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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Mutter nicht bei der Trinkerei bewenden lassen. Die Polster des Sofas lagen ebenso im Zimmer verstreut herum wie einige Sachen aus den Regalen. Robert starrte den Raum mit leerem Blick an.
    »Hey, ist okay für mich«, versuchte ihn Andreas aufzumuntern. »Deine Mutter ist halt krank. Die kann nichts dafür.«
    »Nein, das ist nicht okay«, widersprach sein Kumpel bitter.
    »Ist dir eigentlich klar, wie das für mich ist, wenn sich alle heimlich über mich totlachen?«
    Andreas hob die Polster vom Boden auf und bat Robert, sich zu setzen. Sein Freund zündete sich fahrig eine Zigarette an.
    »Mir geht’s doch auch nicht viel besser«, seufzte Andreas nach einer Weile. »Ich hab dich gestern angelogen. Ich hab gar nicht mit meinem Vater gesprochen. In Wahrheit habe ich ihn das letzte Mal vor zwei Wochen gesehen. Und das auch eher durch Zufall, weil er sich ja irgendwann mal hier auf dem Sägewerk blicken lassen muss.«
    Robert sah gequält auf. »Was wird das jetzt? Wer von uns beiden das beschissenere Zuhause hat?«
    Andreas grinste, und die Anspannung wich allmählich von ihnen. Irgendwann drückte Robert seine Zigarette aus und sah sich um. »Also, meine Mutter werden wir wohl zu einem späteren Zeitpunkt befragen müssen, aber wir haben ja noch eure Wohnung.«
    Konzentriert durchkämmten sie nun, vom Dachboden angefangen, bis hinunter zum Erdgeschoss, alle Stockwerke des Hauses. Doch sie fanden keinen Hinweis auf einen Michael Meyenberg. Da kam Andreas plötzlich eine Idee. »Verdammt noch mal, wenn ich wirklich einen Bruder hatte, dann müssten das doch die Arbeiter draußen wissen, oder?«
    Wenige Minuten später standen sie auf den verschneiten Innenhof des Sägewerks, wo bereits wieder emsiges Treiben herrschte. Andreas suchte den Vorarbeiter und fand ihn mit einer Strichliste in der Hand bei dem Platz mit den aufgestapelten Baumstämmen. »Sagen Sie, ist Ihnen eigentlich der Name Michael Meyenberg ein Begriff?« Der Vorarbeiter starrte ihn überrumpelt an. »Meyenberg Michael? Ja, das weiß ich jetzt nicht. Ist der mit dir verwandt?«
    »Er war mein Bruder!«, behauptete Andreas.
    »Himmel noch eins, die Sach’!« Der Vorarbeiter lüpfte verlegen die Mütze. »Ich tu ja erst seit zehn Jahren hier arbeiten, Bub. Das war lang vor meiner Zeit. Da tat ich vermuten, dass du viel mehr über ihn weißt als ich.«
    »Und falls nicht?« Der Mann war sich offenbar im Unklaren, was er von der Frage halten sollte, denn er runzelte die Stirn. »Also, von deinem Bruder weiß ich nur, was die Leut’ hier so reden tun. Angeblich soll er eines Tages verschwunden sein. Abgehauen oder so. Und dass deine Mutter das wohl nie nicht richtig hat verkraften können. Gott erbarm sich ihrer armen Seer. Aber ich wüsst jetzt freilich nicht, warum du mich hättst fragen wollen? Dein Vater wird dir da doch sicher mehr drüber erzählen können?«
    »Danke.« Andreas wandte sich von dem Vorarbeiter ab und stiefelte mit einem Gefühl zurück zum Haus, als habe ihn jemand in den Magen geboxt.
    »Hattest du etwa Zweifel?«, fragte Robert leise.
    Andreas wusste nicht, was er antworten sollte. Vielleicht hatte er wirklich gehofft, noch eine andere Erklärung für diesen ganzen Wahnsinn zu finden? Als er die von Reifen und Stiefeln zerfurchte Schneefläche auf dem Innenhof des Sägewerks bemerkte, blieb er jäh stehen, sodass Robert fast auf ihn auflief. Es gab noch einen Ort, den sie nicht untersucht hatten. »Erinnerst du dich an die seltsamen Fußspuren gestern Nacht?«
    »Du meinst die von Konrad?«
    »Ja, vielleicht … .« Andreas deutete hinüber zur Kellertreppe. »Wir sollten uns den Fahrradkeller besser mal ansehen.« Mit leichtem Zittern kramte Andreas seine Schlüssel aus der Hosentasche. Dann stieg er die Stufen nach unten und sperrte die Tür auf. Die kalte Kellerluft roch leicht nach Schimmel, Rost und alten Fahrradreifen. Andy drehte den Lichtschalter, und eine von Spinnweben bedeckte Kellerlampe an der Decke verbreitete ihr trübes Licht. Er ließ den Blick über seine drei Sporträder, ein altes Weinregal mit Flaschen und die an die Wände geschraubten Metallregale mit Werkzeugen, Farbeimern und Putzmitteln schweifen. All das wirkte ebenso unberührt wie die stattliche Auswahl an Speed- und Langlaufskis an der Wand gegenüber dem Spülbecken. »Das hier war ganz früher mal unsere Waschküche.«
    »Und wohin geht’s da hinten?«, wollte Robert wissen. Er deutete zu einer im Schatten liegenden Lattenrosttür rechter Hand von

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