Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
war aus Milchglas, und darauf standen die Worte DETEKTIVAGENTUR CLETUS PURCEL.
Damals im First District war er mein Partner gewesen und außerdem einer der besten Cops, die ich kannte. Sein Ruf bei dem ganzen Gesocks, das die Straßen unsicher machte, den Mafiosi, den gemeingefährlichen Psychopathen, sogar bei den Berufskillern aus Houston und Miami war legendär, sogar nach den Maßstäben der gewiß nicht zimperlichen Polizei von New Orleans. Hartgesottene Gangster, denen die Drohung einer zehnjährigen Zuchthausstrafe nur ein müdes Lächeln entlockte, schluckten schwer und besannen sich eines anderen, wenn sie erfuhren, daß Clete sich für sie interessierte. Einmal hatte ein frisch aus Parchman entlassener Sträfling – ein Mann, der der eigenen Frau mit dem Luftgewehr ein Auge ausgeschossen hatte und den ich in einem schäbigen Puff am Airline Highway verhaftet hatte – angekündigt, er würde nach New Orleans zurückkehren, um mit dem Cop abzurechnen, der ihn in die Scheiße geritten hatte. Clete fing ihn am Greyhound-Busbahnhof ab, schleifte ihn in die öffentliche Toilette und kippte ihm einen Container Flüssigseife in den Mund. Das war das letzte, was wir von ihm hörten.
Aber seine Ehe ging in die Brüche, und schließlich geriet er immer mehr in die Fänge von Whiskey, Prostituierten und Kredithaien, bis er häppchenweise den finsteren Mächten und Typen gefällig war, die er sein ganzes Leben lang mit solcher Inbrunst gehaßt hatte. Schließlich nahm er zehntausend Dollar für den Mord an einem Zeugen des FBI und konnte gerade noch die Kurve nach Guatemala kratzen, ganze drei Minuten, bevor seine damaligen Kollegen mit einem Haftbefehl wegen Mordes zum Flugsteig stürmten. Die Mordanklage wurde später fallengelassen, und er wurde der Leiter des Sicherheitsdienstes zweier Casinos in Las Vegas und Reno und darüber hinaus der persönliche Leibwächter eines Mafioso aus Galveston, der Sally Dio hieß. Ich hatte Clete schon abgeschrieben, ihn abgestempelt als jämmerlichen Schatten des Freundes, den ich einst gehabt hatte, aber ich sollte erfahren, daß Loyalität und Mut weit tiefer in seinem Charakter verwurzelt waren als seine temporären persönlichen Probleme. Der Mafia sagte er mit einem großen Tusch adieu: Das Privatflugzeug von Sally Dio zerschellte an einem Berggipfel im westlichen Montana. Die Überreste von Sally Dio und seiner Entourage mußten mit feinen Rechen aus dem Geäst gekratzt werden. Der Luftfahrtbehörde zufolge gab es Indizien dafür, daß jemand Sand in den Flugzeugtank gekippt hatte.
»Na, Alter, wie geht’s denn immer so?« sagte er hinter seinem Schreibtisch, als ich die Tür zu seinem Büro öffnete.
Er trug ein buntes Streifenhemd, das unter dem Druck seiner riesigen Schultern gleich zu platzen schien, eine lose gebundene Krawatte, einen blauschwarzen Revolver Kaliber .38 in einem Schulterhalfter aus Nylon und einen ultramarinblauen Porkpie-Hut, den er tief in die Stirn gezogen hatte. Seine Augen waren grün und intelligent, das Haar sandblond, und sein Gesicht war wegen seines Körpergewichts und des zu hohen Blutdrucks immer leicht gerötet. Eine Narbe von der Konsistenz und Farbe eines Fahrradflickens verlief schräg nach unten durch die Augenbraue und quer über den Nasenrücken – ein Schlag mit einem Bleirohr, als er noch sehr jung war.
Ich hatte ihn angerufen und ihm von meinen Problemen mit dem Sonnier-Fall erzählt.
»Wie ist’s so unten auf dem Revier gelaufen?« sagte er.
»In der Kartei hab’ ich keinen von denen gefunden. Und geholfen hat mir auch keiner. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß ich für die bloß ein Tourist aus der Provinz bin.«
»Machen wir uns nichts vor, Alter. Die sind nicht gerade in Tränen ausgebrochen, als wir beide den Kram hingeschmissen haben.«
»Wie gefällt’s dir denn so als Privatdetektiv?« Ich nahm ihm gegenüber Platz in einem Freischwinger aus Bast und Leder. Stierkampfplakate, Weinschläuche und buntgeschmückte Banderillas zierten die Büro wände. Durch das rückwärtige Fenster konnte ich in den Hof hinausblicken, wo Cletes Hanteln und die Gewichtheberbank neben einem steinernen Springbrunnen standen, aus dem oben Wasser plätscherte.
»Ganz gut«, sagte er. »Na ja, vielleicht sollte ich besser sagen, easy. Man wird nicht reich dabei, aber die Konkurrenz ist nicht gerade allererste Sahne. Du weißt schon, Ex-Cops, die so blöd sind, daß es stinkt, bodybuilding-verrückte Rednecks aus
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