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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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können, werden in ein paar Jahren erwachsen sein und mit einer guten Berufsausbildung selbst für ihre Eltern und ihre eigenen Kinder sorgen. Denn irgendwann, das ist mein größter Wunsch, soll die Hilfe von Madamfo Ghana überflüssig werden. Ich verstehe unsere Hilfe als Anschub, als Hilfe zur Selbsthilfe. So wie Ama Enima aus eigener Kraft nicht aufstehen konnte, sondern jemanden brauchte, der ihr die Hüftoperation ermöglichte, um buchstäblich auf eigenen Beinen stehen zu können, so braucht es in vielerlei Hinsicht einen Initialeffekt, damit die Menschen sich selbst helfen können. Dazu sind sie durchaus in der Lage.
    Über die Jahre konnte ich immer wieder beobachten, wie tapfer und ausdauernd die Menschen in Ghana sind, um in den beschränkten Umständen, in denen sie leben, zu bestehen. Reicht man ihnen die Hand und belässt ihnen dabei ihre Würde, dann sind sie zu großartigen Dingen fähig.
    Bei allem, was wir tun, haben wir von Madamfo Ghana das Rad natürlich nicht neu erfunden. Wir lernen ständig, sei es von den Einheimischen, von anderen Organisationen oder von der Regierung. Wir bauen selbstverständlich keine Schule, ohne die Regierung mit einzubeziehen, dieser Grundsatz, den ich von Anfang an verfolgte, ist mir ungeheuer wichtig. Denn damit übernehmen wir ja eine Aufgabe, die eigentlich der Staat leisten müsste. Immerhin ist der Grundschulbesuch von der ersten bis zur sechsten Klasse in Ghana grundsätzlich umsonst – das ist nicht in allen afrikanischen Ländern der Fall. Dennoch gibt es eine versteckte finanzielle Hürde für ärmere Familien, denn das Kind braucht, um zur Schule gehen zu können, nicht nur Schreibmaterial und Bücher, sondern auch eine Schuluniform. Das können sich viele Eltern nicht leisten, vor allem, wenn sie mehrere schulpflichtige Kinder haben. Da gibt es vom Staat keine Hilfe, keine Stipendien oder Zuschüsse.
    Aber was ist mit den Schulgebäuden, möchte man fragen, gehört deren Erhaltung nicht auch zu den Aufgaben des Staates? Natürlich. Doch ist auch dafür – besonders in den ländlichen Gebieten – kein Geld vorhanden.
    Hier leisten wir unseren Beitrag, während der Staat grundsätzlich das Personal stellt: Im Falle der Schulen sind es die Lehrer, im Falle eines Krankenhauses die Ärzte und Schwestern. Das nennt man
Public Private Partnership,
also eine Finanzierung durch private Sponsoren in Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand in Ghana. Und das funktioniert nach meinen Erfahrungen sehr gut. Denn jeder, der rechnen kann, weiß, dass die laufenden Personalkosten im Grunde das Teuerste an einem Unternehmen sind. Darum finde ich diese Zusammenarbeit durch uns NGO s – das sind Nicht-Regierungs-Organisationen – und dem Staat sehr sinnvoll.
    Das bedeutet aber auch, dass die entsprechenden Regierungsstellen grundsätzlich in unsere Pläne involviert sein müssen. Das ist wichtig und für beide Seiten von Interesse. Denn vielleicht plane ich an einem Ort einen Kindergarten, dabei gibt es im Nachbarort bereits einen, und statt eines Neubaus genügt es, einige Klassenzimmer anzufügen. Es ist also nicht nur recht und billig, sondern auch klug, sich in den vorhandenen Strukturen zu bewegen und die Behörden mit einzubeziehen. Nur so kann man sich auf Dauer Respekt verschaffen und auf eine langfristige, konstruktive Zusammenarbeit bauen. Ich jedenfalls habe noch nie schlechte Erfahrungen dabei gemacht, wenn ich mit Beamten der Regierungsbehörden zu tun hatte. Noch nie habe ich irgendjemandem ein Schmiergeld bezahlt, und wenn ich in meinen traditionellen Gewändern als Nana Enimkorkor und meinem Gefolge, bestehend aus Emmanuel und Victor, auftrete, kommt auch keiner auf die Idee, es damit zu versuchen. Im Gegenteil, ich werde stets mit demselben Respekt behandelt, den ich für meine Gesprächspartner habe. »So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.« Diese Weisheit gilt überall auf der Welt. Dann begreifen sie nach und nach, dass ich mich, trotz meiner weißen Hautfarbe und meines für afrikanische Verhältnisse hell leuchtenden Haars als eine der ihren sehe und mich auch entsprechend verhalte.
    Diesen Grundsatz, niemals mehr zu versprechen, als ich halten kann, den hat mir in jungen Jahren mein Großvater vermittelt. Lügen jedweder Art waren ihm ein Greuel. Immer wieder höre ich, dass Mitarbeiter von NGO s oder sogar Privatleute, die in Afrika Urlaub machen, das Blaue vom Himmel versprechen, und kaum sind sie zurück in ihrer

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