Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
graugestreiften Zweireiher, und sein Seidenhemd war an der Brust offen.
»Aber klar doch«, sagte Clete und löste seinen Griff. Das Gesicht des Torwächters war puterrot vor Zorn, bis auf zwei diagonale Linien, wo sich die Eisenstäbe des Gitters ins Fleisch gedrückt hatten.
»Irgendwelche Schwierigkeiten?« sagte der Mann mit dem Anzug.
»Keine Schwierigkeiten, Mr. Earl. Wir wollen nur ein paar Minuten Ihrer Zeit. Ihr Mann hier hat das wohl nicht sehr klar rübergebracht«, sagte Clete.
»Ich bin Detective Robicheaux vom Büro des Sheriffs von Iberia Parish«, sagte ich und klappte in der Hand die Polizeimarke auf. »Bitte, entschuldigen Sie, daß ich zu so später Stunde hier hereinplatze, aber ich bin nur heute in der Stadt. Ich würde gerne mit Ihnen über Mr. Raintree reden.«
»Mr. Raintree? Ja. Nun, ich habe Gäste zum Abendessen, aber ...« Sein dichtes braunes Haar war modisch frisiert und reichte ihm bis etwas über den Kragen, was ihn etwas weniger geleckt und lockerer aussehen ließ. Er hatte feinporige Haut, das Kinn war sauber rasiert, und sein Lächeln war ungezwungen und freundlich. Das einzige an ihm, das etwas seltsam war, war das rechte Auge, dessen Pupille größer war als die andere. Es wirkte, als trüge er ein Monokel. »Nun, ein oder zwei Minuten sollten sich ja wohl machen lassen. Warum nehmen sie nicht vorne am Pool Platz? Ich bin mir zwar nicht sicher, inwieweit ich Ihnen helfen kann, aber ich werde mein Bestes tun.«
»Danke für Ihre Zeit, Sir«, sagte ich und folgte ihm die Einfahrt hoch.
»Hey, Lefty, das hab’ ich glatt vergessen«, sagte Clete und zwinkerte dem Torwächter zu. »Wie ich hörte, haben sie dich in deiner aktiven Zeit so oft es ging nur gegen Behinderte boxen lassen.«
Wir setzten uns auf leinenbespannte Gartenstühle an einen Swimmingpool, der die Konturen eines Kreuzes hatte. Die Unterwasserbeleuchtung war eingeschaltet, und auf der türkisen Oberfläche schimmerte ein dünner Film, wohl von Sonnenöl. Auf der Steinplattenterrasse stand ein Tisch mit schwerer Leinendecke und Kerzenleuchtern, auf dem für zwei gedeckt war. Bobby Earl ging zum Seiteneingang und sprach mit seinem Chauffeur, der sich umgezogen hatte und jetzt eine weiße Butlerjacke trug. Dann kam eine junge blonde Frau in einem rosa Badeanzug, Frotteebademantel und hochhackigen Schuhen zur Tür heraus und redete verärgert auf Bobby Earl ein. Er stand mit dem Rücken zu uns, aber ich konnte doch sehen, wie er die langen, schlanken Hände in einer besänftigenden Geste hob. Dann knallte sie die Fliegentür zu und verschwand wieder im Inneren des Hauses.
»Ich hab’ dir doch gesagt, das ist ein Schürzenjäger«, sagte Clete.
»Clete, jetzt mach bitte mal halblang. Ohne Scheiß.«
»Mensch, Alter, ich bin doch völlig friedlich. Sanft wie ein Lamm. Keine Panik. Hey, da ist noch was, was ich ausgelassen hab’ über unseren Freund da am Tor. Er hat für Joey Gouza und die Giacano-Familie Koks transportiert. Irgendwie komisch, was er hier draußen bei der großen weißen Hoffnung zu suchen hat.«
»Um den kümmern wir uns später. In der Zwischenzeit wäre ich dir dankbar, wenn du damit aufhören würdest, am Käfig zu rasseln.«
»Du hast einfach keinen Humor, Streak. Dem Drecksack geht der Arsch auf Grundeis. Achte mal auf seinen Mundwinkel. Dem mußt du jetzt und hier Feuer machen.«
Bobby Earl kam wieder an den Pool, dicht gefolgt von seinem Butler. Der Butler stellte eine Schale mit Crawfish-Popcorn auf einen Klapptisch zwischen mir und Clete.
»Wünschen die Gentlemen etwas zu trinken?« sagte er. Er hatte ein flaches, ausdrucksloses Gesicht mit einer kleinen Nase, eng beieinander liegenden Augen und einem Kinnbart.
»Für mich nichts, danke«, sagte ich.
»Wie wär’s mit einem doppelten Jack Daniels, ohne Eis, mit einem 7 Up, damit’s besser flutscht?« sagte Clete.
»Für mich einen Wodka Collins, Ralph«, sagte Bobby Earl. Er nahm uns gegenüber Platz und schlug ein Bein über das andere. Ich musterte das attraktive Gesicht und versuchte es in Einklang zu bringen mit einem Zeitungsbild aus den siebziger Jahren, das ich gesehen hatte. Es zeigte ihn in der seidenen Robe des Ku-Klux-Klan, und er war damals der Imperial Wizard der Louisiana Grand Knights of the Invisible Empire gewesen, was in etwa dem Landesvorsitzenden entspricht.
»Arbeitet Mr. Raintree für Sie?« fragte ich. Ich schlug einen kleinen Notizblock auf und machte mit dem Daumen den Kugelschreiber
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