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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ihre eigenen Schwächen mit fröhlicher Resignation. Sie war diejenige, die versuchte
     mir beizubringen, dass Reue sich nicht auszahlt; wir sind, wer wir sind, und es hat keinen Sinn, das zu verstecken. Erst viel
     später habe ich es geschafft, diese Lektion umzusetzen.
    Es war eine angenehme Beziehung. Mona stellte keine Forderungen. Sie lebte einfach jeden Tag für sich. Wenn ich ihr sagte,
     ich sei drei oder vier Tage mit dem Minister unterwegs, dann sagte sie ganz ernsthaft: »Ich werde dich vermissen.«
    Wenn ich zurückkehrte, war ihr Lächeln ehrlich, und sie streckte die Arme aus und lachte glücklich, wenn ich sie mit etwas
     Mühe zu ihrem Doppelbett trug. Dann zog ich sie aus und liebkoste ihren wunderbaren Körper, bis das Verlangen in ihr aufflammte
     wie eine Löwin, die aus dem Winterschlaf erwachte. Ihr Körper begann zu summen, und sie öffnete sich mir wie die Türen zum
     Wunderland. Wenn ich in sie eindrang, zeigte ihr Gesicht ihr Vergnügen ohne Scham. Ich wurde süchtig danach, wie nach ihrem
     Lachen.
    Mit Mona war nichts wie sonst.
    Als ich im folgenden Februar den Minister sechs Monate nach Kapstadt begleiten musste, erklärte sie: »Ich muss dir etwas sagen.«
    »Was?«
    »Du kannst dort unten tun, was du willst.«
    »Was meinst du?«
    Sie schaute zum Fenster hinaus und sagte: »Lemmer, ich kann nicht …«
    »Kann nicht was?«
    |204| »Ich kann nicht sechs Monate ohne Sex leben.«
    »Ich komme dich besuchen.«
    Sie sagte, es sei gleichgültig. Wenn ich am Kap jemand träfe, sei das in Ordnung. Sie wollte bloß nichts davon wissen. Wenn
     ich nach sechs Monaten wiederkäme und immer noch bei ihr leben wolle, sei sie hier. Wenn nicht, sei das auch in Ordnung. Aber
     sie werde mir nicht versprechen, treu zu sein. Nicht, wenn ich so weit weg war.
    »Warum nicht?«
    »Es gibt einen Typ Mann, zu dem ich nicht ›Nein‹ sagen kann.«
    »Was für einen Typ?«
    »Deinen Typ.«
    »Was für Männer sollen das denn sein?«
    Mona wollte es nicht sagen.
    »Komm mit mir nach Kapstadt.«
    »Ich gehöre hierher.«
    Neun Jahre lang war sie meine Sommerfrau – mein Haus und Hafen in Pretoria. Wir stritten nie. Wir sprachen nie über die sechs
     Monate, die wir einander nicht sahen. Dann bekam ich einen goldenen Handschlag und wusste, ich musste nach Kapstadt gehen,
     nach Seapoint. Ich musste mich selbst finden.
    Wieder sagte ich: »Komm mit mir.«
    Wieder sagte sie, dass sie das nicht könne.
    Drei Jahre, nachdem ich sie verlassen hatte, rief sie mich an, am Abend bevor ich schuldig gesprochen wurde, die Zeitungen
     waren voll davon. Sie sagte: »Jetzt weißt du es.«
    »Jetzt weiß ich was?«
    »Was für einen Typ Mann ich meinte.«
     
    Ich erzählte Emma, warum ich aus dem Dienst in der Regierung ausgeschieden war.
    »1998 haben sie gesagt, sie müssten die Zahl der schwarzen Bodyguards erhöhen. Wir konnten wählen zwischen einer Abfindung
     oder einer Versetzung. Einer Versetzung wohin? Das wussten sie nicht. Also nahm ich die Abfindung.
    |205| Ich kaufte mir eine Wohnung in einem Haus zwischen der Fort Street und der Marine Street in Seapoint, nur einen Kilometer
     von dem Ort, wo ich aufgewachsen war.
    Ich suchte nach meinem Vater. Ich konnte ihn nicht finden. Niemand wusste, wohin er verschwunden war. Der Fordhändler war
     noch unter demselben Namen da. Neuer Besitzer. Ganz Seapoint war voll mit neuen Leuten. Die Italiener waren verschwunden,
     die Griechen auch. Von den Juden waren nur noch die Frauen da, alte Damen, die allein zum Meer spazierten oder gemeinsam darauf
     warteten, dass ihre Kinder kamen und sie besuchten. Es gab Nigerianer und Somalier, Russen und Rumänen, Bosnier, Chinesen,
     Irakis. Neue Sippen, zu denen ich nicht gehören konnte.
    Ich gründete eine Karategruppe im Virgin Active in Greenpoint. Vormittags unterrichtete ich Engländerinnen und Afrikaaner-Frauen
     in Selbstverteidigung, nachmittags brachte ich Kindern Karate bei – Südafrikanern und allen anderen Sippen Seapoints. Das
     machte ich fast zwei Jahre. Es war mein Job. Im Gym nannten die Frauen mich ›Lemmer‹, und die Kinder nannten mich ›Sensei‹.
     Ich war weder glücklich noch unglücklich.
    Aber ich begann etwas zu erkennen. Ich hatte eine neue Perspektive, denn zum ersten Mal seit über dreizehn Jahren war ich
     wieder Zivilist – der Mann auf der Straße.
    Ich sah den neuen Reichtum. Ich sah den neuen Konsum, das panische Kaufen von Marken, Status und ›Ich-will-das-haben‹. Ich
     sah es bei allen

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