Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
Vom Netzwerk:
hindurchsehen wie durch Glas. Und nun sag die Wahrheit: Glaubst du ihnen?«
    »Ich wäre nicht hier, wenn ich es glauben würde.«
    Sie sah ihn an, nicht weniger eindringlich als er. Sie wünschte so sehr, daß sie ihm glauben konnte. Nicht Loder. »Sag mir die Wahrheit! Haben sie recht?«
    »Nein«, sagte er und blickte sie fest an. Und dann lächelte er. »Du wärst leicht zu täuschen, Judith. Du schaust mir in die Augen, um zu sehen, ob ich lüge. – Weißt du nicht, daß man auch mit den Augen lügen kann? Aber jetzt hör zu: ich sag dir die Wahrheit. Ich will dich nicht verführen, um dich danach zu erpressen, damit du mir erzählst, was Mr. Nielson zu U Thant gesagt hat. Obwohl ich meinen Leuten gesagt habe, gerade das ist es, was ich beabsichtige.«
    Sie starrte ihn sprachlos an. »Du hast deinen Leuten …«
    »Ja. Ich habe gesagt, daß ich hoffe, dich anzuwerben. Auf diese Weise kann ich dich treffen, wann immer ich will, ohne Verdacht zu erregen.«
    »Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich dazu sagen soll. Ich kann das alles nicht begreifen.«
    »Ich werde dir sagen, was du tun mußt«, sagte er. »Zunächst einmal wirklich deinen Geheimdienstmenschen davon unterrichten, daß wir uns getroffen haben. Wenn du es nicht tust, wirst du allerhand Schwierigkeiten haben. Wirklich – ich meine es jetzt ganz ernst. Gib mir deine Hand wieder, ich will dich die erste Regel in diesem albernen Spiel lehren. Du mußt so weit wie möglich die Wahrheit sagen, du mußt ganz und gar mit offenen Karten spielen. Wenn du dann wirklich einmal lügen mußt, wird man dir glauben.«
    »Du hast selbst gesagt, daß ich ein schlechter Lügner bin.«
    »Ich werde dir alles beibringen, was du wissen mußt. Ich bin Experte in diesen Dingen. Auch im Lügen.«
    »Es ist schrecklich, was du alles über dich sagst. Warum soll ich dir ein Wort glauben, wenn du selbst zugibst, nein, wenn du geradezu damit prahlst, ein elender Lügner zu sein. Ich will nicht lügen. Ich kann es wirklich nicht. Und wenn ich mich mit dir treffe, geht das niemand etwas an. Ich tue nichts Böses und ich werde nie etwas Böses tun. Nicht, was die denken. – Also gut, ich werde anrufen, und werde sagen, daß ich dich getroffen habe. Und daß ich recht habe und sie unrecht haben.«
    »Sie werden dir sowieso nicht glauben«, sagte Sverdlov. »Man wird dir folgen und man wird dich beobachten. Tu lieber so, als wenn du ihr Spiel mitspielst. Dann können wir ungestörte Abende haben. Und vielleicht gelegentlich ein Wochenende, hm?«
    »Nein. Kein Wochenende!«
    Er verzog das Gesicht. »Du bist hartherzig. Noch einen Drink für dich, einen Whisky für mich. Und dann gehen wir gut essen. Magst du auch mit mir tanzen?«
    »Nein, nicht tanzen.« Sie lehnte sich zurück und lächelte ihn an. Auf einmal fühlte sie sich entspannt. Sie wollte an das alles nicht mehr denken. Er war hier, alles andere war nicht mehr wichtig.
    »Ich kann nicht mit dir tanzen, du benimmst dich dabei zu schlecht.«
    »Ich benehme mich nicht schlecht«, protestierte er. »Ich würde es gern, aber du läßt mich ja nicht.«
    »Ich muß wirklich bald etwas zu essen haben«, sagte sie. »Was war bloß in dieser grässlichen Kokosnuss? Das ist mir direkt in den Kopf gestiegen.«
    Er warf den Kopf zurück und lachte laut. Ein junges Paar drehte sich erstaunt nach ihm um.
    Seltsam, dachte Judith, ich kenne niemand, der so lachen kann wie er. Und es ist ihm ganz egal, wo er ist. Sie bemühte sich, ernst zu bleiben.
    »Feodor! Was ist los? Was ist so komisch?«
    »Wodka!« Er schlug sich vor Begeisterung aufs Knie. »Wodka war in der Kokosnuss. Das ist die russische Geheimwaffe, siehst du.«
    Draußen war es mittlerweile dunkel geworden, ein kalter Wind blies durch die Straßen. Im Auto legte er den Arm um sie. »Ich bin so froh, daß du da bist«, sagte er. Und obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte, hörte sie ihm an, daß er es diesmal ernst meinte. Ehrlich sagte sie: »Ich bin auch froh, dich zu sehen.« Er machte nicht den Versuch, sie zu küssen, sondern fuhr an.
    Sie gingen ins La Popotte, ein gutes Restaurant, in dem es fast ebenso dunkel war wie in der Bar. Er hatte im Hintergrund des Raumes einen Tisch reservieren lassen, wo man ruhiger saß, denn im vorderen Teil des Lokals plärrte überlaut die Diskothek.
    Während sie durch das Lokal gingen, faßte er sie am Arm. Er suchte immer körperlichen Kontakt, es war etwas Besitzergreifendes in diesen Gesten, so als wolle er zeigen, daß

Weitere Kostenlose Bücher