Weit Gegangen: Roman (German Edition)
Knistern im Gras scheuchte mich aus meinem Baumstamm, und ich rannte weiter. Aber ich war zu laut. Während ich durchs Gras rannte, kam es mir vor, als forderte ich die Welt förmlich auf, mich zur Kenntnis zu nehmen, mich zu verschlingen. Ich versuchte, meine Füße leichter zu machen, konnte aber nicht sehen, wohin ich trat. Alles war schwarz, in jener Nacht schien kein Mond, und ich lief mit vor mir ausgestreckten Armen weiter.
Michael, du weißt nicht, was Dunkelheit ist, solange du nicht die Dunkelheit des Südsudan erlebt hast. Es gibt keine Städte in der Ferne, es gibt keine Straßenlampen, es gibt keine Straßen. Ohne Mondlicht hältst du dich selbst zum Narren. Du siehst Formen vor dir, die gar nicht da sind. Du willst glauben, dass du etwas siehst, aber du siehst nichts.
Nachdem ich stundenlang durch den Busch gestürzt war, sah ich in der Ferne orangenes Licht, ein Feuer. Ich kroch und schlängelte darauf zu. Ich war jetzt völlig erledigt. Ich blutete am ganzen Körper und hatte beschlossen, dass ich mich gefangen nehmen lassen würde, falls es ein Feuer der Baggara war. Ich würde gefesselt und in den Norden verschleppt worden, und es kümmerte mich nicht mehr. Das Dickicht unter mir wurde licht, und schon bald befand ich mich auf einem Pfad. Ich erhob mich zur vollen Gestalt eines Menschen und lief auf die orangefarbenen Flammen zu. Meine Kehle rasselte, und meine Rippen taten weh, und meine Füße schrien vor Schmerz von Dornen und dem harten Boden unter meinen Knochen. Ich lief leise, dankbar für das Schweigen der festen Erde unter den Füßen, und das Feuer kam näher. Ich hatte seit dem Morgen nichts mehr getrunken, aber ich wusste, dass ich um Wasser bitten konnte, wenn ich erst das Feuer erreicht hatte. Ich wurde langsamer, bis ich nur noch ging, aber mein Atem war so laut, dass ich die Geräusche von Peitschen und Lederriemen und Männern nicht hörte. Ich war so nah, dass ich den modrigen Geruch ihrer Kamele riechen konnte. Diese Männer waren nah beim Feuer, aber getrennt von denjenigen, die das Feuer in Gang hielten.
Ich duckte mich und hörte ihre Stimmen, ihre auf Arabisch gesprochenen Worte. Ich fiel auf die Knie und schob mich vorsichtig den Pfad entlang, wollte das Feuer finden, ehe die Stimmen mich fanden. Doch bald wusste ich, dass die Stimmen den Hütern des Feuers gehörten. Die Stimmen waren so nah am Feuer, dass das Feuer ein Murahilin-Feuer sein musste.
– Ist da wer?, fragte eine Stimme. Sie war so nah, dass ich zusammenzuckte.
Direkt über mir bewegte sich etwas, und jetzt konnte ich sie sehen, zwei Männer auf Kamelen. Die Tiere waren riesig, verdunkelten die Sterne. Die Männer trugen Weiß, und auf dem Rücken eines Mannes sah ich die scharfen Umrisse eines Gewehrs. Ich hielt die Luft an, machte aus mir eine Schlange und kroch rückwärts weg vom Pfad.
– Ist das ein Dinka-Junge?, sagte eine Stimme.
Ich lauschte, und die Männer lauschten.
– Ein Dinka-Junge oder ein Hase?, fragte dieselbe Stimme.
Ich schlich weiter weg, Zentimeter um Zentimeter, und meine Füße ertasteten den Weg hinter mir, bis sie gegen einen Stapel Stöcke stießen, die geräuschvoll in Bewegung kamen.
– Warte!, zischte einer.
Ich verharrte, und die Männer lauschten. Ich blieb auf dem Bauch liegen, mucksmäuschenstill, atmete in die Erde. Auch die Männer konnten ganz still sein. Sie warteten und lauschten, und ihre Kamele warteten und lauschten. Tage-und nächtelang herrschte vollkommene Stille.
– Dinka-Junge!
Der Mann sprach jetzt Dinka.
– Dinka-Junge, komm raus und trink einen Schluck Wasser.
Ich hielt den Atem an.
– Oder ist es ein Dinka-Mädchen?, sagte der andere.
– Komm raus und trink was, sagte der Erste.
Ich blieb noch einige Tage und Nächte dort, so kam es mir vor, ohne mich zu bewegen. Ich lag da, beobachtete die Silhouetten der Männer und ihrer Kamele. Eines der Kamele erleichterte sich auf dem Pfad, woraufhin die Männer wieder etwas sagten, diesmal auf Arabisch. Kurz darauf setzten sie sich in Bewegung. Sie bewegten sich langsam den Pfad hinunter, und ich rührte mich nicht. Nach ein paar Schritten blieben die Männer stehen. Sie hatten gedacht, ich würde mich bewegen, wenn sie sich bewegten, aber ich blieb weiter auf dem Bauch liegen, hielt die Luft an und presste das Gesicht in die Erde.
Endlich ritten sie davon.
Aber die Nacht wollte nicht enden.
Mir war klar, dass ich den Pfad verlassen musste, der jetzt ein Baggara-Pfad war. Ich lief weg vom Pfad,
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