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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
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nähergebracht als »Australia«. Der Großteil der Dreharbeiten fand hier statt, in den Kimberley.
    Mitten in der Wildnis treffen wir Al Comerford. Ein heißer Wind weht ihm ins Gesicht, als er mit klobigen Fingern in seinem verwitterten Tabakbeutel nach dem Zigarettenpapier sucht. »Sie lässt einen nicht mehr los, diese Landschaft«, sagt er und schaut in die Ferne. Das Cockburn-Gebirge im Osten der Kimberley ist eine der spektakulärsten Landschaften, die Australien zu bieten hat. Über Jahrmillionen geformt von Sand, Wind und Wasser, zeigt sich der flache Bergzug zu jeder Tageszeit in brillanter Pracht. Sattes Orange wechselt von einer Minute zur anderen in mattes Rosa. Wenn eine Wolke den hellblauen Himmel für kurze Zeit verdüstert, strahlt die Gebirgskette in einem milchigen Beige. Der australische Regisseur Baz Luhrman hatte diese Landschaft als Hintergrund für eine der spektakulärsten Szenen des Filmes gewählt. Hier, auf einer scheinbar endlosen, pfannkuchenflachen Ebene am Fuß des Gebirges, ließ Luhrmann tagelang über tausend Rinder galoppieren. Der Regisseur filmte eine »Stampede« – eine wilde Flucht der Tiere –, und sie sollte perfekt werden, wie alles, was Luhrmann dreht. »Immer und immer wieder jagten sie die Rinder Kilometer über Kilometer durch die Landschaft, verfolgt von einer an einem Kabel aufgehängten Kamera«, erzählt Al Comerford. Der frühere Lastwagenfahrer war einer von Hunderten von Australierinnen und Australiern, die als Helfer indirekt an der Herstellung dieses epischen Werkes beteiligt waren. Comerford ist Knecht auf der Farm »Diggers Rest«, nur ein paar Kilometer vom Drehort entfernt. Rund 200 Techniker, Kameraleute und Hilfskräfte wohnten während der Dreharbeiten in der Anlage, umgeben von Ziegen, Pferden und Rindern. Auch Hauptdarsteller Hugh Jackman war da. Noch heute ziert seine Unterschrift die Wand in der Bar. »Meine Güte, konnten die saufen«, erinnert sich Al. »An manchen Abenden hatten sie eine Barrechnung von 4000 Euro.« Den Kater, der den durchzechten Nächten folgte, bekämpften die Filmemacher mit Hunderten von Litern Wasser. An gewissen Tagen musste Comerford in Kununurra Mineralwasser kaufen, »für 8000 Euro pro Ladung«.
    Nichts ist billig in diesem abgelegenen Teil der Welt. Fast alles muss aus den südlichen Staaten hochgefahren werden – über Tausende von Kilometern. »Doch Geld spielte keine Rolle für die Filmleute«, meint Comerford. Luhrmann hatte ein Budget von 180 Millionen Dollar für einen Film, der eigentlich eine Mischung ist zwischen romantischer Liebesgeschichte und Propagandafilm für Australien als Reisedestination.
    Ron und ich fahren weiter. Im Radio spielen »Dire Straits«. Das Gefährliche auf einer Straße wie der »Gibb« ist nicht der Zustand der Piste, es ist die Langeweile, die Unachtsamkeit des Fahrers, die Nachlässigkeit, die Selbstüberschätzung. Man kann stundenlang fahren auf dieser Schotterpiste, Hunderte von Kilometern. Längst hat man sich an den Rhythmus gewöhnt, an die Geschwindigkeit, an die Musik, an das Surren der Klimaanlage. Und dann, von einem Meter auf den andern, ändert sich der Zustand der Straße. Schotter wird zur Sandpiste, Sand wird zu Sumpf. Es ist dann, wenn – im Bruchteil einer Sekunde – ein Abenteuer zu einer Katastrophe werden kann. Man erschrickt, reißt das Steuer rum, kommt ins Schleudern, verliert die Kontrolle über das Fahrzeug, und das Auto überschlägt sich. Wracks von verlassenen Fahrzeugen säumen die Gibb. Einige der Autos aber sind Denkmale für die Ignoranz ihrer Besitzer. Wenn die Fahrer keine Pannenhilfeversicherung haben, können die Kosten für den Transport zur nächsten Werkstatt schnell mal den Wert des Autos übersteigen.
    Unsere Reise verläuft ohne Zwischenfälle. Nur einmal rennt uns beinahe eine Herde »Brumbys«vor das Fahrzeug, verwilderte Pferde.
    Heute treffen wir Neville Poelina, einen der bekanntesten Reiseführer der Kimberley. Er ist ein Aboriginal-Ältester und kennt die Gegend wie den Rücken seiner Hand. Wir gesellen uns zu einer Reisegruppe, die er in den nächsten Tagen durch die Heimat seiner Vorväter führen wird. »Doch jetzt gehen wir erst mal in den Supermarkt«, sagt Neville. Wir staunen und stöhnen. Es ist neun Uhr früh, und das Thermometer steht schon bei 38 Grad. Supermarkt? Die Savanne der Kimberley hat eine Fläche fast doppelt so groß wie Großbritannien – ich habe keine Ahnung, wo hier der nächste Supermarkt

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