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Weißes Gift im Nachtexpreß

Weißes Gift im Nachtexpreß

Titel: Weißes Gift im Nachtexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Licht wirkte das Pulver gar nicht mehr grau, sondern weiß —
fast weiß. Weißes Gift!
    Ein Schatz! Ein Vermögen! Meine Chance!
dachte Irene. Mit dem Geld kann ich... Geld? Dazu muß ich den Stoff erstmal
verkaufen. Wem?
    Sie fuhr herum. Da! Jetzt war ein
Geräusch an der Wohnungstür — ganz deutlich. Ein metallisches Geräusch — das
schwache Kratzen der Scharniere am Briefschlitz-Deckel.
    Hastig schob sie das Heroin-Paket
unters Sofa und lief in die Diele.
    Der Briefkastenschlitz! Waren da Augen,
die hereinspähten? Glimmende Augen. Kein Zweifel. Sie spürte, wie der Blick an
ihr klebte.
    Vorsichtig wurde jetzt die Klappe
geschlossen. Und Metall schabte am Türschloß.
    Um Gottes willen! Jemand wollte
aufschließen, eindringen.
    Irene zitterte, aber sie griff nach
einem Stuhl. Zur Tür! Rasch die Stuhllehne unter die Klinke geklemmt. Es paßte
wie abgemessen. Keinen Millimeter mehr ließ sich die Klinke nach unten drücken.
Gerettet!
    Die Tür war massiv — und der einzige
Zugang zur Wohnung.
    Irene horchte.
    Draußen wurde geflüstert.
    Sie kniete sich neben den
Briefkastenschlitz und nahm ihr Herz in beide Hände.
    „Sie... Sie können nicht rein“, hörte sie
sich sagen. „Die Tür ist gesichert. Wer... sind Sie? Was wollen Sie?“
    Sofort wurde die Klappe angehoben.
    „Irene Hansen?“
    „Ja. Was wollen Sie?“
    „Laß uns rein. Wir müssen reden.“
    „Ich denke nicht daran. Was wollen Sie
von mir?“
    „Was du vorhin gefunden hast, gehört
uns. Das Paket.“
    „Was für ein Paket?“
    „Stell dich nicht dumm. Wir waren bei Makbule.
Wir wissen Bescheid. Du hast das Paket nicht in den Müll geworfen, sondern
mitgenommen.“
    Irene preßte beide Hände auf ihr
hämmerndes Herz. „Es ist Heroin — und ein Vermögen wert. Ich will Finderlohn.“
    „Sollen wir die Tür eintreten?“ fragte
die kalte, gefühllose Stimme.

12. Mausi rennt in jedes Zimmer
     
    „So“, sagte Tim. „Genug gealbert. Ich
ziehe los.“
    „Frage“, meinte Karl. „Warum sollen wir
nicht mitkommen?“
    „Wenn wir zu viert antanzen, macht
Irene vielleicht gar nicht erst auf. Außerdem ist es besser, wenn sie euch
nicht kennt, damit ihr als Beschatter-Reserve verfügbar seid. Daß sie dich,
Karl, und dich, Willi, gestern abend richtig gesehen hat, bezweifle ich. Und
Gaby ist ihr bisher nicht begegnet. Also bis gleich! Drückt mir die Daumen.“
    An der Haustür steckte Tim die
Stoffmaus in die Eingrifftasche seiner Windjacke, links, und klingelte.
    So unansehnlich das Haus war — der
Besitzer hatte, vermutlich in einem Anfall von Modernisierung, eine
Gegensprechanlage angebracht. Und sicherlich sofort danach die Mieten
heraufgesetzt.
    Die Anlage funktionierte.
    Irenes Stimme drang aus den
Metallrippen, aufgeregt, zitternd, aber auch irgendwie befreit.
    „Ja, bitte? Wer ist dort? Wer ist
dort?“
    „Sie kennen mich“, sagte Tim. „Ich war
gestern abend schon mal da. Wegen Bert. Kann ich Sie einen Moment sprechen?“
    „Aber ja. Gern.“ Ihre Stimme haspelte.
„Bist du allein?“
    „Total solo.“
    „Ich drücke auf den Summer. Kommst
hoch, ja?“
    Tim öffnete die Tür, trat ein und
sprang die Stufen hinauf. Im zweiten Stock kamen ihm die beiden Männer
entgegen, die er vor einigen Minuten bemerkt hatte.
    Der im Kamelhaarmantel wirkte
ausländisch. Tim tippte auf Türke . Ein ziemlich grobes
Gesicht. Der Zorn in den dunklen Augen schien sich gegen den TKKG-Häuptling zu
richten.
    Der andere Typ war knochig und albino-haft
farblos. Er roch wie eine verräucherte Kneipe. Auch er bedachte Tim mit einem
wütenden Blick.
    „’n Abend!“ grüßte der TKKG-Häuptling,
der sich keiner Schuld bewußt war.
    Wortlos gingen sie an ihm vorbei.
    Dann stand Tim vor Irene Hansens
Wohnungstür. Auch hier gab’s eine Klingel.
    „Ja?“ fragte Berts Schwester.
    „Ich bin ‘s.“
    „Allein?“
    „Sagte ich doch: total solo.“
    „Ich meine: Ist noch jemand im
Treppenhaus.“
    Tim blickte hinauf und hinunter und den
Flur entlang.
    „Ich sehe niemanden.“
    „Auch keine zwei Männer? Oder drei?“
    „Zwei Männer sind mir begegnet. Sie
gingen runter — ein Türke und ein ferkelblonder Inländer.“
    „Haben die das Haus verlassen? Sind sie
weg?“
    „Ich nehme es an. Werden Sie
belästigt?“
    Es rumpelte hinter der Tür. Dann
öffnete die Frau. Aber nur einen Spalt. Vorsichtig blickte sie auf den Flur.
    „Ich bin wirklich allein“, sagte Tim.
„Brauchen Sie Hilfe? Die beiden sahen aus, als könnten sie

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