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Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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keinen Abschiedsbrief.« Er sah sie gütig an und sagte: »Es ist nun mal so, dass jemand in einem solchen Zustand selbst nicht weiß, was ihn zu dieser Tat treibt. In solchen Fällen sind wir als Hinterbliebene dazu verdammt, das Unfassbare zu akzeptieren.«
    Es war eine hübsche Ansprache, aber er hätte auch ihren Kopf tätscheln können, so altväterlich hörte er sich an. Er war ein alteingesessenes Mitglied des »Good Ol’ Boys Club«, und sie mochte zwar Hoyle’sches Blut in den Adern haben, aber sie war trotzdem nur eine Frau.
    »Was ist mit den Anglern, die den Toten entdeckt haben?«
    »Die stehen nicht unter Verdacht, falls Sie andeuten wollen, dass an der Sache was faul sein könnte. Sie waren mit ihren Frauen unterwegs, und die Damen waren zutiefst erschüttert über das, was sie in der Hütte gesehen haben, glauben Sie mir. Wir haben keinen Grund zu der Annahme, dass sie irgendwas anderes waren als zufällige Zeugen, die noch dazu verfluchtes Pech hatten.«
    »Erzählen Sie mir von Gene Iverson«, sagte sie.
    »Hä?«
    Der abrupte Themenwechsel war durchaus beabsichtigt. Sie hatte feststellen wollen, wie der Sheriff auf diesen Namen reagierte, und er hatte eindeutig reagiert. Sein Gesicht war aschfahl geworden.
    »Ich war heute früh in der Bücherei und habe mich ans Lesegerät gesetzt«, sagte sie. »Und weil die Artikel in unserer örtlichen Zeitung lächerlich einseitig und unvollständig waren, habe ich alles gelesen, was in der Times-Picayune über Iversons Verschwinden, Chris’ Verhaftung und die Verhandlung geschrieben wurde.«
    Seither war sie mit den Fakten hinsichtlich der Mordanklage gegen ihren Bruder vertraut. Eugene Iverson war ein Angestellter von Hoyle Enterprises gewesen. Praktisch vom ersten Arbeitstag an hatte er sich dafür eingesetzt, die Arbeiter in der Gießerei gewerkschaftlich zu organisieren. Obwohl er sich bei der Arbeit keinen Fehler zuschulden kommen ließ, provozierte er die Geschäftsleitung, indem er andere unzufriedene Arbeiter um sich scharte.
    Schließlich drohte er, einen Streik zu organisieren, falls die Arbeitsbedingungen nicht verbessert und nicht solche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt und durchgesetzt würden, die von der Arbeitssicherheitsbehörde vorgeschrieben waren.
    Die Streikdrohung rief die firmentreuen – oder von Hoyle mundtot gemachten – Arbeiter auf den Plan. Viele Angestellten hielten nichts von einer gewerkschaftlichen Bevormundung oder gar einer Zwangsmitgliedschaft. Die Meinungsverschiedenheiten erzeugten Spannungen innerhalb des Werkes, die zuletzt die Produktivität beeinträchtigten.
    Huff hatte kein Interesse daran, dass seine Firma in die Schlagzeilen geriet, die Arbeitssicherheitsbehörde hellhörig wurde und dass die Gewerkschaft sich in seinem Unternehmen breitmachte, und arrangierte darum ein Treffen zwischen Iverson und der Geschäftsleitung, um festzustellen, ob man sich nicht arrangieren konnte.
    Iverson jedoch lehnte die lausigen Zugeständnisse, die Huff machte, kategorisch ab. Er wollte sich nicht mit einer lächerlichen Gehaltserhöhung und leeren Versprechungen abspeisen lassen. Er schwor, seine Bemühungen fortzusetzen, bis Hoyle Enterprises ein gewerkschaftlich organisiertes Unternehmen wäre.
    Iverson verließ das Treffen und wurde nie mehr gesehen.
    »Nachdem Iverson aus dem Raum gestürmt war, machte mein Bruder eine Bemerkung, dass er den Anstifter noch zum Schweigen bringen würde«, sagte Sayre.
    »Das wurde während der Verhandlung von den Männern bezeugt, die damals dabei waren. Unter McGraws Kreuzverhör haben sie aber auch ausgesagt, dass Chris es eher ironisch gemeint hat.« Red grinste humorlos. »Außerdem wurde damals angeführt, dass man es kaum vor versammelter Runde ankündigen würde, falls man wirklich plante, jemanden umzubringen.«
    »Vielleicht schon, wenn man Hoyle heißt.«
    Sheriff Harper sah sie tadelnd an.
    Sayre ließ nicht locker. »Iverson hat meine Familie für die vielen Arbeitsunfälle in der Gießerei verantwortlich gemacht.«
    »Sie wurden dafür ja auch zur Verantwortung gezogen.«
    Jetzt war es an Sayre, ihn tadelnd anzusehen. »Das ist doch ein Witz. Falls sie dabei erwischt werden, dass sie Sicherheitsbestimmungen missachtet haben und dadurch jemand in Mitleidenschaft gezogen oder gar getötet wurde, was meines Wissens schon zweimal vorgekommen ist, wird Hoyle Enterprises zu einer lächerlichen Geldstrafe verurteilt, die als laufende Geschäftskosten verbucht wird. Das Management

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