Weites Land der Träume
Alice. »Was haben Sie beiden jungen Leute denn getrieben. Sie sehen ja aus, als hätten Sie einen Krug Sahne getrunken.«
»Ich habe Alice gerade gebeten, meine Frau zu werden, und sie hat ja gesagt«, erwiderte Robert strahlend.
»Da haben Sie ihm einen großen Gefallen getan, Miss Alice«, meinte Melon und ließ beim Grinsen weiße Zähne aufblitzen, als er ihr zunickte. Robert öffnete das Tor und bedeutete Alice, ihm in den Pferch zu folgen.
»Die beiden haben gute Chancen, ordentliche Zuchtschafe zu werden wie ihre Mutter, finden Sie nicht, Melon?« Robert hob eines der Lämmer auf und reichte es Alice. Die Augen vor Freude weit aufgerissen, nahm sie das zappelnde und blökende Tierchen in die Arme. Es roch nach warmer, leicht saurer Milch und schien nur aus Beinen zu bestehen. Das Lamm blickte zu Alice auf, und sein Blöken wurde lauter.
»Ich weiß«, murmelte Alice liebevoll. »Die Welt ist gemein, und niemand gibt dir genug zu fressen.« Alice bemerkte einen winzigen schwarzen Punkt auf der Nase des Tieres. Unterdessen musterte Robert das andere Lamm, das reinweiß war.
»Die beiden sind der Anfang von deinem Traum«, sagte Robert. Alice blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen.
»Aber ich kann doch nicht zwei deiner besten Lämmer annehmen«, stieß sie atemlos hervor und setzte das Lamm auf den Boden. Das Tierchen nuckelte auf der Suche nach Milch an ihrem Finger.
»Wenn du es nicht tust, werden sie eingehen«, erwiderte Robert. »Außerdem kriege ich sie sowieso zurück, wenn wir erst mal verheiratet sind.« Alice lachte auf und errötete. »Du hast ja gehört, was Melon gesagt hat. Wir müssen verwaiste Lämmer wie die beiden oft sterben lassen, wenn es uns nicht gelingt, sie einer anderen Mutter unterzuschieben, denn es ist einfach zu aufwändig, sie mit der Flasche großzuziehen. Da die zwei sich offenbar nicht durchsetzen konnten, würdest du sie damit retten. Und um beim Geschäftlichen zu bleiben, muss ich dich darauf hinweisen, dass der schwarze Punkt auf der Nase auf einen Mischling hinweisen könnte.« Alice sah ihn verdattert an. »Es könnte als erstes Lamm ein schwarzes Schaf werfen. Also hat es schon zwei Faktoren gegen sich. Aber das andere ist absolut sauber. Keine Spur von Schwarz.« Er hielt inne und betrachtete Alices freudige Miene.
»Oh, Robert, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« Sie war überzeugt gewesen, dass Robert ihre Pläne nicht billigen würde. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Ein Lämmchen nuckelte an ihrem Finger, während das andere versuchte, es wegzuschubsen. Alice drehte sich zu Melon um. »Darf ich ihnen noch etwas Milch geben?« Melon nickte, verschwand und kam mit zwei halb vollen Milchflaschen zurück. Als Alice in die Knie ging, wollte jedes der beiden Lämmer das erste sein.
»Ich würde mich freuen, wenn dich das für Dummerchen entschädigt«, meinte Robert leise und nahm eine der Flaschen.
»Du brauchst mich nicht zu entschädigen«, erwiderte sie mit liebevollem Blick. »Ach, du meine Güte, es gibt noch so viel, was ich lernen möchte.«
Robert grinste wie ein kleiner Junge. »Tja, offenbar haben sie dich als Mutter angenommen.« Die Lämmer tranken den letzten Tropfen aus der Flasche und trollten sich, als nichts Essbares mehr zu holen war. Alice stand auf. Obwohl sie über das ganze Gesicht strahlte, versuchte sie, eine missbilligende Miene aufzusetzen.
»Tu so was nie wieder.«
»Was?«
»Dass du plötzlich so abweisend und kühl wirst wie vorhin. Du hast mir einen Riesenschrecken eingejagt. Wenigstens hättest du mich ansehen können.«
»Ich kann nicht gut schwindeln. Meine Augen verraten mich immer, und du hättest sofort gemerkt, dass ich etwas im Schilde führe. Glaubst du, deine Familie hat etwas dagegen?«
»Tante Bea hilft mir bestimmt«, antwortete Alice. Ihre Augen leuchteten saphirblau. »Vielen Dank«, fügte sie, plötzlich schüchtern, hinzu.
Die Erwähnung von Bea erinnerte sie beide daran, wie spät es inzwischen war. Alice sah auf die Uhr und stellte fest, dass der Nachmittag schon weiter fortgeschritten war, als sie vermutet hatte. Während Melon sich auf die Suche nach einer Kiste machte, um die Lämmer zu transportieren, strich Robert mit den Fingern durch Alices Haar und ließ sie über ihr Gesicht bis hinunter zu ihren lächelnden Lippen gleiten.
Dann fasste er sie unters Kinn und küsste sie behutsam auf den Mund. Alice, die befürchtete, dass Melon jeden Moment erscheinen würde, fuhr verlegen und mit
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