Weiße Nebel der Begierde
Kopf, als Eleanor hereinkam, dann stand er auf, um sie zu begrüßen. Lord Dunevin nahm die Bewegung des Hundes wahr und drehte sich um. Er warf nur einen kurzen Blick auf Eleanor, sagte nichts und wandte sich wieder dem Fenster zu, um die Szene draußen weiter zu beobachten.
»Ich habe fest damit gerechnet, Sie draußen zu sehen, Mylord, und mitzuerleben, wie Sie auf Ihrem großen Pferd den Sieg beim Rennen davontragen.«
Der Viscount schüttelte den Kopf. »Nein, mein Platz ist hier - von hier aus kann ich alles überwachen. Wussten Sie das nicht? Das ist die Aufgabe eines Lairds.«
Er bemühte sich, unbeschwert zu klingen, aber Eleanor konnte er nicht hinters Licht führen.
»Wenn Sie sich verstecken, liefern Sie ihnen nur noch mehr Nahrung für den Klatsch.« Er tat so, als hätte er keine Ahnung, wovon sie redete, aber in Wahrheit wusste er es sehr genau. »Wie bitte?«
Eleanor ging auf ihn zu. »Ich dachte einfach, dass alle sehen, wie wenig an diesen lächerlichen Geschichten dran ist, die die Festländer verbreiten, wenn Sie an den Feierlichkeiten teilnehmen und Ihren rechtmäßigen Platz als Laird dieser Menschen beanspruchen. Solange Sie sich selbst ausschließen und nur als Silhouette im Turmfenster zu sehen sind, denken die Leute, dass Sie etwas zu verbergen haben.« Sie sah ihn unerschrocken an. »Aber das haben Sie nicht.«
Gabriel drehte sich ganz zu ihr und erwiderte den Blick ihrer lebendigen grünen Augen, die bis in seine Seele zu schauen schienen. In seinem Inneren verspannte sich alles. Er musste erneut daran denken, wie nahe sie daran gewesen war, den Schierling zu essen, wie der Fluch, der auf seiner Familie lastete, seinen Zorn um ein Haar auf sie, eine Unschuldige gerichtet hätte. Sie war überzeugt, dass es nur ein unglücklicher Zufall gewesen war. Begriff sie denn nicht, dass ihr Leben nur seinetwegen gefährdet war?
Oder verfolgte sie eine Absicht? War sie an diesem Morgen zu ihm gekommen, um ihn auf die Probe zu stellen, indem sie ihm vorschlug, etwas zu tun, wonach er sich seit Jahren sehnte, woran er aber nie gewagt hatte, auch nur zu denken? Hatte sie vor zu ergründen, ob er nicht doch etwas zu verbergen hatte?
Doch als er in diese Augen schaute und sich in den leuchtend smaragdgrünen Tiefen verlor, wusste Gabriel, dass sie keine Hintergedanken hegte. Er erkannte etwas, was er noch nie zuvor gesehen hatte.
Diese Frau glaubte an ihn.
Sie ist naiv und begreift gar nicht, in welcher Gefahr sie schwebt, sagte er sich. Dieselbe Naivität hatte sie dazu getrieben, ihn zu küssen - hier, in diesem Zimmer; sie hatte keine Ahnung gehabt, dass sie dem Zauber des alten Gedichts verfallen war und gleichzeitig einen Dämon geküsst hatte.
»Sagen Sie mir, Mylord«, forderte sie ihn auf, »was ist nötig, damit Sie dieses Fenster verlassen und mit mir auf den Hügel zu den anderen gehen?«
Ein Wunder, dachte er, aber laut sagte er: »Wie bitte?«
»Eine Runde Pikett vielleicht?«
Sie ging zum Spieltisch, ohne auf seine Antwort zu warten, zog die Schublade auf und nahm ein Kartenspiel heraus. Sie zog die Augenbrauen hoch und lächelte listig.
»Ich bestimme den Einsatz«, erklärte sie. »Wenn Sie gewinnen, dürfen Sie den ganzen Tag am Fenster stehen und das Geschehen aus der Ferne beobachten. Und auf diese Weise können Sie Ihre Leute weiterhin an die bösen Märchen und die falschen Beschuldigungen glauben lassen. Aber«, fuhr sie fort, »wenn ich gewinne, dann müssen Sie mich begleiten und an den Festlichkeiten teilnehmen. Auch an dem Pferderennen.«
Zuerst war Gabriel überzeugt, dass sie scherzte, aber dann mischte sie die Karten. Sie war ahnungslos, was genau sie ihm da vorschlug. Er, der finstere Lord of Dunevin, sollte die Michaelis-Feier miterleben?
Sein erster Impuls war, ihre Herausforderung abzulehnen, sie zu bitten, ihn allein zu lassen, damit er wie all die Jahre zuvor einsam und von seinen Erinnerungen geplagt über alles wachen konnte. Und noch als er auf den Spieltisch zuging, war er fest entschlossen dazu.
Doch vielleicht konnte er auch ihren Einsatz annehmen und sie einfach im Spiel schlagen? Das würde ihr recht geschehen. Er war immerhin ein exzellenter Pikett-Spieler.
Aber sie offensichtlich auch.
Nach sechs Spielen hatte sie ihn vernichtend geschlagen.
Gabriel lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und starrte ungläubig auf die vor ihm ausgebreiteten Karten. »Wo haben Sie gelernt, so zu spielen? Sie sind absolut skrupellos!«
Eleanor schob voller
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