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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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Messer ins Herz drangen. Selbst hier draußen gellten ihr Charlottes Hilferufe immer noch in den Ohren. Vor dem Zubettgehen hatte sie noch kurz bei Charlotte hineingeschaut. »Du solltest nicht auf sein. Du gehörst ins Bett.« Aber Charlotte hatte sie nur ausgelacht. »Im Bett stirbt man. Ich war gerade auf der Toilette. Die Nächte sind einfach zu lang. Wenn ich schon den ganzen Tag schlafe, kann ich nicht auch noch nachts im Bett liegen.« »Du hast recht«, hatte Maudie, die noch nie im Leben krank gewesen war, ihr zugestimmt. In ihren Augen sah Charlotte recht gesund aus. »Wo ist mein Vergrößerungsglas?« »Hier.« Maudie nahm es vom Waschtisch und gab es Charlotte. »Mein Gott! Ich versuche, ein bißchen zu lesen. Mir ist ja so langweilig. Morgen kommen die Jungen zurück, stimmt's?« »Ja.« »Geh nur schlafen, Maudie. Ich lege mich auch gleich wieder hin.« Was hätte sie sonst tun sollen? Nichts. Und dann waren die Schreie durch die Nacht gehallt. Maudie war losgerannt, gestolpert und hatte mit dem Türknopf von Charlottes Zimmertür gekämpft. Sie hatte sich gegen die Wand des Schreckens gestemmt, durch die Charlottes Schreie an ihr Ohr drangen. Charlotte stand da und brannte lichterloh! Eine menschliche Fackel! Sofort wußte Maudie, was geschehen war. Sie griff nach dem nächstbesten Gegenstand, um die Flammen zu ersticken, das brennende Nachthemd, das brennende Haar. Keine Decken, nur Bettlaken. Sie packte den schweren Bettüberwurf, wickelte Charlotte darin ein und rollte sie am Boden hin und her. Sie schlug und trat die Flammen aus, roch das verbrannte Fleisch, sah das verkohlte Haar. Glücklicherweise hatten die Schreie aufgehört. Charlotte war bewußtlos. Dann schickte sie zwei Reiter auf die Suche nach Dr. Brody, doch sie bezweifelte, daß er mehr würde ausrichten können als Sam Lim, der Salbe auf Streifen von Bettlaken strich und die arme Frau vorsichtig verband. Als Charlotte aufwachte und die Schmerzen wieder einsetzten, träufelte er ihr Laudanum auf die versengten Lippen. »Oh, Charlotte«, klagte Maudie. »Warum hast du nur so eine Dummheit gemacht? Und das mit deinen schlechten Augen!« Ihr Pferd war wie das aller anderen langsamer geworden. Ein Gewehrschuß erscholl, und dann noch einer, aber immer noch keine Antwort, keiner rief ihnen zu, damit sie auf ihn zuhalten konnten. Nur der unheimlich finstere Busch, Tausende von Bäumen, die sie herausforderten, und dahinter noch unzählige mehr. Wenn Charlotte nur nicht immer alles hätte allein machen wollen! Warum hatte sie niemanden um Hilfe bitten können? Es war die Kerosinlampe gewesen. Zuerst hatte Maudie angenommen, sie habe sie umgeworfen und so ihr Nachthemd in Brand gesetzt, doch nachdem Charlotte versorgt war, hatte sie den wahren Grund entdeckt. Die Kerosinflasche stand nicht an ihrem Platz, sondern auf dem Waschtisch. Charlotte mußte beschlossen haben, die Lampe selbst nachzufüllen, und hatte dabei offenbar etwas auf ihre Kleidung verschüttet. Deswegen hatte wahrscheinlich alles so lichterloh gebrannt. Da sie halb blind war, hatte sie im Dämmerlicht vermutlich gar nicht gesehen, daß sie etwas verschüttet hatte. Dann hatte sie ein Streichholz angezündet. Wachsstreichhölzer waren dafür bekannt, daß sie knisterten und Funken sprühten. Eines hatte gereicht. »Ach, aber sie hat ja schlechte Augen.« »Was haben Sie gesagt?« fragte Casey. »Nichts«, antwortete Maudie. Wie lange ritten sie schon auf diesem Weg? »Bald wird es hell«, meinte Casey, und Maudie nickte. Im Busch regte es sich. Kookaburras brachen, wie es ihr Recht war, das Schweigen mit ihrem Geschnatter, aber Maudie ärgerte sich über diese Störung. Sie brauchte die Stille, um auf ungewöhnliche Geräusche zu lauschen.    
     
    * * *
     
    Sibell, die im plötzlich menschenleeren Haus allein zurückgeblieben war, wandte sich an Sam Lim. »Wo ist Mrs. Hamilton?« Er hob die Hände, antwortete ihr auf chinesisch und brach dann in wildes Schluchzen aus. Sibell versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. Sie war erschöpft, nicht mehr sicher auf den Beinen und verwirrt. Sie sorgte sich um Zack und Cliff, und dann fiel ihr ein, daß es Charlotte wahrscheinlich ebenso erging. Sie würde zu ihr gehen und ihr sagen, daß ihre Söhne bald zu Hause sein würden. O Gott, wenn sie den Heimweg gefunden hatte, würde es ihnen doch nicht schwer fallen. Leise klopfte sie an Charlottes Tür, aber Netta kam heraus und lege den Finger an die Lippen. »Wecken Sie die Missus

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