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Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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ich es nicht gestehen können, oder?«
    »Nein. Ich vermute, ein Pädophiler gibt nicht allzu viel zu, nicht wahr? Ein Pädophiler wird erst so genannt, wenn er geschnappt wird. Sie und Ihresgleichen rufen sich ja nicht gegenseitig an und sagen: ›Hallo, Kumpel, ich und ein paar andere Pädophile treffen uns heute Abend zum Bowlen.‹«
    »Hören Sie auf«, sagte Wardwell.
    »Mann!«, stieß Ren hervor und warf Gressett einen Blick zu: Ist das die Möglichkeit! Dann wandte sie sich wieder Wardwell zu. »Das ist nicht mein erster Fall dieser Art. Sie werden mir jetzt sicher erklären, dass das alles ganz normal ist, nicht wahr? Sie lieben Kinder, und die Kinder lieben Sie. Bei den alten Griechen war das ja an der Tagesordnung, und unsere Gesellschaft wird wieder dahin zurückkommen, nicht wahr? Ich könnte jetzt so tun, als würde ich Ihnen glauben, dass Sie bloß der liebe Onkel Wardwell gewesen sind. Aber dazu bin ich nicht in der Stimmung. Ich trete lieber dafür ein, dass Kinder eine ungetrübte Kindheit haben, die nicht von Männern wie Ihnen kaputt gemacht wird.«
    »Ich habe niemals ein Kind angerührt! Es waren bloß ein paar Zeitschriften!«, rief Wardwell. »Und was ist denn schon ein Videofilm?«
    »Wenn jeder Mensch auf der Welt den Videofilm eines Kindes hätte, das missbraucht wird, wäre das schlimm«, sagte Ren. »Und wer weiß, was unter den Holzdielen Ihres Hauses noch so alles lag. Oder irgendwo in einer Hütte. Oder in einem Schließfach.«
    »Sie haben alles durchsucht!«, rief Wardwell. »Sie haben mein Haus von oben bis unten auf den Kopf gestellt! Sie haben mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt!«
    Ren beugte sich zu Wardwell vor. »Ihr jämmerlichen Scheißkerle gebt immer anderen die Schuld.«
    Gressett stand auf. »Agentin Bryce, bitte …«
    Ren drehte sich mit funkelnden Augen zu ihm um und flüsterte ihm zu: »Lassen Sie mich nur machen.«
    Gressett schob seinen Stuhl ein Stück zurück.
    Als Ren sich wieder Malcolm Wardwell zuwandte, nickte dieser.
    »Warum nicken Sie jetzt?«, fragte Ren.
    »Ich … ich …« Wardwell schlug mit drei Fingern auf seinen Daumen.
    »Was soll das?«
    »Es beruhigt mich.«
    »Schön, dass hier wenigstens einer ruhig ist. Darf ich etwas sagen? Wurde Ihr Leben damals tatsächlich auf den Kopf gestellt? Das Urteil war doch ein Witz. Ihre Frau nahm Sie wieder bei sich auf, und Sie führten weiter Ihr erfolgreiches Geschäft. Sie hatten und haben das Glück, dass viele Urlauber in diese Stadt kommen, von denen die meisten nie etwas von Ihrem kleinen Geheimnis erfahren haben. Und die meisten Leute, die es wissen, sind geschäftlich auf Sie angewiesen, sodass Sie bloß eine Handvoll Kunden verloren haben. Das ist nicht weiter tragisch. Aber was ist mit den Kindern, die Leute wie Sie ›lieben‹? Deren Leben haben Sie zerstört.« Ren schaute ihm in die Augen. »Ersparen Sie mir diesen Blödsinn, Sie verdammter Mistkerl.«
    »Agentin Bryce«, sagte Gressett leise. »Könnten wir draußen kurz miteinander sprechen?«
    Ren atmete tief ein. »Ja, sicher …« Sie wandte sich Wardwell zu. »Wir kommen gleich wieder. Sie können sich bis dahin mit Ihrem Drecksärmel die Tränen abwischen.«
    Sie folgte Gressett hinaus und schloss die Tür leise hinter sich.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Gressett.
    »Es könnte mir gar nicht besser gehen.«
    »Den Eindruck habe ich aber nicht. Ich weiß, dass Sie den Kerl nicht ausstehen können. Oder steckt noch etwas anderes dahinter, dass Sie am liebsten auf den Mann losgehen würden?«
    »Wundert Sie das? Da drin sitzt ein Kerl, der sich anBilderbüchern mit Kinderpornos und an verdammten Elchjagdvideos aufgeilt, die gar keine sind, und ich soll ausgesucht freundlich zu ihm sein?« Ren hielt kurz inne. »Wenn ich ein männlicher Ermittler wäre …«
    »Das habe ich Sie nicht gefragt.«
    »Was haben Sie mich denn gefragt? Was bedeutet dieses ›steckt noch was anderes dahinter?‹ Wollten Sie wissen, ob ich meine Tage habe und deshalb so gereizt bin?«
    »Beruhigen Sie sich.« Gressetts Stimme war erstaunlich freundlich. »Ich wollte nur sagen, dass Ihre Wut …«
    »Jetzt sagen Sie bloß nicht, dass sie Ihnen ›unverhältnismäßig‹ vorkommt.« Ren trat einen Schritt auf ihn zu. »Menschen wie dieser Wardwell machen mich wahnsinnig. Wenn ich noch einmal sehe, dass so ein Typ vor meinen Augen Krokodilstränen weint … übrigens ein passender Begriff. Das Krokodil ist das einzige Raubtier auf Erden, das sich

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