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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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entrüstet. »Die sollten sich was schämen.« »Und dann kommt noch mein Name hinzu«, fuhr er grinsend fort. »Die Engländer halten die Iren anscheinend für die Ausgeburt an Leidenschaft. Und ein junger Ire mit einer hilflosen, hübschen Engländerin allein an einem gottverlassenen Strand gibt ausreichend Stoff für Gerüchte.« Sein Humor war ansteckend, und Josie mußte lachen. »Aber niemand spricht darüber, daß ihr Leben in Gefahr war.« »Natürlich nicht. Daran denkt kein Mensch mehr, aber der Rest hält sich beharrlich.« »Welch ein Jammer! Ich werde Miss Delahunty selbst meine Aufwartung machen.« »Das hatte ich gehofft. Sie kann man wohl nur schwerlich an der Tür abweisen.« »Und wenn sie es doch tun?« »Dann dürfen Sie nicht lockerlassen. Glauben Sie, daß Sie das schaffen?« Ermutigt durch die Erfolge dieses Tages, nickte Josie. »Mein Wort darauf. Ich schaffe es.«    
     
    * * *
     
    Jack erschien nicht zum Abendessen. Josie saß allein im Speisesaal und betete, er würde noch kommen, denn sie hatte gemerkt, daß die Wirtin sie stirnrunzelnd musterte. Als Josie ihr Mahl beendet hatte, versuchte sie, unbemerkt hinauszuschlüpfen, doch die Wirtin stellte sich ihr an der Tür in den Weg. »Wenn ein Gast nicht zum Essen erscheint, dann erwarte ich, daß man es mir vorher mitteilt.« »Ist gut. Es tut mir leid«, murmelte Josie. »Sie müssen dieses Essen trotzdem bezahlen. Die zwei Shilling kommen auf die Rechnung, und ich möchte keinen Streit darüber.« »Selbstverständlich wird es bezahlt«, antwortete Josie schuldbewußt. Jack war zweifellos in irgendeinem Wirtshaus. In ihr Zimmer zurückgekehrt, zog sie sich ihr Nachthemd an und legte sich ins Bett. Aber sie konnte keinen Schlaf finden, weil sie bei jedem auch noch so leisen Geräusch hoffte, Jack sei zurückgekehrt. Schließlich mußte sie doch eingeschlafen sein, denn mitten in der Nacht wurde sie von einem lauten Klopfen wach. Auf Anhieb wußte sie, daß Jack dort draußen stand und an die verschlossene Eingangstür hämmerte. Sie hatte so etwas schon früher erlebt, denn schon mehrmals hatte sie ihn aus dem Farmhaus ausgesperrt, wenn er zu viel getrunken hatte. Doch dann schrie er immer Zeter und Mordio, was offenbar jetzt wieder der Fall war. Sie lauschte der lautstarken Auseinandersetzung zwischen ihm und der Wirtin, die ihn mittlerweile eingelassen hatte, und dann hörte sie ihn mit lautem Poltern die Treppe heraufstolpern. Josie gab vor, zu schlafen, denn es war ihr zu peinlich, jetzt der Wirtin gegenüberzutreten. Doch diese hämmerte jetzt an Josies Zimmertür. »Mrs. Cambray, Ihr Mann hat sich betrunken auf meine Treppe gelegt. Kommen Sie raus und sammeln Sie ihn auf.« Bleich vor Scham hüllte Josie sich in ihren Bademantel und stürzte nach draußen. Dann schubste und zerrte sie Jack mühsam ins Zimmer. Die Wirtin sah mit verschränkten Armen zu und beklagte sich derweilen mit beredten Worten, mit welcher Art von Herrschaften sie sich abgeben mußte. Jack war so betrunken, daß er gar nicht bemerkte, was vor sich ging. Wütend schob Josie ihn ins Zimmer, wo er mit einem Krachen, das alle anderen Gäste aufgeweckt haben mußte, zu Boden fiel. »Mein Haus ist nur für Gentlemen…«, setzte die Wirtin an, fest entschlossen, das ganze Ausmaß ihrer Mißbilligung in Worte zu fassen. »Mrs. Bolton«, gab Josie wütend zurück. »Sie würden einen Gentleman nicht erkennen, und wenn Sie über ihn stolpern würden.« Dann knallte sie ihr die Tür vor der Nase zu.    
     
    * * *
     
    Am folgenden Morgen stellte sie Jack zur Rede. »Das war ja ein schöner Aufruhr, den du da gestern veranstaltet hast. Wahrscheinlich setzt man uns jetzt vor die Tür.« »Ach, reg dich nicht auf, Frau. Wir zahlen, also wird man uns auch nicht rauswerfen. Zieh dich an, jetzt wird man gleich zum Frühstück rufen, und wir haben heute noch viel vor.« »Hast du Scherer gefunden?« fragte sie. »Scherer? Die führen sich auf, als wären sie der liebe Gott höchstpersönlich.« Josie gab ihm nicht die Gelegenheit, sich weiter zu diesem Thema zu äußern. Jedes Jahr mußten sie sich neue Scherer suchen, denn immer geriet Jack mit ihnen in Streit über den Lohn. Auf Jacks Liste der meistgehaßten Dinge in diesem Land rangierten sie gleich nach den Eingeborenen und den Krähen. Er schlang sein Frühstück herunter und brach auf, noch bevor Josie ihre Koteletts aufgegessen hatte. Ihr machte es nichts aus. Sie genoß es, endlich einmal die Mahlzeiten,

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