Weiße Stille
betrat mit zwei Flaschen Wasser und einer großen Packung Vitamin-C-Tabletten Bobs Büro und drückte Ren die Sachen in die Hand.
»Hallo«, sagte er. »Wie geht es Ihnen?«
»Danke, viel besser. Dr. Barger hat Ihre Vermutung bestätigt, was die Höhenkrankheit angeht.«
Mike lächelte.
»Vielen Dank, Mike. Sie sind sehr nett. Okay – und jetzt brauche ich noch eine Liste der Leute, die regelmäßig am Quandary Peak Skifahren oder Bergsteigen.«
Bob und Mike wechselten einen Blick.
»Mike«, sagte Bob. »Könntest du unsere knapp dreitausend Einwohner und die ungefähr dreißigtausend debilen Touristen zusammentrommeln, die regelmäßig nach Breckenridge kommen? Und besorg schnell ein paar Lkw-Ladungen Sandwiches und Suppe, dann kriegen wir schneller was aus den Leuten heraus.«
»Die Touristen sind doch nicht alle debil, oder?«, fragte Ren.
»Nein, nicht alle, aber bei einigen könnte man meinen, sie hätten ihren Verstand zu Hause gelassen.«
Ren lachte. »Okay. Ich meinte auch eher die Leute, die irgendeinen Grund haben, sich oben am Berg aufzuhalten. Zum Beispiel die Bergwacht, der Such-und Rettungsdienst, die Mitarbeiter des Forstamts, die Fahrer der Pistenraupen, die Betreiber der Skilifte und so weiter.«
»Das sind alles Leute, deren Job es von ihnen verlangt, sich daoben aufzuhalten«, sagte Bob. »Spielt das eine Rolle? Ob es nun ihr Job ist, oder ob sie sich als Bergsteiger, Skifahrer oder Snowboarder dort oben herumtreiben …«
»Helfen Sie mir bitte«, sagte Ren. »Ich muss schließlich irgendwo ansetzen. Und da wäre es gut, wenn ich eine Liste hätte, die nicht in die Tausende geht, wie Sie selbst mehrmals betont haben.«
Bob lächelte. »Okay, wir stellen Ihnen die Liste zusammen, aber sie wird immer noch sehr lang.«
»Danke. Mit der freundlichen Unterstützung Ihrer Detectives könnten wir die Namen ziemlich schnell abarbeiten. Und noch etwas, Bob. Sie sollten Ihren Schreibtisch anderswo hinstellen. Es ist ein schlechtes Feng Shui, wenn Sie mit dem Rücken zur Tür sitzen. Jemand könnte Ihnen ein Messer zwischen die Schulterblätter rammen.«
Bob lächelte.
»Nochmals vielen Dank«, sagte Ren.
»Ich melde mich, wenn ich weitere Hilfe bei der Einrichtung meines Büros brauche.«
»Ich zeichne Ihnen ein paar Skizzen«, sagte Ren. »Okay. Ich fahre jetzt nach Glenwood. Wenn ich zurückkomme, finden Sie mich drei Türen weiter bei meinen Kollegen von der Rocky Mountain Safe Streets. Vielen Dank an denjenigen, der das hübsche Büro für uns räumen musste, wer immer es gewesen sein mag.«
»Ja«, sagte Bob. »Übrigens steht auch Ihr Schreibtisch so, dass Sie mit dem Rücken zur Tür sitzen.«
Conoco war der letzte Orientierungspunkt, ehe Ren von der Interstate 70 abfuhr. Sie bog die nächste Straße links ab und fuhr dann auf den kleinen Parkplatz des FBI-Büros in Glenwood Springs. Ihr Blick schweifte über das Gebäude: zweistöckig, blassgelbe Ziegelsteine, unauffällig. Sie betrat die stille Eingangshalle und fuhr mit dem Aufzug in den zweiten Stock. Die Tür war weit geöffnet. Ren klingelte und trat ein.
»Agent Gressett?«, sagte sie. »Agent Austerval?«
»Hallo«, rief jemand zurück. »Moment, ich komme.«
Tiny Gressett umklammerte mit einer Hand seinen Gürtel, als er auf sie zukam. »Ren! Schön, Sie zu sehen.«
»Ganz meinerseits.«
Sie schauten sich an, als würden sie sich beide darüber wundern, wie viele schwachsinnige Sätze im Leben gewechselt wurden.
»Okay, dann folgen Sie mir mal«, sagte Gressett.
Sie durchquerten einen kurzen Korridor und betraten das Büro.
Gressett streckte den Arm aus. »Das ist … das war Jeans Schreibtisch.«
»Schrecklich, was mit ihr passiert ist. Es ist so verdammt ungerecht.«
»Was ist schon gerecht?«, erwiderte Gressett. »Haben Sie eine Idee? Wissen Sie etwas, was wir nicht wissen?«
»Ich wollte nur sagen, wie leid es mir tut.«
Gressett seufzte. Er zeigte auf die Wand neben Jeans Schreibtisch. Dort hingen gerahmte Urkunden und Auszeichnungen. Ren beugte sich vor. Die meisten Urkunden hatte sie auch – und noch einige mehr.
»Sehr beeindruckend«, sagte sie.
»Ja. Jemanden wie Jean Transom würde ich jederzeit gerne als Partner haben.«
Ren nickte und ging zu Jeans Schreibtischstuhl. »Ich schaue mir mal die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch und ihre Akten an. Mal sehen, ob ich etwas finde.«
»Machen Sie nur«, sagte Gressett. In seiner Stimme schwang die Botschaft mit: Du findest sowieso nichts.
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