Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
sollen uns das bloß eingebildet haben?«
    »Na ja, oder ihr habt euch vielleicht geirrt«, versuchte Andreas zu beschwichtigen.
    »Alter, hältst du mich für bescheuert?« Robert sah seinen Freund böse an. »Du solltest mich verdammt noch einmal gut genug kennen. Wenn ich dir sage, das waren Bischofsgewänder, dann waren das auch Bischofsgewänder.«
    »Ja, ist ja schon gut.«
    »Wenn dem aber so ist«, fuhr Robert erregt fort, »dann stellt sich langsam die Frage, ob das alles noch Zufall ist?«
    »Hm, wahrscheinlich schon …«
    »Ach ja?« Wütend warf Robert die wenigen Habseligkeiten seines Bruders zurück in den Karton und stellte ihn wieder auf den Schrank. »Wahrscheinlich genau so wie das verdammte Messer hier, das im Heft stecken geblieben ist? Sehr glaubwürdig.« Ihn fröstelte. »Sehen wir doch mal, ob wir bei dir zu Hause nicht auch fündig werden. Bei der Gelegenheit könnten wir auch gleich meine Mutter ins Kreuzverhör nehmen. Wenn ich ihren Putzplan richtig im Kopf habe, dann dürfte sie jetzt bei euch im Sägewerk sein.«
    Als Andreas und Robert die Zufahrt zum Sägewerk betraten, schneite es dicke Flocken vom Himmel. Dennoch sah Andreas sofort, dass irgendetwas vorgefallen war. Normalerweise hielten sich zur Mittagszeit alle Arbeiter drüben im Aufenthaltsraum neben der Trockenhalle auf, doch stattdessen standen unmittelbar vor der Wohnungstür der Meyenbergs der Vorarbeiter mit zwei Kollegen. Einer der Arbeiter feixte und winkte ab. Erst auf den zweiten Blick entdeckte Andreas, dass die Haustür zu seiner elterlichen Wohnung halb offen stand.
    »Was ist denn hier los?«, rief er laut.
    Die Männer wandten sich überrascht um, und der Mann, der eben noch gelacht hatte, beruhigte sich nun wieder.
    »Ah, gut dass du kommen tust.« Der Vorarbeiter räusperte sich unangenehm berührt und sah Robert an. »Wir haben die Tür aufbrechen müssen, weil die Kohlbranderin am Randalieren war.«
    »Was ist geschehen?« Robert wurde kreidebleich.
    »Ja mei, sie ist halt um 11 Uhr wie immer zum Putzen kommen, und da war sie noch ganz normal. Doch eine Viertelstund’ später ist der alte Bierbichler ins Sägewerk gestürmt und hat sie sprechen wollen.« Der Mann hob hilflos die Hände. »Ich weiß ja nicht, um was es ging. Er ist auch nicht lang da geblieben. Doch eine Dreiviertelstund’ später haben wir dann gehört, wie sie drinnen das Schreien und Wüten hat anfangen tun. Ich und ein paar von den Burschen sind dann hin und haben die Tür aufgebrochen, weil sie nicht hat aufmachen wollen.«
    »Und?«
    Einer der beiden Arbeiter grinste anzüglich. »War voll wie ’ne Haubitze, die Kohlbranderin. Hat wohl die ganze Bar von deinem Vater auf einmal weggeputzt …«
    »Sie sprechen von meiner Mutter«, schrie ihn Robert zornig an. Auch der Vorarbeiter warf seinem Kollegen einen wütenden Blick zu, der puterrot im Gesicht wurde. Hastig zogen er und sein anderer Kollege sich zur Trockenhalle zurück.
    »Das tut mir ja jetzt schon leid«, versuchte der Vorarbeiter Robert zu besänftigen. »Wir reden hier halt immer frei gerad’ heraus, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Nimms nicht krumm. Deine Mutter jedenfalls tat eine schwere Alkoholvergiftung haben, sagt der Doktor. Die Burschen haben sie nämlich rüber in den Ort zum Doktor Bayer getragen, wo sie jetzt ihren Rausch ausschlafen tut. Das könnt’ aber wohl noch a Weil’ dauern, bis sie wieder ansprechbar ist. Nur das mit dem zerhauenen Türschlösserl«, er wies Andreas auf die Haustür hin, »kriegen wir heute nicht mehr hin. Aber ich tat dir für heute Abend eine Kette bringen, wenn du magst?« Andreas nickte geistesabwesend. Er hatte so eine Ahnung, was Roberts Mutter derart aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. »Sagt mal«, hub der Vorarbeiter plötzlich an. »Stimmt es, dass ihr zwei mit dabei wart, als sie diese Tote gestern im See gefunden haben?«
    »Ja, war aber kein schöner Anblick«, wich Andreas aus und zog Robert energisch mit sich, bevor der Mann weitere Fragen stellen konnte.
    Das Durcheinander im Haus fiel geringer aus, als die Männer es angekündigt hatten. In der Küche stand noch immer ein Putzeimer mit halbwarmem Seifenwasser, doch Roberts Mutter war offenbar nicht mehr dazu gekommen, ihn zu benutzen. Dafür standen und lagen im Wohnzimmer mehrere geöffnete Flaschen aus der Bar seines Vaters, die so gut wie leer waren, und es stank, abgesehen vom brackigen Wasser des Aquariums, süßlich nach Alkohol. Leider hatte es Roberts

Weitere Kostenlose Bücher