Weißer Mond von Barbados
Nielson eine andere Sekretärin haben.«
»Feodor, ich komme nicht nach England. Du weißt es. Hör auf, diese albernen Witze zu machen. Jetzt ist nicht der Moment, davon zu reden. Ich wünschte, wir hörten endlich etwas von Loder. Ich möchte wissen, ob du heute fliegen kannst. Warum läßt er nichts hören?«
»Er wird sich schon melden, wenn es soweit ist. Ich kann jederzeit gehen. Mein Koffer ist gepackt.«
»Diese Papiere, mit denen es ihr so wichtig habt, dieses ›Blau‹ … ich weiß noch genau, wie wir davon sprachen, von diesem Ausdruck Treublau. Es war an dem Abend, an dem du mit Memenov sprachst – ich denke auch, daß es ein Engländer ist. Mit einem reichlich perversen Sinn für Humor. Was ist? Wohin gehst du?«
Sverdlov war aufgestanden. »Es hat aufgehört zu regnen. Ich gehe jetzt hinauf und rasiere mich. Und dann gehen wir schwimmen. Sag nicht wieder, daß ich nicht darf und daß Loder es verboten hat. In England kann er mich ja dann als Gefangenen behandeln, hier noch nicht. Hier ist es nicht nötig.«
Ehe Judith Einwände machen konnte, lief er die Treppe hinauf. Und gleichzeitig läutete das Telefon.
»Mrs. Farrow?«
»Ja? Wer ist da?«
Oben im Badezimmer hörte sie die Dusche rauschen und Sverdlov laut singen.
»Heute abend sieben Uhr dreißig geht das Flugzeug. Sagen Sie Ihrem Freund, er soll um sechs Uhr fertig sein. Wir kommen und holen ihn ab.«
»Gott sei Dank«, sagte Judith aus tiefstem Herzensgrund.
»Oh, Gott sei Dank, wie froh bin ich! Ich habe schon gedacht, es ist etwas schiefgegangen. Ah, hören Sie – noch etwas, er ist so unvernünftig, er will partout nicht im Bungalow bleiben. Was soll ich denn bloß tun? Jetzt will er gerade schwimmen gehen.«
Eine Weile blieb es still, dann hörte Judith ein Gemurmel. Ihr Partner sprach offenbar mit jemand. – Dann sagte er zu ihr: »Aber er weiß doch, daß er nicht hinausgehen darf.«
»Natürlich weiß er das. Ich hab's ihm ausdrücklich gesagt. Aber er ist gestern abend schon zum Schwimmen gegangen, obwohl ich mich darüber aufgeregt habe. Verdammt noch mal, jetzt kommt die Sonne raus, jetzt wird er erst recht nicht mehr zu halten sein …«
»Gut, Mrs. Farrow. Regen Sie sich nicht auf. Gut, daß Sie es uns gesagt haben, wir werden aufpassen.«
Der unsichtbare Partner hatte eine sympathische Stimme, sie klang freundlich, aber doch sehr bestimmt. Judith legte den Hörer auf und blickte hinab zum Strand. Der Sand war dunkel vom Regen, die Heftigkeit des Gusses hatte seine glatte Oberfläche aufgerissen. Aber nun, ganz plötzlich, wie ein stählender Sieger, erschien die Sonne, und in Windeseile wurde der Himmel blau, ein heftiges, leuchtendes Blau, das bis zum Horizont reichte.
Da waren auch wieder die ersten Urlauber am Strand. Drei Männer bummelten da unten entlang, dicht am Wasser, der eine hatte einen Fußball, den er dem anderen zukickte.
Oben war es still geworden. Kein Wasser lief mehr, kein Gesang ertönte. Judith seufzte vor Erleichterung auf. Es klappte alles. Heute abend ging das Flugzeug. Bis dahin waren es noch sechs Stunden, die würden auch vorübergehen. Loders Männer waren hier und passten auf. Heute abend würde er in Sicherheit sein.
Sie rannte die Treppe hinauf und trommelte an die Badezimmertür.
»Telefon!« rief sie. »Alles in Ordnung. Um sechs wirst du abgeholt und zum Flugzeug gebracht.«
Plötzlich gaben ihre Knie nach, sie lehnte sich an die Badezimmertür. »Ich bin am Ende«, fügte sie leiser hinzu. »Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Aber nun ist es bald vorbei.«
»Wir werden ganz fein zusammen essen«, rief er innen. Auch seiner Stimme hörte man die Erleichterung an.
»Wir trinken Champagner, ja? Jetzt zieh dich mal schnell aus und komm zum Swimmingpool. Dushinka – du bist so tapfer. Was täte ich ohne dich!«
Die Tür ging auf, und seine Hand, von der das Wasser tropfte, streckte sich ihr entgegen.
Judith griff nach dieser Hand, und einen Moment lang hielten sie einander in festem Griff. Keiner sprach. Es war ein Versprechen. Sie hatten einen Bund geschlossen, sie wußten es beide.
Und daran mußte sie später immer wieder denken – ihre beiden Hände, die sich umklammert hielten, das stillschweigende Einverständnis: wir gehören zusammen.
Daran dachte sie, das konnte sie nicht vergessen.
Sie ging ins Schlafzimmer, saß einen Augenblick auf dem Bettrand, sie war so froh. Dann hörte sie, wie er hinunterging, sie zog sich eilig aus und streifte den
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