Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
Vom Netzwerk:
stellte sich heraus, dass auf seinem Land gar nicht gebaut werden durfte. Jim sah sein Geld nie wieder und musste sein Haus verkaufen, um seine Schulden abzubezahlen. Er lebte noch ein paar Jahre in einer Sozialwohnung, verlassen von seiner Familie, die ihn vor dem »Deal« gewarnt hatte. Jim nahm sich schließlich das Leben. Eine Tragödie, die sich in Australien immer wieder abspielt.
    Als wir Bill unser Budget nennen, grinst er nur. Ich weiß nicht, ob es Mitleid ist oder Hohn. »Sie müssen weit fahren, wenn Sie für so wenig Geld etwas finden wollen«, sagt er. »Aber Sie haben Glück: Ich habe bei Greentown eine neue Subdivision erschlossen.« Greentown? Nie gehört. Mit seinem Zeigefinger fährt Bill auf der Landkarte von Sydney in Richtung Süden. Weiter, immer weiter. »Hier ist es«, sagt Bill. »Ein nettes Städtchen, gut gelegen, verkehrsgünstig. Aber hinterwäldlerisch und konservativ. Ich könnte dort niemals leben.«
    Wir schon. Greentown sollte unser Paradies werden. Und unser Zuhause. Aber davon haben wir noch keine Ahnung. Mit einem kleinen Plan in der Hand machen wir uns auf den Weg.

KAPITEL 11
    »Meinst du, dass wir hier richtig sind?«, fragt Christine, als wir die unbefestigte Landstraße entlangfahren. Es ist staubig, die Luft ist trocken, die Gegend menschenleer. Links und rechts große Wiesen. Auf der einen weidet eine Gruppe Rinder, auf der anderen grasen Schafe. »Das sind vielleicht unsere zukünftigen Nachbarn«, sage ich. Als wolle die Natur das Bild australischer Idylle vervollständigen, rennen vor uns drei Kängurus auf die Straße. Kängurus haben die unangenehme Eigenschaft, am Straßenrand stehen zu bleiben, neugierig das heranfahrende Auto zu beobachten, nur um in letzter Sekunde loszuspringen. Allzu oft direkt vors Fahrzeug. Doch auf dieser Schotterstraße kann man ohnehin nicht allzu schnell fahren. Die Kängurus überleben diesmal.
    »709«, sagt das gelbe Schild am Zaun. Wir sind also sieben Kilometer und 90 Meter von der letzten Straßenkreuzung entfernt. So funktioniert die Hausbeschilderung in vielen ländlichen Regionen Australiens. Simpel und praktisch. Man muss nur auf den Kilometerzähler schauen und weiß genau, wann man am Ziel ist. Das Grundstück, das uns Bill zum Kauf empfohlen hat, liegt nur 15 Minuten Autofahrt außerhalb von Greentown und eine Stunde von der Hauptstadt Canberra entfernt. Katzensprünge für australische Verhältnisse. Doch wir hatten den Landweg genommen für unsere Reise von Sydney. Schotterstraßen durch Felder, über Wiesen, durch Wälder. Drei Stunden lang. Wir haben das Gefühl, am Ende der Welt zu sein.
    Wir öffnen das Gittertor. Durch hohes Gras fahren wir, vorbei an Eukalyptusbäumen mit weißer Rinde, links von uns ein kleiner »Dam«, ein künstlich angelegter See. Es gibt keinen Pfad, wir holpern über Steine, Gestrüpp. Christine, hochschwanger, muss sich den Bauch halten. »Langsam«, sagt sie, »sonst bricht mir das Wasser.« So plötzlich will Samuel dann doch keinen Bruder. Nach etwa 400 Metern kommen wir auf eine kleine Anhöhe und steigen aus dem Fahrzeug. Die Aussicht verschlägt uns die Sprache. Mindestens zwanzig Kilometer sind es bis zum Horizont. Zwei, drei Hügelketten, nicht hoch, aber prominent, bewachsen mit Eukalyptuswald. Keine Spur von Menschen. Wie Schneeflocken senkt sich in der Distanz eine Gruppe grellweißer Kakadus auf die Wipfel der Bäume, wild kreischend. »Das ist es«, flüstert Christine. »Wir haben es gefunden.« Es ist einer dieser seltenen Momente im Leben, in denen man weiß, dass einfach alles passt. Ohne noch ein Wort zu verlieren, greife ich zum Mobiltelefon. Der Empfang ist schlecht, ich verstehe Bill kaum. »Wir nehmen es. Sie können den Vertrag vorbereiten.«
    Die Kaufformalitäten sind schnell abgewickelt. Unser Anwalt durchsucht die Grundbücher nach Unklarheiten, um die Besitzverhältnisse zu klären. John ist Sohn serbischer Einwanderer, mit strammgekämmtem, geöltem schwarzem Haar und dickem Bauch. Er sieht eher wie ein Zuhälter in einem billigen Nachtclub aus als wie ein Jurist. Es läuft alles problemlos. Unsere rund 40 Hektar Land waren Teil einer 2500 Hektar großen Schaffarm. Die früheren Besitzer, John und Peggy, leben noch vorne an der staubigen Straße. Beide sind weit über 80 Jahre alt. Sie hatten sich vor ein paar Jahren entschieden, die Farm zu verkaufen. So können sie sich den Lebensabend finanzieren. Diese Entscheidung treffen in Australien Landwirte jeden

Weitere Kostenlose Bücher