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Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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waren vernagelt, und die Stufen führten hinunter in die Dunkelheit. Der Boden mit dem hübschen Muster war das Einzige, was Jennifer Mayer unter der Augenbinde sehen konnte. Und genau daran erinnerte Ruth Sleight sich ebenfalls. Und der Geruch, der durch die Lüftung in den Laden drang, stammte von der Brauerei nebenan.
    Malcolms Gesicht war aschfahl.
    Irgendetwas stimmt nicht.
    Ren dachte an das Geschäft. Sie dachte an die zahlreichen Läden in der Main Street. Sie dachte an das Risiko, entdeckt zu werden. An den Streit zwischen Malcolm und Jason Wardwell. Die zornigen Worte fielen ihr wieder ein:
    … du verwöhnter, missratener Scheißkerl … misch dich nicht in mein Leben ein, Dad … ein Pakt mit dem Teufel …
    Und das nur, weil Jason einen Job bei Mountain Sports angenommen hatte? Lächerlich.
    Dann fiel Ren ein, wie sie auf dem Balkon gestanden und den Blick auf den Blue River genossen hatte.
    Und gleich nebenan war eine Kindertagesstätte …
    O Gott.
    »Die arme Jean war weit gekommen«, sagte Ren. »Sie war der Wahrheit ganz nahe. Doch ihr Verdacht fiel auf den falschen Mann, nicht wahr?«
    Malcolm Wardwell schaute Ren verwirrt an.
    »Als die Polizei vor achtundzwanzig Jahren an Ihre Tür geklopft und Ihr Haus auf den Kopf gestellt hat«, sagte Ren, »und als Sie, Mr. Wardwell, gesehen haben, wie die Polizisten die Zeitschriften und Videofilme mitnahmen, waren Sie erstaunter als alle anderen.«
    Schweigen.
    » Sie haben die Schläge eingesteckt, Malcolm, nicht wahr? Siehaben die Schläge für Ihren Sohn eingesteckt. Im Bruchteil einer Sekunde haben Sie eine Entscheidung getroffen. Sie waren vierzig, Jason war erst sechzehn. Damals hatten Sie noch die Hoffnung, dass er nur eine Phase durchlebt, habe ich recht? Wie andere Jungen die Phase jugendlicher Schwärmerei für ihre Lehrerin. Wenn Sie sich früh genug darum kümmerten, könnte sein ›Problem‹ vielleicht behandelt werden und würde irgendwann verschwinden. Ist es nicht so? Jason hatte in dem Sommer damals gar nicht seine letzte Ferienreise vor dem Wechsel zum College gemacht, nicht wahr? Ich vermute, Sie haben ihn in eine Therapieeinrichtung gesteckt. Nur half das offenbar nichts. Stattdessen geriet die Beziehung zwischen Ihnen und Jason an dem Tag, an dem Sie beschlossen hatten, die Sucht Ihres Sohnes nach Kinderpornografie zu decken, in eine Sackgasse.«
    Malcolm senkte den Kopf. Er sagte noch immer kein Wort.
    »Und schlagartig wurde Ihnen alles klar«, fuhr Ren fort. »Als Sie in einer eiskalten Januarnacht auf dem Berghang standen, fiel es Ihnen plötzlich wie Schuppen von den Augen. Sie begriffen, dass Ihr einziger Sohn, für den Sie sich aufgeopfert hatten, acht Monate nach seiner Therapie zwei elfjährige Mädchen entführt hatte. Jason war es gewesen, der die Mädchen in dem Gebäude, mit dem Sie so große Pläne hatten, gefangen gehalten und missbraucht hatte, wobei er eines der Mädchen schwängerte. Jean Transom dachte, Sie wären es gewesen. Mit einem Mal stand sie vor Ihnen, eine starke und clevere FBI-Agentin. Und Jean verirrte sich im Dschungel ihrer Gefühle und glaubte, Sie wären es gewesen.«
    »Halten Sie den Mund!« Jasons Blick huschte auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit durch den Raum.
    »Für Sie gibt es kein Entkommen«, sagte Ren.
    »Ich habe nicht … ich wollte nicht …«, stammelte Jason. »Diese Mädchen … sie hatten bloß eine Mitfahrgelegenheit gesucht …«
    »Und da haben Sie die beiden aus lauter Menschenfreundlichkeit im Wagen mitgenommen.«
    »Genau.« In Jasons Augen flackerte Hoffnung.
    »Und dann sind Sie drei Wochen lang mit den Mädchen spazieren gefahren«, sagte Ren voller Spott.
    In Jasons Augen loderte Wut. »Die beiden haben sich nicht gerade wie elfjährige Mädchen benommen!«
    Ren vermutete, dass Jason nun versuchen würde, alle Schuld von sich zu wälzen. Das war eine typische Reaktion vieler Sexualstraftäter auf eine Anklage: abstreiten, angreifen, und dann das Opfer zum Täter machen.
    Ren schwieg. Der Gestank des toten Salem vermischte sich mit dem Geruch des Essens, das im Topf angebrannt war. Jason Wardwells Stirn glänzt vor Schweiß.
    Wo bleibt Paul Louderback?, fragte Ren sich.
    »Ich hatte ja keine Ahnung …«, sagte Malcolm plötzlich und drehte sich zu Jason um. »Ich habe das Leiden der Eltern dieser Mädchen verfolgt, wie alle anderen in unserer Gegend. Und das Schlimmste war, dass ich dachte, ich wäre wie sie. Ich dachte daran, dass ich dich fast verloren hätte. Ich

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