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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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zu«, sagte ich. »Ich werde dieses Zeug bei der Staatsanwaltschaft abliefern – die können dann damit machen, was sie wollen. In der Zwischenzeit empfehle ich dir schon mal, die Strafanzeige gegen Joey Gouza zurückzuziehen. Mach es ohne Kommentar und ohne eine Erklärung.«
    Sie nickte. Ihre Augen glänzten feucht, und sie schloß sie immer wieder kurz, um die Tränen aus den Wimpern zu bekommen.
    »So was kommt andauernd vor«, sagte ich. »Man hat sich’s einfach anders überlegt. Und wenn jemand versucht, dir einen Strick draus zu drehen, holst du dir einen Anwalt, der dir nicht von der Seite weicht, und bleibst selbst stumm wie ein Grab. Meinst du, das bringst du fertig?«
    »Ja.«
    Ich wollte die Arme um ihre Schultern legen. Ich wollte sie an mich drücken und ihr das Haar streicheln.
    »Stehst du das durch?« fragte ich.
    »Ja, ich schaff’ das schon.«
    »Ruf Weldon an.«
    »Mach’ ich.«
    »Drew?«
    »Ja.«
    »Laß in Zukunft die Finger von Gouza. Du bist ein zu wertvoller Mensch, um dich mit solchem Gesocks einzulassen.«
    Sie öffnete und schloß automatisch die unverletzte Hand. Die Knöchel waren weiß und zeichneten sich hart wie eine Rolle Münzen unter der Haut ab.
    »Du hast mich gemocht, oder?« sagte sie.
    »Was?«
    »Bevor du damals nach Vietnam gingst. Da hast du mich doch gemocht, oder?«
    »Weil es Frauen wie dich gibt, wünschte ich, ich könnte mehr als nur ein Mensch sein und hätte mehr als nur ein Leben, Drew.«
    Ich sah, wie das Sonnenlicht in ihren Augen Funken sprühte.
    Noch vor wenigen Minuten hatte sie mich gefragt, auf welcher Seite ich eigentlich stünde. Jetzt glaubte ich die Antwort zu wissen. Ich diente einer riesigen, anonymen, gefühllosen Behörde, die mit allen Mitteln dazu entschlossen schien, den Schwachen und Kleinen das Leben noch mehr zur Hölle zu machen, während sich gleichzeitig die großen Tiere mit dem dicken Geldbeutel und der langen Puste gegenseitig in ihren Villen zuprosteten.
    Abends rief der Sheriff bei mir zu Hause an, um mir zu sagen, daß sie Joey Gouza wieder aus dem Krankenhaus zurück in seine Zelle brachten. Er sagte mir auch, daß das Büro der Staatsanwaltschaft in Anbetracht des Beweismaterials, das ich auf Drew Sonniers Grund und Boden gefunden hatte, höchstwahrscheinlich morgen früh die Anklage gegen Gouza fallenlassen würde.
    Die Sonne schien gelb und dunstig durch die moosüberwucherten Eichen, die ein Blätterdach über der Straße bildeten, und die Bürgersteige waren noch feucht vom Morgentau, als ich früh am nächsten Morgen zum Gefängnis auf der East Main Street kam. Ich behielt mein Seersucker-Jackett an, als ich das Gebäude betrat, und verschwand kurz auf der Herrentoilette. Ich nahm die .45er aus dem Holster, zog das Magazin heraus, warf die Patrone aus, die bereits in der Kammer war, und steckte Pistole und Magazin hinten unter der Jacke in den Gürtel. Dann löste ich das Pistolenholster von meinem Gürtel und steckte es in die Jackentasche.
    Es dauerte etwas, bis der Wärter die Gittertür zu dem Zellentrakt geöffnet hatte, in dem Joey Gouza untergebracht war.
    »Was ist mit deiner Waffe, Dave?« fragte er.
    »Hab’ ich vorne gelassen.«
    »Ich hab’ gehört, er wird wieder entlassen. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Wie zum Teufel konnte das passieren?«
    »Lange Geschichte.«
    »Der Schweinehund ißt gerade weiche Eier zum Frühstück. Das schlägt doch dem Faß den Boden aus. Weiche Eier für so ein Stück Scheiße wie den.«
    Er öffnete die Tür, dann ging er mit mir den Korridor hinunter zu Gouzas Zelle, die er aufschloß.
    »Du bist dir wirklich sicher, daß du zu ihm da rein willst?« fragte er. »Er geht nicht duschen. Er hat Angst, daß ihn einer absticht, wenn er auch nur einen Fuß aus der Zelle setzt.«
    »Schon okay. Ich rufe, wenn ich wieder raus will«, sagte ich.
    Der Wärter schloß die Tür hinter mir und verzog sich. Gouza lag auf der Pritsche. Er trug nur seine Jockey-Shorts. Ein Streifen dunklen Haars zog sich von seinem Nabel bis zum Brustbein. Eine leere Schale mit Eigelbresten und ein Papierkorb, der bis oben hin mit zerfetztem und fleckigem Zeitungspapier gefüllt war, standen neben der Pritsche auf dem Fußboden. Sein Gesicht war genauso bleich, wie es im Krankenhaus gewesen war. Die schwarzen Augen, die keine Lider zu haben schienen, musterten mich, als ich mir den einzigen Stuhl in der Zelle herbeizog und darauf Platz nahm.
    »Man wird Sie freilassen«, sagte ich.
    »Yeah. Ich schulde Ihnen

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