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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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seine weißen Sklaven zu verkaufen, um die Staatsfinanzen aufzubessern. Zu diesem Zweck befahl er zwei Sklaven aller vertretenen Nationen, in ihr Heimatland zurückzukehren, »um die dort herrschenden Prinzen zu ermutigen, ihre versklavten Untertanen zurückzukaufen«.
    Die Nachricht von Mulai Ismails Tod löste in der Hauptstadt große Freude aus. »In dem Augenblick, als sein Tod bekannt wurde«, schreibt Pellow, »legten alle Einwohner von Meknes die öffentlichen Arbeiten nieder, zu denen Mulai Ismail sie ohne Bezahlung gezwungen hatte, und kehrten nach Hause zurück.« Doch die Lage der europäischen Sklaven besserte sich nicht, wie sich bald herausstellte. Achmed ed-Dehebi entschied sich bald, sie doch nicht an ihre Heimatländer zu verkaufen. Er hatte die Leidenschaft seines Vaters für Bauprojekte geerbt, und die europäischen Sklaven mussten entdecken, dass sie einem weiteren größenwahnsinnigen Herrn dienten. »Er verschönerte seinen marokkanischen Palast auf überraschende Art«, schreibt Adrian de Manault. »Er überzog das Innere des Harems mit Blattgold. Die größten Räume wurden mit Marmorbecken versehen, in denen gewaltige Mengen von Fischen in kristallklarem Wasser schwammen.«
    Sultan Achmed ed-Dehebi war sehr umsichtig vorgegangen, um sich den Thron zu sichern, aber es stellte sich rasch heraus, dass ihm jene Rücksichtslosigkeit fehlte, mit der sich sein Vater so lange an der Macht gehalten hatte. Pellow berichtet, der neue Sultan habe die Kontrolle nur aufrechterhalten können, indem er ständig Geschenke unter seinen Kerntruppen verteilte: »[Er] war ein Mann von sehr großzügigem Wesen, wenn er auch sehr trunksüchtig war. Er war fast immer betrunken, gab den Schwarzen viel Gold und viele andere wertvolle Geschenke, so dass ihre Herzen fürs Erste ganz ihm gehörten.«
    Der neue Sultan war auch ein Gourmet und ein Kunstliebhaber, der einen Großteil des Tages den Freuden der Tafel widmete. »Er fand in der traditionellen maurischen Küche nicht genug Abwechslung«, berichtetAdrian de Manault, »weshalb er alle ausländischen Gerichte kostete, die seine Sinne verzücken und seinen Appetit wecken konnten.« Der Sultan wählte vier Sklaven aus unterschiedlichen Regionen Europas aus und befahl ihnen, »Gerichte nach dem Brauch ihres Landes zuzubereiten«. Es dauerte nicht lange, da hatte sich der neue Herrscher des maghrebinischen Königreichs fast ganz aus den Regierungsgeschäften zurückgezogen, um sich seinen üppigen Gelagen zu widmen.

    Es war eine unglückliche Fügung, dass John Russells Ankunft in Marokko mit dem Tod Mulai Ismails zusammenfiel. Obwohl Achmed ed-Dehebis Thronbesteigung sorgfältig vorbereitet worden war, um einen Bürgerkrieg zu vermeiden, trieben schon bald überall im Land Räuberbanden ihr Unwesen. Konsul Russell blieb sechs Monate lang in Tetuan und dachte darüber nach, ob er nach Meknes reisen sollte. Schließlich kam er zu der Überzeugung, dass die möglichen Vorteile der Reise die Risiken überwogen. Die Korsaren von Salé drohten mit der Kaperung weiterer Schiffe, weshalb der neue Sultan unbedingt zur Ratifizierung des Abkommens bewegt werden musste, das Mulai Ismail sechs Jahre zuvor unterzeichnet hatte.
    Auf dem Weg nach Meknes begegnete Konsul Russell zu seiner Überraschung zahlreichen europäischen Renegaten. Er hatte nicht erwartet, dass so viele Sklaven lieber zum Islam übergetreten waren, als weiterhin ein Leben im Elend zu fristen und die tägliche Schwerarbeit zu ertragen. Russell wollte mehr über das Leben dieser Menschen im Dienst des Sultans erfahren und suchte das Gespräch mit den britischen Renegaten. In Fes traf er einen Mann namens Daws, der vor etwa 46 Jahren zum Islam übergetreten war und nach Braithwaites Angabe »zwei Frauen in diesem Land« hatte. Als Russell und Braithwaite fragten, warum er konvertiert sei, erklärte Daws, der Grund sei »die Drohung des verstorbenen Königs gewesen, ihn zu töten«. Er fügte hinzu, »in jenen Tagen habe es keine Hoffnung auf Befreiung gegeben«. Daws sagte, unter den englischen Renegaten seien zahlreiche Zimmerleute, Kalfaterer und Segelmacher – Männer, die die rasch wachsende britische Kriegsmarine gut hätte gebrauchen können.
    Fes hatte sich gegen den neuen Sultan erhoben und wurde belagert. Russell und Braithwaite waren überrascht zu entdecken, dass zahlreiche europäische Renegaten in den Reihen der Belagerer kämpften. Braithwaiteschreibt: »Ich wurde von einem gewissen Nugent, einem

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