Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
Heimat, vergessen sie alles.
Ich kann mir gut vorstellen, wie das abläuft, denn es ist ja so schön in Afrika. Das Wetter ist gut, die Menschen sind freundlich, die Natur überwältigend, da gerät man in eine ganz besondere Stimmung. Dennoch sollte man sich niemals in solchen Situationen dazu hinreißen lassen, irgendwelche Dinge zu versprechen, wenn man sich nicht hundertprozentig sicher ist, dass man zu seinem Wort auch stehen wird. Vielleicht mag es manche überraschen zu lesen, dass wir Europäer in Afrika den Ruf haben, unzuverlässig zu sein. Wo doch bei uns eher das umgekehrte Bild vorherrscht. Afrikaner sind faul, unberechenbar, unzuverlässig und arbeitsscheu. Das ist es, was viele bei uns denken. Dabei kann man sich vor Ort davon überzeugen, dass die Afrikaner alles andere als faul sind, sondern bei einer Hitze, die wir kaum in einem Sessel sitzend aushalten, schwere Feldarbeit erledigen. Meine Bauprojekte sind das schönste Beispiel dafür, wie fleißig die Menschen in Ghana sind, wie bereitwillig bei der Arbeit, wenn sie selbst in die Planung involviert wurden und ihnen nicht irgendetwas von wohlmeinenden Entwicklungshelfern vorgesetzt wird.
Meine Leute wissen alle ganz genau, dass ich wieder nach Deutschland fahren und um Geld bitten muss, damit wir ihre Projekte finanzieren können. Die Afrikaner sind stolze Menschen, sie wissen, was es bedeutet, andere um Geld zu bitten. Dass ich das für sie tue, das rechnen sie mir hoch an. Und wir sagen ihnen: Ohne euch wollen und können wir es nicht machen. Auch wenn wir euch für eure Arbeit nicht bezahlen. Es ist euer Projekt.
Viele weiße Ingenieure behandeln die Afrikaner von oben herab und respektieren sie nicht. So kommt es oft zu negativen Erfahrungen. Ich bin davon überzeugt, dass dies alles nur funktioniert, wenn wir im Konsens mit den Arbeitern sind. Von demjenigen angefangen, der den Zement für die Steine mischt, bis hin zum Architekten, der das Gebäude entworfen hat. Und genau so denken auch die Afrikaner: Ohne jeden Einzelnen von uns funktioniert das Ganze nicht. Auch Emmanuel hat anfangs Steine geschleppt und war sich dafür nicht zu gut. Das setzt Zeichen und prägt die ganze Atmosphäre während eines solchen Bauprojektes. Jeder ist ein Teil des Ganzen. Und das Ganze ist am Ende für jeden Einzelnen ein Gewinn.
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Kapitel 7
In Sachen Liebe
Es ist schon spät. Mimie hat endlich auch ihre Näharbeit für heute beiseitegelegt. Wir haben uns eine kühle Cola geholt und sitzen auf unserer Veranda. Das elektrische Licht bleibt aus, unter unseren Stühlen glimmen Moskito-Spiralen vor sich hin. Ich kann es noch immer kaum fassen, dass Mimie und ich dieses wunderschöne Haus für uns und ihre Tochter gefunden haben. Wir mussten damals aus unserer gemieteten Wohnung ausziehen, und nahezu zeitgleich bekam ich von den ghanaischen Behörden die Auflage, ein richtiges Büro für Madamfo Ghana zu eröffnen.
Madamfo Ghana ist auch in Ghana als NGO registriert, aber in der Zwischenzeit waren wir gewachsen, und ein Wohnzimmerbüro, wie wir es bisher hatten, gestatteten uns die Behörden nicht mehr. Sie bestanden auf einer offiziellen Anlaufstelle und auf Ansprechpartnern auch für die Zeit, wenn ich in Deutschland und Emmanuel und Victor im Busch unterwegs waren. Ein Büro in Accra zu mieten ist aber unglaublich teuer, und so machten wir uns auf die Suche nach einer neuen Wohnung mit einem Raum, in dem Madamfo Ghana ein offizielles Büro haben könnte.
Unter Zehntausenden Euro Miete für zwei Jahre war aber nichts zu finden. Das war mir viel zu teuer. Doch dann kam uns der Zufall zu Hilfe. Durch einen Freund von Mimie erfuhren wir von einem Haus in Achimota, einem Stadtteil Accras, das zu vermieten war und Platz für all unsere Ansprüche hatte. Wir wurden uns mit dem Vermieter einig, dass wir das Haus auch als Büro nutzen dürfen, ohne dass er die Miete deswegen erhöhte.
In diesem Stadtteil und in vielen anderen Gegenden Accras wohnen keine Weißen, es ist ihnen dort zu gefährlich. Ich jedoch möchte unter Einheimischen wohnen, auch wenn viele meiner Landsleute in Ghana das sicherlich nur mit einem Kopfschütteln abtun würden. Und so haben wir eine neue Bleibe und ein Büro gefunden und am Ende noch Geld dabei gespart.
Mein deutsches Handy klingelt, es ist mein Schatz aus Deutschland. Es tut so gut, seine Stimme zu hören. Auch wenn ich tagsüber kaum dazu komme, ihn zu vermissen, fehlt er mir umso mehr, wenn der Trubel nachlässt.
Es ist
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