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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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von Fawkes; Andrews Ausrede von einem Treffen mit einigen Mitgliedern der Theatergruppe (er wollte Fawkes keinen reinen Wein einschenken): seine Lüge, dass Sir Alan den Ausflug genehmigt hätte; und die unaufhörlichen Tagträume –, alles für die Katz. Für weniger als nichts, denn dadurch ist seine Schmach nur noch größer geworden.
    Als sie in einem Kleid, das höchstens die Hälfte der Schenkel bedeckte und in den Matisse-Farben Blutrot und Urwaldgrün gemustert war, auf ihn zukam, blieb ihm das Herz stehen  – bloße Beine, Sonnenbrille in den wilden schwarzen Locken. Er zwang sich, cool zu bleiben. Neben ihr musste er aussehen wie ein grober Klotz in seinen Khakis, dem karierten Oxford-Hemd und Turnschuhen. Gut. Es schadete nicht, wenn sie enttäuscht war. Sollte sie sehen, wie schlecht sie zusammenpassten, wenn sie keine Schuluniform anhatten. Sie war stylish, europäisch, hochkarätig, er nur ein Niemand aus der amerikanischen Mittelschicht. Vielleicht bereute sie diese Verabredung so sehr wie er.
    »Hallo«, grüßte sie fröhlich, ehe sie seine finstere Miene sah. »Alles in Ordnung?«
    »Ja«, antwortete er kurz angebunden. »Lass uns gehen.«
    »Wieso benimmst du dich so eigenartig?«
    »Eigenartig?«
    »Du bist komisch.« Sie biss sich auf die Lippe. »Ich hab dir eine krasse SMS geschickt, und jetzt hältst du mich für eine Nutte. Ist es das?«
    »Nein. Du bist spät dran.«
    »Ich habe mich zurechtgemacht.« Sie stellte sich in Positur. »Und du solltest jetzt eigentlich sagen, dass es der Mühe wert war.«
    »Komm.« Er drehte sich um, stieg die schmuddelige Treppe hinauf und schob seine Kreditkarte in den Ticketautomaten.
    Sie saßen schweigend auf den durchgesessenen, fleckigen dunkelroten Sitzen der Metropolitan Line und fuhren durch alle Gerüche der
     Vorstädte. Persephone schob die Sonnenbrille auf die Nase und funkelte Andrew an. Er schaute aus dem Fenster, betrachtete die weiten grünen Felder eines
     kleineren College, auf denen Taubenschwärme hockten – oder waren es Möwen? –, dann die Wohnsiedlungen – Häuser aus den graubraunen Ziegeln, die für
     englische Reihenhäuser so typisch waren; schließlich die Industrieparks, die rostigen Zugwaggons und ein Depot für ausrangierte Postautos. An der
     Haltestelle Finchley Road stand Persephone wortlos auf, stieg aus und lief die Treppe hinauf. Andrew folgte ihr einen steilen Hügel hinauf. Eine belebte
     Einkaufsstraße mündete in ein Wohngebiet mit gewundenen Einfahrten und villenartigen Häusern in gepflegten, mit Mauern oder Rhododendronhecken umgebenen Gärten. Persephone stürmte wütend weiter – mittlerweile hatte sie die Sonnenbrille auf die Nase geschoben  – und zwang ihn, Distanz zu ihr zu halten.Schließlich erreichten sie ein Plateau, und ein paar Läden und Pubs kamen in Sicht. Vor einem dieser Pubs blieb Persephone stehen.
    »Wenn wir schon nicht miteinander sprechen, können wir uns auch besaufen«, sagte sie.
    Die Bartheke war mit gehämmertem Kupfer überzogen. Rauch und der Geruch nach gebratenem Fleisch und Kartoffeln hingen in der Luft. Andrew war am Verhungern, hatte jedoch nur eine Fünfpfundnote und zwei Pfund in Münzen in der Tasche, und auf der Menü-Tafel stand nichts unter neun Pfund. Er rechnete sich aus, wie viel Bier er sich leisten konnte. Sandwichs in Dosen, nannte ein amerikanischer Freund das flüssige Nahrungsmittel.
    Sie bestellten zwei Lager, prosteten sich nicht zu, sondern tranken einfach.
    »Hier bist du also aufgewachsen«, stellte Andrew fest.
    Sie ignorierte ihn. Sie hatten Streit. Ohne einen erkennbaren Anlass. Persephone war nicht in der Stimmung, Erinnerungen auszutauschen. »Wie war die Probe?«, fragte sie angespannt.
    Andrew schaute sie an. Sollte er etwas sagen, sie fragen? Er wusste, dass er nie darüber hinwegkommen würde, wenn er schwieg. Und er wollte es hinter sich lassen. Das Kleid bedeckte sie kaum.
    »Wer ist Simon?«, fragte er.
    Ihr verschlug es für einen Moment die Sprache. Dann verzog sie das Gesicht. » Rebecca . Ich wusste es.«
    »Was ist mit ihr?«, ruderte Andrew rasch zurück.
    »Ich hab meinen Vater belogen, um dieses Wochenende möglich zu machen, weißt du? Meiner Mutter hab ich auch Lügen aufgetischt, damit ich das Haus nutzen darf. Ich hab ihr erzählt, Kathy, Lizzie und Louise  – Freundinnen ausdem North London Collegiate, würden mich besuchen, weil wir uns lange nicht gesehen hätten und viel Spaß haben könnten. Und sie wusste, dass das

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