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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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einmal hineinfahren. Wir können die Schuhe morgen umtauschen.«
    Er saß da und machte ein ganz unglückliches Gesicht.
    »Sie dürfen überhaupt nicht so weit hinausschwimmen. Da draußen zwischen den Felsen gibt es so komische Tiere, wie Igel sehen sie aus, die sind auch gefährlich. Sie müssen einfach Schuhe haben.«
    »Wenn Sie so weitermachen, werde ich mich überhaupt nicht mehr ins Meer trauen«, sagte Judith. Sie mußte unbedingt von etwas anderem reden, sonst würden die Badeschuhe Thema Nummer eins beim Mittagessen bleiben.
    Auch diesmal schien er ihre Gedanken zu lesen.
    »Ich sollte mich nicht als Schulmeister aufspielen«, wieder das ironische Lächeln im Mundwinkel. Dann berührte er ihren Arm und wies auf einen Tisch nahe dem Swimmingpool. »Setzen wir uns dorthin? Ich werde uns erst einen Drink bestellen.«
    Im allgemeinen ließen die Kellner sich Zeit mit der Bedienung. Von Anfang an war Judith die Lässigkeit aufgefallen, mit der die Leute sich hier bewegten, kein Vergleich zu der Hast und Hektik in Amerika. Die Leute auf der Insel hatten einen anderen Zeitbegriff, doch sie hatte sich bereits daran gewöhnt. Sie wartete ebenso geduldig auf das Essen wie auf den Kaffee und das Frühstück am Morgen. Es störte sie nicht einmal.
    Heute jedoch war es anders. Sverdlov hatte kaum die Hand erhoben, als schon ein Kellner herbeieilte. Er bestellte für sich einen doppelten Scotch und für sie einen Rumpunch. Leicht erstaunt beobachtete sie ein wenig später, wie er sein Glas mit einem Zug leerte und wie der Ober ohne eine weitere Aufforderung abzuwarten ein zweites Glas brachte. Diesmal trank er ihr zu.
    »Das habe ich in Amerika gelernt«, sagte er. »Schmeckt mir besser als Wodka.«
    »Das grenzt ja an Verrat.«
    »Hochverrat«, gab er zu. »Wenn Sie das melden, werde ich nach Hause geschickt und erschossen. Wie schmeckt Ihr Drink? Mögen Sie Rum?«
    »Hier mag ich ihn«, sagte sie. »Hier schmeckt er anders. Vermutlich muß man ihn unter karibischer Sonne trinken.«
    »Kann sein. Da schmecken manche Dinge anders«, sagte er.
    Seit Monaten, nein, seit Jahren hatte er sich nicht mehr so wohl gefühlt. Es war egal, worüber er mit ihr sprach. Er konnte herumalbern, er konnte einfach so dasitzen in der gleißenden Sonne und irgend etwas sagen, was ihm gerade in den Sinn kam. In gewissen Grenzen natürlich. Sie war wirklich eine hübsche Frau. Und heute sah sie nicht mehr so unglücklich aus wie während der letzten Tage, als er sie heimlich beobachtet hatte.
    Zusätzlich reizte ihn ihre betonte Zurückhaltung. Es war offensichtlich gewesen, daß sie eigentlich nicht mit ihm reden wollte. Aber er hatte sie dazu veranlasst, ihr Schweigen zu brechen. Und er war fest entschlossen, weiter vorzudringen. Er machte bereits Pläne, was man alles in dieser Woche noch beginnen könne. Ein Ausflug quer über die Insel, eine Hochseefahrt zum Fischen, ein Dinner am Abend in einem der anderen Hotels.
    »Das ist ein hübsches Kleid«, sagte er.
    »Ein ganz einfaches Strandkleid. Und noch dazu vom vorigen Jahr. Ich habe mich zu dieser Reise ganz plötzlich entschlossen. Einfach zusammengepackt, was da war, und losgefahren. Aber es gefällt mir hier. Diese Menschen hier sind nett, nicht?«
    »Ja. Sie sind angenehmer als auf den anderen Inseln«, sagte er. »Das ist so mit der Sklaverei: Es gibt nur zwei Möglichkeiten, entweder die Menschen werden feindselig und grausam, oder ihr eigener Wille wird gebrochen, dann werden sie passiv, und es ist relativ leicht, mit ihnen umzugehen. So wie hier in Barbados. Auf Jamaica ist es anders.«
    »Wie immer das Ergebnis sein mag, in meinen Augen war die Sklaverei eine verabscheuungswürdige Sache.«
    »In meinem Land gab es Sklaven bis 1861«, sagte Sverdlov. »Leibeigenschaft. Möchte wissen, zu welchen der beiden Kategorien wir gehören. Vielleicht schreibt mal ein Soziologe darüber. Einer von diesen neunmalklugen Amerikanern, der so viele schöne lange Worte kennt und niemals eine Antwort auf seine eigenen Fragen weiß.«
    »Vermutlich wären die Antworten für Sie nicht sehr ergiebig«, sagte Judith. »Möglicherweise käme man zu dem Ergebnis, daß sich nichts Wesentliches geändert hat.«
    Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und lachte. »Sehr gut. Mit Ihnen kann man sich wirklich unterhalten. Es macht mir Spaß.«
    »Na ja«, sagte Judith, »eigentlich wollte ich das nicht sagen. Aber wenn Sie auf Amerika und den Westen losgehen, dann – ich warne Sie –, dann schlage

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