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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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nicht mehr kontrollieren. Das ist nicht mehr El Fatah allein, da gibt es noch eine ansehnliche, sich ständig vergrößernde Gruppe junger Kräfte, die so eine Art Che-Guevara-Revolution planen, mit fanatischen Kreuzzugideen, die nicht nur Palästina zurückerobern wollen, sondern gleichzeitig alles zerstören möchten, was mit der westlichen Welt in Verbindung steht. Da gibt es aber noch verschiedene Scheichtümer, die natürlich alles andere als kommunistisch gesinnt sein können und denen diese linke Bewegung höchst unangenehm ist. Diese Leute zahlen insgeheim beträchtliche Summen an Ägypten. Nicht zuletzt dafür, daß der Kanal geschlossen bleibt.
    Wenn die Juden wieder einmal die Geduld verlieren und es gibt wieder so ein Sechs-Tage-Aufräumen, und das kann man den Israelis nicht mal verdenken, sie stecken eine ganze Menge von der Vereinigten Arabischen Republik ein, dann wird natürlich Ägypten wieder verlieren trotz ihrer russischen Maschinengewehre, und das dürfte dann die Stunde der jungen Fanatiker sein, die dort überall zu finden sind. Und die würden dann ihrerseits mit dem Schlachten beginnen. Und zwar oben. Bei den Reichen. Das hinwiederum würde den Russen recht gut gefallen.
    Also kurz und gut, die Ägypter wurden einsichtig, es schien, als ob man mit ihnen reden könnte. Aber nun ist die ganze Sache geplatzt. Worüber nicht zuletzt das State Department recht erbost ist.«
    Der Chef machte eine Pause und zog an seiner Nase. Loder benutzte die Pause, die Zigaretten aus der Tasche zu holen, er bot dem Chef an, was akzeptiert wurde. Das war so eine Gewohnheit vom Chef, die der ganze Stab kannte. Er offerierte nie selbst Zigaretten, er ließ sich gern eine anbieten.
    »Die Russen wissen von der Sache«, fuhr er dann fort, »und nicht nur etwa ein paar vage Andeutungen, sondern sie haben den ganzen Vorgang in der Hand – Dokumente, Briefe, Memos, Empfehlungen hin und her, sogar die Befürwortung des Präsidenten persönlich. Mit einem Wort, der ganze verdammte höchst geheime Plan ist in Moskau gelandet. Mit allen Einzelheiten. Sie haben das natürlich sofort den Ägyptern auf den Tisch des Hauses gelegt, und aus und vorbei. Die Juden sind wütend, daß alles herausgekommen ist, denn nun sieht es so aus, als seien sie in einer schwachen Position. Und ihre Heißsporne schreien jetzt nach Taten.«
    »Und wie sind die Papiere in russische Hände gekommen?« fragte Loder. »Und vor allem, wieso wissen wir es, daß die Russen es haben?«
    »Wir haben einen Freund in Kairo«, sagte der Chef. »Er hat die Fotokopien gesehen. Er war auch nicht sehr glücklich darüber. Zwar war sein Name nicht erwähnt, aber nachdem so viel verraten wurde, hätte das auch leicht passieren können. Ich fürchte, er wird in Zukunft nicht mehr mit uns zusammenarbeiten, was man ihm nicht verdenken kann.«
    »Wenn sie Fotokopien haben«, sagte Loder langsam, »dann bedeutet das, daß einer von uns sie ihnen gegeben hat. Einer, der Bescheid weiß.«
    »Ja.« Die Augen hinter den dicken Gläsern funkelten.
    »Genau das. Das bedeutet es, Loder. Wir haben den Verräter mitten drin sitzen, an exponierter Stelle.«
    »Das wird den Amerikanern den Arsch auf Grundeis gesetzt haben.« Loder war so erregt, daß er vergaß, seine Worte sorgsam zu wählen.
    »Sie haben natürlich eine große Untersuchung begonnen, wo jeder, aber auch jeder, der mit der Sache zu tun hatte und Zugang zu der Korrespondenz hatte, durchleuchtet wird. Wie Sie es ganz richtig ausgedrückt haben, sie sind ganz schön sauer. Und natürlich beschuldigen sie uns. Es muß einer von uns sein – sagen sie.«
    »Natürlich«, sagte Loder missvergnügt, »das tun sie ja immer. Aber schließlich und endlich ist es ihre Suppe, in die da einer hineingespuckt hat, nicht? Sollen sie erst mal vor ihrer eigenen Tür kehren.«
    »Das tun sie ganz gewiß«, sagte der Chef. »Aber man muß ihren Standpunkt auch verstehen. Wir haben ja in der Beziehung allerhand Dreck am Stecken. Ich saß noch nicht auf diesem Stuhl, als MacLeon in Washington war. Ich bilde mir ein, ich hätte ihn erwischt, ehe er die ganzen Pläne der NATO-Verteidigung an die Russen verriet. Ich bete zum Himmel, daß es diesmal kein Engländer ist. Aber ich bin nicht sicher. Und darum sind Sie hier, Loder. Washington ist von jetzt an ein verdammt heißes Pflaster. Jedes Mitglied unserer Botschaft muß von Kopf bis Fuß durchgekämmt werden. Jedes.«
    Er blickte Loder starr an und wiederholte mit Betonung:

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