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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
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einer langen Dürreperiode einen Garten anzulegen ist ein fruchtloses Unterfangen. Nicht weil es an Wasser fehlen würde. Zur Not könnten wir Wasser aus dem »Bore« verwenden. Aber kaum beginnen die Salate zu sprießen, die Karotten, der Spinat, sind die Blätter weg. Die Kängurus haben fast jede natürliche Angst vor den Menschen verloren. Rambo ist allerdings nur so mutig, weil er keine andere Wahl hat: Er ist am Verhungern. Das Gras in der ganzen Gegend ist fast weg. Was noch steht, ist knochentrocken.
    So sind wir wieder einmal am Zäunen. Ein Dutzend Starpickets in den Boden, daran kommt ein gutes Drahtgeflecht. Ein Garten wie Fort Knox. Vier Tage später ist Rambo wieder da. Er muss sich nicht einmal anstrengen, um über das eineinhalb Meter hohe Gitter zu springen. Er streckt einfach seine Beine, und schon ist er drüber. Diesmal hat er seinen Harem mitgebracht. Fünf Känguruweibchen fressen, was noch zu fressen war. Wir geben auf. Unser Traum von Selbstversorgung mit Gemüse und Salat ist vorerst gescheitert. Das Gemüse kommt weiter aus dem Supermarkt. Bis endlich der Regen kommt.
    Falls er je kommt.
    Jackie hatte mich gewarnt. »Es sieht ganz übel aus«, meinte sie. Die Wissenschaftlerin an der Uni hatte TGG gebeten, an einer Studie teilzunehmen, als Versuchskaninchen. Über Jahre hatten Klimatologen und Meteorologen und andere Wissenschaftler Tausende von Daten und Statistiken ausgewertet und Szenarien ausgearbeitet. Das Ergebnis war eine Prognose, in der die Folgen des Klimawandels für die Region Greentown aufgezeichnet wird. »Ihr seid die Testpersonen«, sagte Jackie, »wir wollen sehen, wie die Leute auf solche Erkenntnisse reagieren.«
    Eine Studentin projizierte Tabellen und Tafeln an die Wand, die sie in ihrem Laptop gespeichert hatte. Wir saßen da, sprachlos, zunehmend erschüttert. In 50 Jahren, so die Wissenschaftler, würden in Greentown Temperaturen und ein Klima herrschen, wie sie heute im isolierten Outback von Queensland normal seien. »Sie müssen sich ein Klima vorstellen wie am Rand der Wüste«, meinte sie. Mit einem deutlichen Anstieg der Durchschnittstemperaturen würden verstärkt Dürreperioden kommen, sagt die junge Forscherin. Nicht Mutmaßungen, sondern Fakten. »Nichts wird das Leben, die Wirtschaft, den sozialen Zusammenhalt in den kommenden Jahren derart beeinflussen wie die Veränderung des Klimas«, sagte die Frau. Gerade für die Landwirtschaft seien die Folgen dramatisch, ja katastrophal. Reduzierte Ernten, Wassermangel, neue Krankheiten. Die Wollindustrie werde untergehen, denn Schafe mögen keine hohen Temperaturen. Wenn es zu heiß ist, sterben die Föten im Bauch der Muttertiere ab. Tödlich auch die Konsequenzen für die Menschen: Eine Erhöhung der Durchschnittstemperaturen von nur zwei Grad werde zu einem dramatischen Anstieg der durch Hitze verursachten Sterbefälle führen, so die Studie. Und zwei Grad, das sei eine konservative Schätzung, meinte die Frau. »In hundert Jahren sind vier Grad wahrscheinlicher.«
    Australien stehe vor einer fundamentalen Veränderung des Klimas – in allen Regionen des Landes, meinte sie. Generell gelte, dass der Süden in den kommenden Jahrzehnten deutlich trockener werde. »Sie haben weniger Niederschläge hier, dafür wird es im tropischen Norden mehr regnen«, erklärte sie. »Wenn es hier aber regnet, dann richtig. Sturmartig. Wirbelstürme, Überflutungen. Und dann, in der nächsten Dürre, gibt es Waldbrände. Diese sogenannten ›Jahrhundertbrände‹, die werden Sie künftig alle paar Jahre sehen«, warnte die Wissenschaftlerin. »Bereiten Sie sich auf das Schlimmste vor.«
    Doch die Zukunft ist schon da.
    »Australien ist unter den Industrieländern das Land, das von den Folgen des Klimawandels bereits am stärksten betroffen ist«, meinte die Frau. Das wohl dramatischste Beispiel ist das Große Barrier Riff an der ostaustralischen Küste, mit über 2600 Kilometern Länge das größte Korallenriff der Welt. Höhere Temperaturen des Wassers, die veränderte chemische Zusammensetzung, sie haben zur großflächigen Ausbleichung der Korallen geführt. »Wenn wir nicht sofort Maßnahmen gegen den Klimawandel und die globale Erwärmung unternehmen, ist das Riff bis 2050 tot«, sagt eine Untersuchung.
    Zwei Stunden später, und Keith, Corina, Trish, Viola und ich sind völlig niedergeschlagen. Viola hat Tränen in den Augen.
    Als ich nach Hause fahre, fühle ich mich wie gelähmt. Für die meisten Menschen in Greentown

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