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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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nachfrage, ob Lady Herrick Sie empfängt.«
    Das Haus war beheizt und elegant möbliert. Es roch nach Blumen und frisch Gebackenem. Eleanor zog ihre Hände aus dem Muff und nahm ihr Häubchen ab, dann nahm sie auf der Bank Platz.
    Sie hörte entfernte Stimmen, aber sie verstand nicht, was gesprochen wurde. Eine Uhr, die an einer Wand in der Halle hing, schlug zur halben Stunde. Eine Zofe kam die schmale Treppe herunter, machte einen Knicks vor ihr und sagte »Mylady«, ehe sie weiterging. Ein Brotverkäufer auf der Straße rief: »Heiße Laibe!«
    Der Butler kam zurück.
    »Lady Harrick empfängt Sie im Salon. Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?«
    Eleanor reichte ihm den Muff und das Häubchen, dann knöpfte sie den Mantel auf und drehte dem Butler den Rücken zu, als er ihr heraushalf. »Danke.«
    »Hier entlang, Mylady.«
    Er führte sie durch einen Korridor an mehreren Türen und einer großen Standuhr vorbei zu einem Raum, der nach hinten hinausging und vor Straßenlärm geschützt war. Das große Fenster bot Ausblick auf einen von einer Mauer umgebenen Garten.
    Der Butler blieb an der Tür stehen, um ihr den Vortritt zu lassen, ehe er rief: »Lady Dunevin, Mylady.«
    Die Countess saß der Tür gegenüber auf einem kleinen Sofa. Sie hatte eine Musselinhaube mit Rüschen auf dem Kopf und ein Stickrahmen lag in ihrem Schoß. Sie stickte an einem kleinen Vogel. Ihre Miene war unergründlich - der Mund zeigte weder Unmut noch ein Lächeln, ihre Augen waren klar und wachsam und so grau wie die ihres Sohnes.
    Sie forderte Eleanor mit einem wortlosen Nicken auf, in dem Sessel neben dem Sofa Platz zu nehmen.
    »Lady Herrick, es ist mir eine Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte Eleanor, als sie sich setzte und die Hände auf dem Schoß faltete. »Ich danke Ihnen für Ihre Einladung.«
    »Ich war nicht sicher, ob Sie ihr Folge leisten würden.«
    Eleanor sah sie an und spürte plötzlich eine tief sitzende Bitterkeit. »Lady Herrick, sie sollen wissen, dass ich ...«
    Die Witwe hob die Hand, um Eleanor zum Schweigen zu bringen.
    »Als Richard mir erzählte, dass er einem Mädchen den Hof macht, das gerade in die Gesellschaft eingeführt wird, war ich natürlich begeistert, wie es jede Mutter mit einem Sohn im heiratsfähigen Alter sein würde. Doch ich hätte nie damit gerechnet, den Namen Wycliffe aus seinem Mund zu hören.«
    Eleanor sah demütig auf ihre Hände. Die ältere Frau hatte offensichtlich lange darauf gewartet, diese Worte auszusprechen.
    »Mir war, als hätten sich die letzten zwanzig Jahre auf einen Schlag in Luft aufgelöst«, fuhr sie fort. »Damals hätte ich ihm gleich die Wahrheit sagen sollen, aber ich muss gestehen, dass ich neugierig auf Sie war. Ich beschloss zu warten, bis Richard mich fragt, ob er Sie mir vorstellen darf. Ich dachte, wenn ich Sie sehe, ihnen gegenüberstehe, würde ich mit Sicherheit wissen ... erkennen, ob Sie ...«
    »...ob Ihr Mann mein leiblicher Vater war«, beendete Eleanor den Satz für sie.
    Die Countess hob den Blick und musterte ihr Gesicht. Ohne Zweifel suchte sie nach Ähnlichkeiten mit ihrem verstorbenen Mann. »Ich wusste nicht, ob Sie die Wahrheit kennen. Irgendwie dachte ich wohl, dass Sie Bescheid wissen und ein Spiel mit Richard spielen, um alte Wunden aufzureißen.«
    »Lady Herrick, ich würde niemals ...«
    »Andererseits fragte ich mich, ob sie nicht ebenso ein Opfer der Ereignisse sind wie Richard.« Ihr Ton wurde sanfter. »Ich entschied zu warten, weil ich sicher sein konnte, dass Frances einer Heirat mit Richard nie zustimmen würde, wenn Sie tatsächlich das Ergebnis dieser Verbindung sind.«
    Eleanor schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wer mein Vater war. Wahrscheinlich werde ich es niemals genan wissen.«
    Lady Herrick stand unvermittelt auf und ging zum Fenster, um in den Garten zu schauen. Sie schwieg eine ganze Weile und Eleanor wartete.
    »Frances und ich waren in unserer Jugend wie Schwestern. Wir gingen zusammen zur Schule und hatten zusammen unser Debüt. Wir sagten immer, dass wir einmal am selben Tag in derselben Kirche heiraten würden. Ich wusste immer, dass sie William liebte und dass er sie liebte. Aber ihre Familie hatte anderes mit ihr im Sinn, besonders als der Erbe des Duke of Westover ihr den Hof machte.« Sie drehte sich wieder zu Eleanor um. »Sie hat sich am Anfang wirklich bemüht, Ihre Mutter, mit ihrem Mann ein glückliches Leben zu führen, aber wenn das Herz einem anderen gehört, kann eine Ehe schlimmer sein als

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