnis zu allen
noch mehr abgekühlt. Er wollte nicht noch mehr Ärger heraufbeschwören, sondern
langsam sein Verhältnis zu allen allmählich verbessern. Es sollte so wie früher
werden, dass man miteinander redete, scherzte, lachte.
An den Tagen der Irua holte er Kibibi kitamu und Sela, ein
weiteres Mädchen, das nicht daran teilnehmen wollte, zu sich und trug den
beiden auf, den Garten in Ordnung zu bringen. So konnte er sicher sein, dass
ihnen nichts geschah. Er traute Kinjija zu, das sie ihre Enkelin noch in
letzter Minute zu überreden versuchte. Er hätte den gesamten gräulichen Zirkus
am liebsten verboten. Leider konnte er das nicht. Er fand es abscheulich, was
man mit den Mädchen anstellte.
*
N ach beträchtlichen Diskussionen wurde entschieden,
eine Massenorganisation zu gründen, um das Volk auf den letzten Schlag gegen
den Kolonialismus vorzubereiten. Dies war die Geburtsstunde der Kenya African
National Union, KANU. Die KANU wurde im März 1960 in der Stadt Kiambu
gegründet, ging aus der ehemaligen KAU hervor. Die Hauptführer waren James
Gichuru, Odinga Oginga und Tom Mboya.
Besonders letzterer war gerade unter den Luo sehr beliebt.
Es fand die größte afrikanische politische Kundgebung in
Nairobi statt. Über 20.000 Schwarze hatten sich versammelt, sangen und warteten
auf Tom Mboya. Dann ein gewaltiges Getöse. Tom Mboya wurde auf den Schultern
seiner Anhänger hereingetragen. Um seine Schultern lag ein schwarzes Cape.
Tom gebot den Menschen Ruhe. „Meine Brüder“, rief er,
„heute ist ein großer Tag für Kenya. Uhuru“ Die Tausende schrien „Uhuru!“
„Wir haben und werden für alle Zeit den Mythos der weißen
Vorherrschaft brechen. Wessen Kenya ist es?“, Tom Mboya. „Unser!“
Abermals antwortete die Menge „Unser!“
„Was die Zukunft der weißen Siedler betrifft, so gibt es
keinen Raum für alle, die nicht an unsere Demokratie glauben. Diejenigen
Europäer, die nicht mitarbeiten wollen, haben nur eine Alternative, und das ist
zu verkaufen und unser Land zu verlassen. Seid ihr zu müde, um nach der
Freiheit zu fragen? Nein!“
„Nein!“, erklang es im Chor.
„Wir werden nicht ruhen, bis Jomo Kenyatta wieder bei uns
ist.“
Die Massen tobten.
„Ich beabsichtige nicht, Jomo Kenyatta zu vertreten und
ich will kein Ersatz für ihn sein. Wenn er zurückkommt, werden wir ihn alle als
unseren großen Führer akzeptieren“, und er fügt hinzu: „Für mich macht es
keinen großen Unterschied, da ich mich nicht persönlich bereichern will.“
Die Menschenmassen grölten, jubelten und dazwischen die
lauten Rufe: „Uhuru! Uhuru!“
Alarmiert waren die Polisi vor Ort, gebot der Menge, dass
sie sich zerstreuen sollten. Als das ohne Wirkung blieb, schleuderte sie
Tränengasbomben in die Menge. Es folgte vonseiten der Schwarzen ein Steinhagel
auf die Ordnungshüter, dabei schrien sie: „Uhuru! Uhuru!“
„Die Afrikaner werden wach. Sie werden sich die
Unterdrückung nicht mehr gefallen lassen. Im Kongo schreien sie, Dependance!
Sieh dir Ghana, Guinea und Liberia an. Kamerun, Togo, Belgisch-Kongo, die
Mali-Föderation von Senegal und Französisch-Sudan und natürlich Nigeria.“
„Denkst du, die Briten verlassen unser Land?“
William schaute seinen Freund an, legte die nackten Füße
auf die Verandabrüstung und trank das beer.
„Ich denke, sie werden es irgendwann müssen. Besser wäre
es, wenn sie freiwillig gingen. Sie sollten endlich alle Gefangene entlassen.
Es heißt, es wären immer noch weit über 20.000 in Nyeri, Kiambu, Kandongu,
Kimbimbi, Ishiara, Thiba und Gathigiriri eingesperrt. Das Gathigiriri
Haft-Lager haben sie nun in ein Gefängnis umgestaltet, und nun sind sie
plötzlich Gefängnisinsassen. Sie sollten den Menschen ihr Land zurückgeben,
ihnen eine Chance geben, Getreide anzubauen oder Viehbestand zu behalten, anstatt
weiter Menschen durch erzwungene Arbeiten zu unterdrücken. Das alles erzeugt
nur neue Abneigung.“
„Was kommt dann? Meinst du, dass es genug Männer gibt, die
es
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