Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
lassen. » Es werden sicher viele kämpfen.« Er verbeugte sich.
Auch Rose neigte den Kopf. » Es werden auch viele alles verlieren, obwohl Sie sicher nicht dazugehören werden. Gute Nacht, Mr Gordon.«
Hamish nickte und verriegelte die Haustür, als das Mädchen den engen Flur entlanglief.
In der Einsamkeit seines Schlafzimmers entledigte Hamish sich seiner Kleidung, zog die blassrosa Vorhänge zu und legte sich auf sein schmales Bett. Die dünne Matratze bog sich unter seinem Gewicht, und er warf sich hin und her, um eine bequeme Position zu finden. Durch das geöffnete Fenster drang eine frische Brise. Die letzte Frau, mit der Hamish spazieren gegangen war, war seine geliebte Mary gewesen. Sie waren an einem kleinen Bach entlanggelaufen, und als sie ihn geschubst hatte, hatte er ihre Hand ergriffen und sie mit sich gezogen, so dass sie beide ins Heidekraut gefallen waren. Energisch verdrängte er das Bild seiner verlorenen Liebe. Charlie hatte recht gehabt. Seine Mary war nicht ohne Schuld gewesen. Es war Zeit, sie gehen zu lassen. Sein Vater und Mary waren wahrscheinlich mittlerweile verheiratet, und sie hatten bestimmt auch Kinder. Sollte er Mary nicht besser vergessen? Vor allem jetzt, wo er der jungen Rose Sutton begegnet war.
Eines staubigen Nachmittags kam Tootles Reynolds still und leise nach Ridge Gully, die Taschen seiner verschlissenen Jacke voller Bonbons. Er war von Vorfreude erfüllt. Es war der Wahnsinn, dass er die Tür seines kleinen Ladens hinter sich schließen konnte, um diesem Jasperson in den Busch zu folgen. Zwar fürchtete er sich ein wenig, aber die Aufregung überwog. Wann kam es denn schon einmal vor, dass ein Mann, vor allem aus The Hill, eine so dringende Aufgabe durchführen musste, für die er auch noch Geld bekam? Doch der Schotte, Hamish Gordon, hatte sogar noch eine bequeme Unterkunft versprochen; und als Tootles schließlich vom Pferd gestiegen war und in warmem Badewasser lag, während neben seinem Bett ein Tablett voller Essen stand, war er der Überzeugung, dass Hamish Gordons Wort als Gentleman nichts zu wünschen übrig ließ.
» Dein Bruder ist ein Dieb, Tootles. Er will seine Agentur verkaufen, wenn er weiter unten im Süden noch mehr Herden gestohlen hat. Dann will ich die Agentur kaufen, und du musst sie für mich führen.« Hamish schenkte sich Brandy ein und kippte ihn mit einem Schluck herunter. Eines Tages würde er feine Kristallgläser und noch feineren Brandy besitzen, so wie Matthew Reynolds.
Tootles setzte seine Brille ab, putzte sie sorgfältig mit seinem Taschentuch und wischte sich anschließend die Stirn ab. Damit sein Bruder ihn nicht sah, hatte man ihm befohlen, in seinem Hotelzimmer zu bleiben. Tootles hatte Eier zum Frühstück bekommen, dann hatte ihn der Schneider aufgesucht, der ihm bis zum nächsten Tag einen Anzug versprochen hatte. Anschließend hatte es zu Mittag einen passablen Eintopf gegeben, und er hatte sich sogar noch mit einer Hure vergnügen können, die der Chinamann ihm zugeführt hatte. Er mochte ja ein wenig schlicht sein, aber er wusste genau, wann es ihm gut ging. Bei diesem Abenteuer konnte er nur gewinnen.
» Wie willst du s-sie b-bezahlen?«, fragte Tootles vorsichtig. Bewundernd betrachtete er den neuen Anzug, den sein Wohltäter trug, das frisch gewaschene weiße Hemd und die gewachsten Spitzen des makellos gestutzten Schnurrbarts. War dieser feine Herr tatsächlich der schmutzige, heruntergekommene Mann, der vor noch nicht einmal zwei Monaten in seinen Laden gekommen war?
Hamish sah das Interesse in den braunen Augen. Dieser Mann, der von seinem eigenen Bruder so gekränkt worden war, würde seine Sache sehr gut machen. Er beneidete seinen Bruder zu ihrer aller Vorteil um sein Leben. Hamish nickte Lee kurz zu, und der Chinese trat vor und legte eine große Goldbrosche mit einem grünen Stein auf den Tisch zwischen ihnen. Wie ein Fanal leuchtete der Stein in der schlichten Umgebung des Zimmers.
» Morgen früh wirst du dich beim Direktor der First Gully Bank vorstellen. Die Brosche wird gegen Geld eingetauscht, sagen wir vierzig Pfund, die Lee ausgehändigt werden. Der Rest wird mit einer Gutschrift abgedeckt, die dir zur Verfügung steht, wenn du den Direktor informierst, was du gerne erwerben möchtest.«
Tootles streckte eine blasse Hand aus und streichelte liebevoll über den grünen Stein. » Er ist mein Halbbruder. Er hat mich erst letztes Jahr, als ich in die Stadt kam, mit dem Tod bedroht. Er hat damit gedroht,
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