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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Hawaii-Stil dekoriert. Irgendwoher piepte Hula-Musik.
    Er schien sich hier auszukennen und bestellte für sie eine Spezialität des Hauses, ein Monstrum von einem Südseecocktail, der in einer Kokosnußschale serviert wurde, die überdies noch mit allerhand Grünzeug garniert war. Es machte ihr allerhand Mühe, damit zu Rande zu kommen, worüber er sich königlich amüsierte.
    Dabei blickte er sie unverwandt an. Sie sah ganz anders aus, das war nicht mehr das schmale Mädchen im bunten Kleid, ohne Strümpfe, kaum geschminkt. Das war eine aparte, sehr elegante junge Dame, mit gekonntem Chic gekleidet, kein unnötiger Schmuck, kein billiger Pelz, sondern ruhige, vornehme Eleganz. Sie sah ein bißchen älter aus als auf Barbados. Und sie gefiel ihm.
    »Warum siehst du mich so an?« fragte Judith.
    Übrigens gingen ihr ähnliche Gedanken durch den Kopf. Sie hatte ihn niemals in einem normalen Anzug gesehen. Er war heute sehr konventionell gekleidet, ein dunkler Anzug, ein weißes Hemd, eine Krawatte ohne Muster. Ein wenig fremd kam auch er ihr vor.
    »Du siehst ganz anders aus als auf der Insel«, sagte er. »Richtig seriös und sehr respekteinflößend. Noch eine Kokosnuss?«
    »Nein, danke, eine genügt mir. Es hört sich an, als hättest du etwas an mir auszusetzen.«
    »Nein, gar nicht. Wenn ich sage, daß du mir im Bikini am besten gefällst, so ist das ja kein Tadel, nicht? Du siehst richtig hübsch aus. Bezaubernd. Ich sagte das vorhin schon. Wie gefalle ich dir denn so im Alltagsgewand?«
    »Ich weiß noch nicht«, sagte Judith. »Ich muß mich erst daran gewöhnen. Allerdings bin ich sehr überrascht, daß du keine rote Krawatte trägst.«
    Er lachte. »Ich habe mich verkleidet. Ich bin ein russischer Spion, das weißt du doch inzwischen.«
    »Bei Gott! Wenn ich es jetzt noch nicht wüsste, würde ich es nie kapieren«, sagte sie und seufzte. »Du hattest vollkommen recht, daß man mich befragen würde. Sie haben mich schon am Flughafen aufgegabelt, kannst du dir so was vorstellen?«
    »Es tut mir leid«, sagte er – ohne Neckerei diesmal, und nahm ihre Hand in seine. Es tat ihr gut. Sie ließ ihm ihre Hand. Es war ein Gefühl – sie wußte nicht, was es war, sie wußte nur, daß es ihr gefehlt hatte in den letzten Tagen.
    »Erzähl mir, was los war. Aber erst mußt du noch einen Drink haben. Ohne Kokosnuss diesmal. Ich wollte dich nur ärgern damit.«
    »Das weiß ich. Und gerade darum hab ich's getrunken.«
    »Also, erzähl! Am Flughafen schon? Da hatten sie es aber wichtig. Was taten sie?«
    »Es waren zwei, zwei Männer. Sie fuhren mich zu meiner Wohnung und kamen einfach mit. Ich war vielleicht wütend.« Die Erinnerung an das Verhör machte sie erneut zornig. Ihre Augen wurden dunkler, eine Falte erschien auf ihrer Stirn. Feodor hielt weiter ihre Hand, sah sie an und wartete.
    »Sie hielten mir vor, daß man mich mit dir gesehen hätte. Warum lachst du, Feodor? Es war gar nicht lustig, das kann ich dir sagen.«
    »Das glaube ich«, sagte er ruhig. »Ich mußte nur darüber lachen, weil du sagst, man hätte uns zusammen gesehen. Man hat uns beobachtet, so muß man es wohl besser nennen. Mindestens ein halbes Dutzend englischer und amerikanischer Bewacher waren es bestimmt. Bitte – erzähl weiter.«
    »Der Mann, der mich befragte – das heißt eigentlich kann man es schon ein Verhör nennen, also, der, der mich verhörte, sagte: Du würdest wieder mit mir in Verbindung treten, und dann sollte ich das sofort melden.«
    »Aha«, sagte er. »Und hast du es gemeldet? Hast du ihn wissen lassen, daß wir uns heute treffen?«
    »Nein.«
    Judith öffnete ihre Tasche und suchte nach Zigaretten. – Der nahe, aufmerksame Blick der hellen eindringlichen Augen irritierte sie. Es war fast wieder wie ein Verhör. – »Nein. Ich habe nichts gemeldet.«
    »Hat er sonst noch was gesagt?« – Er sah, wie sie zögerte.
    »Nein, nicht direkt. Nur halt so das Übliche wohl. Daß ich nicht mit Russen verkehren solle, ich hätte einen vertraulichen Job und so was alles. Du kannst es dir vielleicht vorstellen.«
    »Sehr gut sogar.« Er hörte sich das amüsiert an.
    »Und nun werde ich den Rest hinzufügen, den du mir taktvollerweise unterschlagen hast. Sie sagten dir, ich sei ein gefährlicher sowjetischer Agent, und mein ganzes Interesse an dir bestehe darin, dich als Spionin anzuwerben. Warum wirst du denn rot? Aber! – Mach niemals den Versuch, mich zu belügen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann durch dich

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