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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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fragte Nancy.
    »Sandy«, lächelte das Mädchen. »Sandy Mitchel. Hei!«
    »Hei!« erwiderte Nancy. »Ich bin Nancy Nielson. Wollen Sie einen Drink?«
    »Nein, danke.«
    Das Mädchen ließ die Stola gekonnt über eine Schulter gleiten und setzte sich. Sie hatte bildschöne Beine, wie Nancy feststellte. Sie war überhaupt sehr hübsch. Vielleicht nicht ganz – nun ja, nicht die Art Mädchen, mit der Judith Farrow verkehrte. Wie ein Starlet sah sie aus oder eine Nachtklubsängerin, so was von der Art.
    Während Nancy das Mädchen betrachtete, verengten sich ihre Augen leicht, genau wie bei ihrem Vater, wenn der über etwas nachsann. War es ein Fehler gewesen, sie hereinzulassen? »Sie kennen Judith gut?« fragte sie vorsichtig.
    »Nein, nein. Ich kenne sie eigentlich gar nicht. Wir sind uns nur einmal kurz begegnet.«
    »Aha«, sagte Nancy. »Dann werden Sie auch nicht erwartet?«
    »Nein.« – Ein rasches nervöses Lächeln huschte über das Gesicht des Mädchens. »Ich habe nur etwas auszurichten. Oh, ob sie das ist?«
    Draußen war die Tür gegangen, Nancy stand auf: »Das wird sie sein. Ich werde ihr sagen, daß Sie hier sind.«
    Sie schloß sorgsam die Tür hinter sich. Judith schüttelte den Kopf, als sie Nancy anhörte.
    »Ich kenne niemanden, der Sandy Mitchel heißt … na, mal sehen, was sie will.«
    Als sie ins Zimmer trat, stand die Blonde auf. Judith erkannte sie sofort. Es war das Mädchen, das damals in der Begleitung des jungen Russen an ihren Tisch gekommen war. Memenov oder so ähnlich hatte der geheißen.
    »Hello«, sagte sie.
    »Sandy Mitchel«, sagte das Mädchen. »Sie erinnern sich an mich? Wir haben uns im Popotte getroffen, es ist schon eine Weile her …« Sie wirkte unsicher, wußte offensichtlich nicht, wie sie fortfahren sollte. Ihr Blick ging zu Nancy, die unter der Tür stand. »Mrs. Farrow, könnte ich Sie einen Moment allein sprechen?«
    »Natürlich«, sagte Judith und wandte sich zu Nancy um, doch die war schon verschwunden. Sie setzten sich, und Judith fragte: »Warum wollen Sie mich sprechen, Miß Mitchel?«
    »Ich bin die Freundin von Peter Memenov. Sie werden sich kaum mehr an mich erinnern, wir saßen mal kurz bei Ihnen am Tisch. – Es ist so, Peter hat mich heute angerufen, er ist zur Zeit in Paris, und er hat mich dringend gebeten, daß ich Sie suche und mit Ihnen spreche. Es handelt sich um Ihren Freund, Colonel Sverdlov. Peter hat eine Nachricht für ihn.«
    »Oh! Und warum wendet er sich nicht direkt an Colonel Sverdlov?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte das Mädchen und hob die Schultern. »Und ich will es auch gar nicht wissen, Mrs. Farrow. Und ich bin auch nicht gern hierher gekommen – ich tue es Peter zuliebe. Ich habe ihn gern. Und er hat mich wirklich sehr dringend darum gebeten. Er sagte, es sei schrecklich wichtig, daß ich Sie finde und daß Sie diese Nachricht an Ihren Freund weitergeben.«
    »Also – wie lautet die Nachricht?«
    »Ich hab's aufgeschrieben.« Sie öffnete ihre Handtasche und brachte einen kleinen Zettel heraus, den sie offensichtlich flüchtig abgerissen hatte. Judith streckte die Hand danach aus, aber Sandy Mitchel schüttelte den Kopf. »Er sagte, ich soll es aufschreiben, aber nicht aus der Hand geben. Auf keinen Fall. Wenn ich es Ihnen ausgerichtet habe, soll ich den Zettel verbrennen. Wirklich, Mrs. Farrow, es hört sich verrückt an, aber wenn er es so will, wird er ja wohl wissen, warum.«
    »Also gut, dann lesen Sie es mir vor.« Judith dämpfte unwillkürlich die Stimme, so als hätte sie Angst, Nancy könnte sie draußen hören.
    »›Kalinin ist in der Lubjanka. Sie warten auf dich. Lass dich unter keinen Umständen dazu überreden, nach Russland zu reisen.‹ Das ist alles.«
    »Mein Gott!« flüsterte Judith.
    »Ich versteh's nicht«, sagte das Mädchen. »Aber irgendwie klingt's unheimlich. So als wäre Ihr Freund in Schwierigkeiten.«
    Erschreckt sah sie die Engländerin an, die weiß wie eine Wand geworden war.
    »Ich gehe dann wieder. Peter sagte, ich sollte es Ihnen so rasch wie möglich ausrichten.«
    »Es ist Donnerstag abend«, sagte Judith verstört. »Er muß es heute nacht noch erfahren.«
    Sie brachte Sandy hinaus und gab ihr die Hand. »Danke«, sagte Judith. »Danke. Ich danke Ihnen so sehr, daß Sie sich bemüht haben, mich zu finden. Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind. Gehen Sie heim und verbrennen Sie das wirklich. Und vergessen Sie alles.«
    »Das werde ich«, sagte das Mädchen, sie war jetzt auch

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