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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Anfang sollte man sie nicht ohne ständigen Kontakt lassen. Frauen sind manchmal launenhaft, man muß besser auf sie aufpassen als auf Männer.«
    »Wüsstest du jemand, der mich vertreten könnte?« fragte Sverdlov lauernd.
    Golitsyn zögerte. Er hatte sich bereits für Stukalov entschieden. Erstens um ihn für die Bewachung Sverdlovs zu belohnen, zweitens weil es hieß, daß er mit Frauen umgehen könne. Vor zwei Jahren hatte er ein Mädchen in Den Haag angeworben, es hatte wie üblich mit einer Liaison begonnen und endete, auch wie üblich, mit Erpressung. Sie hatte achtzehn Monate für den sowjetischen Geheimdienst gearbeitet, dann wurde sie entdeckt und landete im Gefängnis. Zu der Zeit war Stukalov längst versetzt. Es kam nie heraus, daß er mit der Sache zu tun gehabt hatte, das Mädchen kannte ihn unter einem anderen Namen. »Wie wär's mit Gregory Stukalov?« meinte der General in gleichmütigem Tone. »Man sagt, daß er den Frauen gefällt. Er könnte Mrs. Farrow übernehmen, solange du verreist bist.«
    »Ich überlasse es dir«, sagte Sverdlov, »Stukalov ist eine gute Wahl. Wenn sie ihn leiden mag, kann er den Fall ganz übernehmen. Aber er muß natürlich mit Vorsicht handeln. Sie ist keine dumme Frau.«
    »Natürlich, natürlich«, antwortete Golitsyn. »Geduld ist das wichtigste in solchen Fällen. Ja, dann hoffe ich, daß du bald reisen kannst, Genosse. Ich hoffe auch, es wird dir gelingen, Elena Maximova die Scheidung auszureden. Sie ist eine großartige Frau. Es wäre schade, wenn du sie verlierst.«
    »Ich werde sie nicht verlieren. Im Gegenteil. Ich hoffe, daß ich sie mit hierher bringen kann.«
    »Das würde mich freuen«, sagte der Alte. – In seiner Tasche hatte er den Text des Telegramms an Elena, den Anna ihm bereits gebracht hatte. Es gab keine Widersprüche. Noch das Wochenende mit der Engländerin. Das war kein Problem, man konnte sie beide überwachen.
    Sverdlov ging zurück in sein Büro. Anna Skriabine blickte von der Schreibmaschine auf und lächelte. Er lächelte zurück und ging in sein Zimmer.
    Dort nahm er einige beschriebene Seiten Papier von seinem Schreibtisch, Teile des Reports, die heute eingelaufen waren, faltete sie zusammen und steckte sie in seine Jackentasche. Nachdenklich zündete er eine Zigarette an. Hatte er auch keinen Fehler gemacht? Golitsyn schien alle Erklärungen geschluckt zu haben. Man durfte diesen Gegner nicht unterschätzen, der General war kein Dummkopf. Sie belauerten sich gegenseitig, so viel war klar. Sverdlov mußte sich davor hüten, sich durch Kleinigkeiten zu verraten, wie es der General tat. Denn daß er sich bereits Gedanken darüber gemacht hatte, wer Mrs. Farrow übernehmen sollte – Stukalov war zu schnell auf der Bildfläche erschienen –, bewies, daß er mit Sverdlovs Rückkehr nicht mehr rechnete.
    Sverdlov stand auf. Jetzt kam ein schwieriger Teil des Unternehmens. Wichtig war es, ruhig zu sein. Ruhig und so wie immer.
    Im Vorzimmer blieb er bei Anna Skriabine stehen. »Viel zu tun?«
    »Ja, Genosse Sverdlov. Brauchen Sie mich?«
    »Heute nicht mehr«, sagte er und ließ es bedeutungsvoll klingen. Er stand nahe bei ihr und blickte auf sie herab, und sie blickte ein wenig unsicher zu ihm auf.
    »Über das Wochenende bin ich nicht da. Am Montag sehen wir uns kurz, und dann fliege ich nach Moskau. Soll ich Ihnen etwas von zu Hause mitbringen?«
    Sie errötete. »Das ist sehr freundlich, Genosse. Ich weiß nicht – es fällt mir im Moment nichts ein.«
    »Ich bleibe nicht lange. Eine Woche. Höchstens zehn Tage. Wenn ich zurück bin, würde ich gern einmal mit Ihnen zum Abendessen gehen. Würde es Ihnen Spaß machen?«
    »O ja. Ja, das wäre fein.«
    »Wir werden einen hübschen Abend zusammen verbringen. Ich freue mich jetzt schon darauf.«
    Er verließ das Büro, ging den Gang entlang zum Lift und fuhr die zwei Stockwerke hinunter zur Aktenabteilung. Als er hereinkam, standen alle auf, der Chef der Abteilung kam ihm entgegen.
    »Ich brauche von der Akte ›Blau‹ die Nummer 23«, sagte Sverdlov geschäftig. »Das Signaturbuch brauchen wir nicht, ich will bloß etwas nachsehen.«
    Der Safe mit den Geheimakten war in einem Extraraum, und der Safe durfte nur auf seine oder Golitsyns Anweisung geöffnet werden. Selbst der Botschafter brauchte ihre Genehmigung, wenn er Einsicht nehmen wollte.
    Der Beamte öffnete den Safe und suchte die gewünschte Akte heraus. Sverdlov nahm sie und legte sie auf einen halbhohen Schrank und beugte

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