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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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musste, war ich entsetzt. Entweder regnete es durch das marode Dach oder es war viel zu heiß darunter. Außerdem fehlte jedes Mobiliar. Die wenigsten Eltern hatten das Geld, ihren Kindern Hefte, Stifte und Schulbücher zu kaufen. So war es kaum möglich, einen vernünftigen Unterricht abzuhalten. Es wunderte mich nicht, dass die meisten Kinder gar nicht erst erschienen.
    Da aber eine solide Ausbildung die Voraussetzung dafür ist, dass sich auf lange Sicht die Situation in einem Dorf ändern kann, beschloss ich, nachdem die Grundhygiene durch die Toilettenanlage und den Trinkwasserbrunnen gesichert war, hier anzusetzen, und besprach mich mit dem Schulleiter. Teacher Anthony ist ein sehr engagierter junger Mann aus dem Nachbardorf Dompa, der mit der Tochter des Chiefs verheiratet ist. Außerdem gilt er mit seiner guten Ausbildung als einer der ihren, der »es geschafft hat«, und wird deshalb, im Dorf sehr geschätzt.
    Wieder machte ich ein Projekt aus der Sache und warb in Deutschland dafür. Viele Spender fühlten sich von dem Anliegen, Schulbildung zu finanzieren, angesprochen. Wir renovierten die Grundschule und bauten drei Klassenräume an. Dazu schafften wir Gaslaternen an, damit auch am Abend Unterricht abgehalten werden und eine Hausaufgabenbetreuung stattfinden kann.
    Die Kinder bestätigten uns, dass es viel mehr Spaß macht, gemeinsam zu lernen. Denn wenn sie von der Schule nach Hause kommen, müssen sie erst einmal im Haushalt oder auf dem Feld helfen, und bis sie dazu kommen, sich um ihre Schulaufgaben zu kümmern, ist es bereits dunkel. Ohne elektrisches Licht sitzt man dann im Finstern und fängt an zu gähnen, auch wenn es erst sechs Uhr abends ist – auch ich hätte da keine Lust mehr zu lernen. Ganz davon abgesehen, dass man im Dunkeln nichts in sein Schulheft schreiben oder lesen kann.
    Bald konnten wir jedem Kind in Apewu die Primary School von der ersten bis zur sechsten Klasse ermöglichen. Kurz darauf fanden wir genügend Sponsoren, die bereit waren, Patenschaften für Kinder zu übernehmen, deren Junior-School-Abschluss gut genug war, um auch die weiterführende Secondary School, die unserem Gymnasium entspricht, zu besuchen.
    Dies begann damit, dass mich der Chief Odikro von Apewu auf einen Jungen namens Gyasi ansprach, der sehr klug sei.
    »Wäre es vielleicht möglich«, fragte mich der Chief höflich, »diesen Jungen auf die Secondary School zu schicken? Seine Eltern haben das Geld nicht dazu. Es wäre schade um ihn, wenn er nicht weiter lernen könnte. Vielleicht kann er einmal Lehrer werden. Klug genug ist er jedenfalls dazu.«
    Ich dachte darüber nach. Einer meiner Grundsätze war und ist, dass ich – außer im Fall von außergewöhnlichen Krankheiten wie bei Stephen Owusu und bei Ama Enima oder später, als sich ein Mädchen einmal einen Arm so kompliziert brach, dass er ohne ärztliche Hilfe unbeweglich geblieben wäre – keinen Einzelnen helfe, sondern immer einer Gruppe von Menschen. »Mass benefit« heißt einer meiner Grundsätze: mit möglichst wenig Geldaufwand möglichst vielen Menschen helfen. Ich wollte nicht in den Verdacht geraten, dass ich Einzelne bevorzuge, außerdem konnte ich mich auch so schon kaum mehr vor Bittgesuchen Einzelner retten.
    »Ich kann nicht einem einzigen Jungen helfen«, sagte ich also bestimmt und sah, wie der Chief ein enttäuschtes Gesicht machte. »Also kann nicht er allein auf die Secondary School. Aber wie sieht es mit den anderen Kindern aus? Sicherlich ist er nicht der einzige intelligente Schüler in Apewu?«
    Chief Odikros Miene hellte sich auf.
    »Nein«, sagte er, »natürlich nicht. Ich wollte nur nicht zu viel erbitten.«
    »Lass uns den Lehrer rufen«, fuhr ich fort, »er soll uns die zehn besten Schulabgänger und -abgängerinnen nennen. Und denen finanzieren wir die weiterführende Schule.«
    So begann ein Erfolgsprojekt, das sich bis heute bewährt. Inzwischen sind es über achtzig Schüler, die über Schulpatenschaften die höhere Schule besuchen, und bald, wenn wir wieder in Apewu sind, werde ich mich einmal wieder davon überzeugen, dass dieses Geld die beste Anlage ist, die wir tätigen können. Unsere Kinder wissen ganz genau, welch ungeheures Glück sie haben, und ganz anders als Kinder in Deutschland, denen die Schule meist ein notwendiges Übel ist, sind »unsere« Kinder mit ganzem Herzen und mit großer Begeisterung dabei. Gute Noten mit nach Hause zu bringen ist für sie eine Herausforderung und eine Ehre. Und ihre

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