Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast
Ricotta, man könnte wirklich glauben, du seist soeben der West Side Story entsprungen.« Er begann eine Pseudotanznummer und schmetterte dazu den altbekannten Broadway-Song. »Tonight, tonight, I’ll see my love tonight.«
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ein winziges zwar, aber immerhin.
Da klingelte plötzlich Sadies Handy. Sie kramte in ihrer braunen Umhängetasche von Esprit, die sie letztes Jahr mit mir auf einer unserer Shoppingtouren gekauft hatte. »Ein bisschen altmodisch, was, Sadistin?«, sagte ich.
Patrick hob eine Augenbraue. »Ich sehe nur eine Sadistin hier, und das ist definitiv nicht sie.«
Sadie holte ihr iPhone heraus. »Hallo, Schatz. Was gibt’s?«
SCHATZ?
Nervtötende Stille.
»Ja, ich mach nur ein paar Besorgungen.«
Oh. Dann bin ich jetzt also eine Besorgung, hm?
Ganz ruhig, kleine Raubkatze. Patrick hatte offenbar Angst, ich könnte jeden Moment in Flammen aufgehen.
»Sicher.« Sadie warf über die Schulter einen Blick zum Eingangstor des Friedhofs. »Das klingt gut. Ich bin mit dem Auto meiner Mom unterwegs. In fünfzehn Minuten bin ich bei dir.«
»Ooh, ein geheimes Rendezvous«, sagte Patrick. »Das sind mir die Liebsten.«
Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Ich hatte geplant, nach dem Besuch an meinem Grab direkt zu Jakob zu gehen. Aber das hier war die zweitbeste Lösung. Nein, es war sogar noch besser.
Sie zusammen zu erwischen.
»Mann, bist du vielleicht verdreht, Mädel.« Patrick schüttelte den Kopf. »Unglaublich.«
Sadie legte die Blumen auf mein Grab. Als ob sie damit alles wieder gutmachen könnte, was ich durchgemacht hatte.
Nun, ich hatte eine Nachricht für Sadie Russo.
Ich mochte vielleicht untergegangen sein. Aber jetzt würde sie mit mir untergehen.
24
losing my religion
Wir fuhren zehn Minuten auf dem Rücksitz des Jettas von Sadies Mom.
»Du bist ein bisschen schnell, findest du nicht, Russo?« Ich warf einen Blick auf den Tacho. »Scheint so, als würdest du in letzter Zeit gegen jedes Gesetz verstoßen, oder?«
»Es ist nicht wirklich illegal, deiner besten Freundin den Freund auszuspannen.« Patrick warf mir einen strengen Blick zu.
»Vielleicht nicht«, antwortete ich. »Aber das sollte es sein.«
Wir fuhren an dem Fischlokal Sam’s Chowder House und der Brauereigesellschaft von Half Moon Bay vorbei. Dann an der Artischockenfarm und Frenchman’s Creek.
»Die Stadt hat sich in den letzten siebenundzwanzig Jahren nicht wesentlich verändert, stimmt’s?«, meinte Patrick.
Mir blieb der Mund offen stehen. »Moment mal, wie war das? Du bist auch von hier?«
Er gab ein lautes Stöhnen von sich. »Ist das wirklich dein Ernst, junge Dame? O Mann, erinnere mich daran, nicht dich zu beauftragen, falls ich mal einen Privatdetektiv brauche. Was hast du denn gedacht? Dass ich für alle Ewigkeiten im Slice rumhänge, nur weil dort die Pizza so gut schmeckt?«
»Ich, na ja, ich …«, stammelte ich verlegen. Patrick hatte recht. Ich hatte keine Ahnung, dass wir aus der gleichen Stadt kamen. Wie hatte ich nur vergessen können, diese doch sehr entscheidende Information herauszufinden? »Tut mir leid«, sagte ich. »Ich bin ein Idiot.«
Er stieß mich leicht mit dem Ellenbogen in die Seite. »Kauf mir ein Softeis, und wir sind quitt.«
»Ein Softeis? Wo?« Ich schaute aus dem Fenster und sah, dass Sadie den Highway verlassen hatte und soeben auf den Parkplatz eines McDonald’s-Restaurants einbog.
»Mm«, sagte Patrick und sog genüsslich den Duft von Burgern und Pommes ein. »Es ist schon viel zu lange her, dass ich das Original gegessen habe.«
»Wie alt warst du?«, fragte ich. »Ich meine, als du …«
»Als ich gestorben bin?«, sagte er. »Siebzehn. Na ja, fast achtzehn.«
»Willst du damit sagen, dass ich die ganze Zeit schon mit einem Fünfundvierzigjährigen rumhänge?«, kicherte ich. »Meine Mom würde mich umbringen . «
Er lächelte. »Zumindest benehme ich mich nicht meinem Alter entsprechend.«
Das Geräusch einer Autotür auf dem Parkplatz ließ uns aufschauen. Wir sprangen rasch aus dem Auto, bevor Sadie die Türen verriegelte, und ich wappnete mich für das, was nun kommen würde. Gleich würde ich Jakobs dunkelgrünen Saab sehen, dem ich den Spitznamen Wasabi gegeben hatte.
Und ich würde ihn sehen. Und sie. Zusammen.
Volltreffer.
Ich war mir nicht sicher, wie ich es aushalten würde. Letztes Mal war ich daran beinahe zugrunde gegangen. Sechs Monate waren keine sehr lange Zeit. Ich hoffte, ich würde dem
Weitere Kostenlose Bücher