Weites wildes Land
daß dieser auf das Geld der Delahuntys angewiesen war. Da er sich beim Landkauf übernommen hatte, brauchte er es dringend, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Aber die Geldquelle war ausgetrocknet oder besser gesagt versunken. Deswegen hatte Gilbert seine Besitzungen im Süden aufgeteilt und sie zu Höchstpreisen an Neuankömmlinge verkauft. Einer der neuen Besitzer steckte nun in Schwierigkeiten, weil er keinen Zugang zum Fluß hatte. Offenbar hatte Gilbert ihm versichert, er müsse nur Brunnen bohren, um Wasser zu finden, aber die Parzelle war knochentrocken. »Der Siedler tobt wie ein eingesperrter Kakadu«, hatte Ezras Sekretär ihm berichtet. »Und die Landvermesser sind auf seiner Seite.« »Werden Sie sich um diese Sache kümmern?« hakte Percy nach. »Gewiß. Aber es wird schwer werden. Haben Sie Miss Delahunty mein Anliegen vorgetragen?« »Noch nicht. Eine ganze Reihe junger Männer macht ihr den Hof, und nun weiß die Kleine gar nicht, wie sie sich entscheiden soll.« »Oh, ich verstehe«, sagte Ezra traurig. Doch er wußte es besser. Schon seit Monaten versuchte Percy, Sibell zu verheiraten, aber ein Mädchen ohne Mitgift, deren guter Ruf durch diesen unglückseligen Schiffbruch gelitten hatte, war bei den Herren der hiesigen besseren Gesellschaft nicht besonders begehrt. Glücklicherweise kannte Ezra Logan Conal und hatte sich die Mühe gemacht, ihn bei einigen Gläsern Bier und Whisky über die tatsächlichen Ereignisse auszufragen. Inzwischen wußte er, daß die Gerüchte unbegründet waren und nur auf übler Nachrede beruhten. Das arme Mädchen tat ihm leid. Allerdings nicht so leid, daß er dieses Wissen schon hier und jetzt preisgegeben hätte. Der Umstand, daß sie kompromittiert war, verschaffte ihm einen Vorteil und schreckte weitere mögliche Anwärter ab. Nach der Hochzeit würde er die Wahrheit ans Tageslicht bringen. Nach diesem Gespräch schmiedete Ezra Pläne. Er wandte sich an den obersten Landvermesser. »Es ist wirklich ein Jammer, Sir, daß unser Gericht mit den Landstreitigkeiten völlig überlastet ist. Mr. Conal leistet ganze Arbeit, aber, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Sir, könnten wir eine Menge dieser zeitraubenden Klagen vermeiden, wenn wir einen Fachmann wie ihn gleich an Ort und Stelle schicken. Er ist genau der Richtige, um die neuen Parzellen auszumessen und das Land zu erschließen. Er würde gleich Nägel mit Köpfen machen, und dann wüßten wir alle, woran wir sind.« Schon bald erfuhr Percy, daß Logan in die Verbannung geschickt worden war, und er lud seinen Freund, den Magistrat, sofort zu sich zum Essen ein.
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Logan machte sich auf die Suche nach Charlie. »Endlich bin ich befördert worden. Ich soll eine Expedition anführen, die das Land jenseits des Darling-Höhenzuges vermessen soll. Willst du mitkommen?« Charlie starrte ihn an. »Bist du vollkommen übergeschnappt? Da draußen gibt’s nichts zu sehen. Nur ein paar riesige Schwarze mit riesigen Speeren.« »Ach, komm schon! Wir nehmen Waffen mit, und die Schwarzen sind nicht so schlimm, wie du glaubst. Schließlich haben sie mir doch das Leben gerettet. Hör zu, Charlie, wir dürfen zwei Sträflinge mitnehmen, einen Helfer – also einen Koch – und ausreichend Vorräte. Das heißt, freie Verpflegung für die ganze Zeit, die wir unterwegs sind. Wir sparen eine Unmenge Geld!« »Landvermessen im Busch ist verdammt hart.« »Ich kriege die neuesten Winkelmesser und die allermodernsten Instrumente. Schlag doch eine solche Gelegenheit nicht aus.« Charlie überlegte. »Glaubst du, wir können auch ein paar Parzellen für uns selbst abzweigen?« »Was glaubst du, warum ich auf das Angebot eingegangen bin, Charlie?« »Nun, in diesem Fall könnte es die Sache wert sein. Wir brauchen einen Führer, einen Schwarzen.« »Ich kenne genau den richtigen Mann. Einen Burschen namens Jimmy Moon. Ich muß ihn nur noch finden.«
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Margot hatte zwei Freundinnen zum Vormittagstee eingeladen: Mrs. Judd, die Frau des Vikars, und Mrs. Enderby, deren Mann im Wollhandel tätig war. Sibell, die nur lang genug für eine Tasse Tee und ein Stück Kuchen geblieben war, hatte sich bald aus dem Wohnzimmer geflüchtet, um sich auf der Veranda in einen großen, niedrigen Liegestuhl zu setzen. Das war ihr Lieblingsplatz, besonders wenn Margot mit Gästen beschäftigt war und sie deshalb nicht ständig mit einem neuen Auftrag behelligte. Margot konnte es, wie sie selbst zugab, nicht mit
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