Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
Teams entstehen, deren Mitglieder sich untereinander vertrauen. Statt von heute auf morgen zu leben, müssen diese Menschen lernen, eine langfristige Strategie zu verfolgen, und begreifen, was Zukunftsdenken heißt. Sie müssen ein Unrechtsempfinden entwickeln gegenüber einer Haltung, die seit Generationen üblich war – nämlich Kinderarbeit. Sie müssen lernen, dass man auch uns Fremden vertrauen kann, und das können sie wahrscheinlich nur, wenn sie unsere Motivation begreifen. Sie können sich vermutlich nicht vorstellen, dass eine Weiße und ihr Team einheimischer Mitarbeiter ohne jeden Profitgedanken, nur zum Wohl der Kinder, solche Mühen auf sich nehmen. All das ist nicht von heute auf morgen zu vermitteln. Im Gegensatz zu meinen anderen Projekten bin ich hierhergekommen und habe ihnen gesagt, dass das, was sie machen, nicht in Ordnung ist. Keiner hat mich gerufen, keiner mich gebeten, etwas für sie oder die Kinder zu tun. Im Grunde stören wir sie in ihrer Ruhe – obwohl die Klügeren unter ihnen mir bereits offen anvertrauten, dass es ihnen trotz der Kindersklaven wirtschaftlich alles andere als gut ging, bevor wir auftauchten. Gerade die Tatsache, dass sie der Meinung sind, ohne die Arbeit der Kinder nicht überleben zu können, zeigt ja, auf welch tönernen Füßen diese Gesellschaft gebaut war. Sobald sie uns nicht mehr als Eindringlinge sehen, sondern als Chance begreifen, wird alles viel leichter sein.
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Kapitel 14
Von der Krankenschwester zur Managerin
S eit wir nicht mehr ein Projekt nach dem anderen planen und durchführen, sondern alles mehr oder weniger parallel laufen muss, bin ich nicht mehr nur Krankenschwester und Projektleiterin, sondern auch noch eine Art Managerin geworden, ohne dass ich merkte, wie das kam. Auch dies ist ein Grund, warum mein Studium so wichtig ist. Allein in den vergangenen fünf Jahren ist Madamfo Ghana derart erfolgreich gewachsen, dass ich manchmal nur den Kopf schüttle und staune, wenn ich einmal Zeit habe, darüber nachzudenken. Ich selbst muss natürlich mit dem Verein »wachsen«, und tue nichts lieber als das, denn es macht ungeheuren Spaß. Die Balance zwischen dem, was ich plane und als Managerin koordiniere, und dem, was ich von außen auf mich zukommen lasse, ergibt sich häufig ganz intuitiv. So handhabe ich das auch bei den Projekten. Natürlich haben wir eine Liste mit Vorhaben, die nacheinander an der Reihe sein werden. Dennoch ist es möglich, dass von heute auf morgen eine andere Sache an die erste Stelle rückt, wenn eine Abordnung von Chiefs mit einem Antrag an mich herantritt, der Hand und Fuß hat und mich wirklich überzeugt. Ähnlich wie unsere Reisen hängt auch die Durchführung und Reihenfolge unserer Projekte oft von äußeren Umständen ab: von der Jahreszeit, denn manchmal kann man aufgrund des großen Regens eine bestimmte Sache nicht gleich erledigen, oder von den Mitarbeiterteams, die Victor und Emmanuel zur Verfügung stehen. Meine Jahre in Afrika haben es mich gelehrt, gleichzeitig zu agieren und auch zu reagieren, nur so schaffen wir es, ein derart großes Quantum an Projekten jährlich durchzuführen. Wir müssen nicht erst neue Mitarbeiter einstellen, um ein weiteres Vorhaben durchzuführen, denn unsere »Mitarbeiter« sind ja schon da: die Dorfbewohner. Deswegen können wir auch ohne Qualitätsverlust oder großen Stress viele Projekte gleichzeitig durchführen. Grenzen werden uns wenn, dann durch die nicht vorhandene Infrastruktur gesetzt, wenn es zum Beispiel mal wieder keine Straße gibt oder eine Brücke durch den Regen weggeschwemmt wurde. Dies ist uns erst im letzten Jahr in der Brong-Ahafo-Region passiert und bedeutete für uns jedes Mal einen Umweg von zusätzlich vier Stunden.
Fest steht, hätte ich Emmanuel nicht kennengelernt, dann wäre all das gar nicht möglich. Wahrscheinlich säße ich noch heute in Apewu und würde von meinem privaten Geld im Kleinen helfen. Denn einen solchen vertrauensvollen einheimischen Mittelsmann braucht es einfach für diese Art von Arbeit. So eine Zusammenarbeit kann man sich nicht suchen, die muss auf einen zukommen, die findet dich oder du findest sie nie.
Bin ich in Ghana, dann bin ich die meiste Zeit auf Achse. Es macht mir unendlich viel Freude, zu sehen, wie schnell man hier in Afrika etwas bewegen kann. Dass man mit relativ wenig Geld so viel bewirkt. Die Begeisterung der betroffenen Menschen, die entschädigt mich für alles. Da ist zum Beispiel jene ältere
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