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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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selbst wenn es mir gelungen wäre, Ihnen einen kleinen Schreck einzujagen, davon ließen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen. Sie nicht.« Ich blinzelte ihm zu. »Das würde Sie erst recht in Fahrt bringen, stimmt’s, oder hab’ ich recht?«
    Schweiß trat auf sein aschgraues Gesicht.
    »Sie sind irre, Mann«, sagte er. »Hören Sie auf damit. Bleiben Sie mir vom Leib.«
    Ich zog das Magazin aus dem Gürtel und legte es auch auf den Oberschenkel. Die Hohlmantelgeschosse drückten kompakt gegen die Feder. Ich strich beiläufig mit dem Daumen über die oberste Patrone. Die Finger meiner beiden Hände hinterließen feine, zarte Abdrücke in der dünnen Ölschicht auf den Stahloberflächen der Pistole und des Magazins. Er atmete laut durch die Nase, und unter seinen Achseln drang ein Geruch hervor, den ich wohl kannte. Angst.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, waren Sie nicht bei der Armee, stimmt’s?« sagte ich.
    »Was tut das jetzt zur Sache?«
    »Haben Sie schon mal jemanden aus nächster Nähe getötet?«
    Er gab keine Antwort. Seine Augen wanderten von meinen Händen zu meinem Gesicht und wieder zurück zu meinen Händen. Ich steckte das Magazin in den Griff, zog den Schlitten zurück und hebelte ein Hohlmantelgeschoß in die Kammer.
    »Aber Sie kriegen Ihre Chance«, sagte ich.
    »Was?«
    »Sie kriegen die Chance, mich zu töten. Jetzt hier in dieser Zelle. Ich habe den Wärter belogen und ihm gesagt, daß ich meine Waffe abgegeben hätte. Alle werden Ihnen glauben, wenn Sie behaupten, ich hätte versucht, Sie umzubringen und Sie hätten mir die Waffe abgenommen und mich erschossen.«
    »Da spiel’ ich nicht mit.«
    »O doch.«
    »Wo ist der Wärter?«
    »Das ist einzig eine Sache zwischen uns beiden, Joey. Hier«, sagte ich und legte die .45er neben seinen Arm auf die gestreifte Matratze.
    Seine Hände zitterten. Ein Schweißtropfen fiel von seiner Kinnspitze.
    »Die faß ich nicht an«, sagte er.
    »Sie haben nur diese eine Chance. Wenn Sie jemanden nach Iberia Parish schicken, um offene Rechnungen zu begleichen, stehe ich zwei Stunden später bei Ihnen auf der Matte. Und unter schwarzer Flagge, Joey. Kein Durchsuchungsbefehl, keine Regeln, nur Sie und ich und vielleicht noch Clete Purcel als Dreingabe. Nehmen Sie jetzt die Waffe oder nicht?«
    Er preßte eine Hand gegen seinen nackten Bauch und wurde von einem Krampf geschüttelt, der ihn die Augen schließen und das Gesicht verziehen ließ.
    »Hören Sie auf mit der Scheiße. Hören Sie verdammt noch mal auf damit«, sagte er heiser.
    Ich streckte die Hand aus und nahm die .45er wieder an mich und brachte den Abzugshahn wieder in die Ausgangsposition zurück. Ich gab mir alle Mühe zu verbergen, wie tief ich durchatmete.
    Er streckte den Kopf über den Rand der Pritsche und erbrach sich in den Papierkorb. Das Haar auf seinen nackten Schultern war schweißnaß. Ich machte im Waschbecken ein paar Papiertücher naß und gab sie ihm.
    »Alle Rechnungen, die Sie noch mit den Sonniers offen haben, sind hiermit hinfällig, Joey«, sagte ich. »Sind wir uns da einig?«
    Er setzte sich auf der Pritsche auf und nahm die zusammengeknüllten Papiertücher vom Mund.
    »Ich geb’ Ihnen, was Sie wollen«, sagte er.
    »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
    »Ich geb’ Ihnen den Typ, hinter dem Sie her sind. Sie kriegen ihn.«
    »Welchen Typ?«
    »Ich liefere ihn Ihnen. Fertig verpackt. Sie kriegen ihn.«
    »›Fertig verpackt‹? Was meinen Sie damit?«
    »Jetzt stellen Sie sich nicht so blöd. Sie wissen genau, was ich meine.«
    »Irgendwie ziehen Sie hier die falschen Schlüsse. Sie stellen hier keine Bedingungen, und Sie erledigen nicht unseren Job für uns.«
    »Sie haben einen toten Cop. Das ist Ihre offene Rechnung. Und die wird beglichen. Und jetzt hören Sie endlich auf, mir die Hölle heiß zu machen.«
    Er hielt den Kopf über den Papierkorb, eine zitternde Hand an die Schläfe gepreßt. Sein langer Hals war gebeugt wie der eines Schwans.
    »Sie können hier nicht einfach raus, wenn Sie die Sache so falsch auffassen, Joey. Verstehen Sie mich? Hier geht’s nicht um irgendwelchen Tauschhandel. Hören Sie mir überhaupt zu? Schauen Sie mich an.«
    Aber er starrte weiter auf einen Punkt zwischen seinen Beinen, die Augen glasig und trüb, nach innen gekehrt, auf seinen eigenen Schmerz konzentriert.
    Am selben Abend – elf Stunden, nachdem Joey Gouza wieder auf freien Fuß gesetzt worden war – versuchte jemand, Weldon Sonnier in seinem Bootshaus mit einer

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