Weizenwampe
Bereich der Unterschenkel und Füße.
Ich bat Meredith daher, es mit weizenfreier Ernährung zu versuchen, und in ihrer Verzweiflung willigte sie ein. Außerdem bot ich ihr einen Termin für einen Belastungstest an, bei dem sie bei mäßiger Geschwindigkeit auf einem Laufband bergauf laufen sollte.
Zwei Wochen später war Meredith wieder bei mir. Auf meine Frage, ob sie sich den Belastungstest zutrauen würde, erwiderte sie: »Kein Problem! Nach unserem Gespräch habe ich keinerlei Weizen mehr zu mir genommen. Meine Schmerzen sind im Moment höchstens zehn Prozent von dem Zustand vor ein paar Wochen. Ich finde, sie sind fast weg. Das eine Schmerzmittel habe ich bereits abgesetzt, und das andere werde ich diese Woche wohl auch noch los.« Den Stock brauchte sie ebenfalls nicht mehr.
Meredith berichtete, dass ihr Sodbrennen und die Reizdarmsymptomatik vollständig verschwunden waren. Außerdem hatte sie in den zwei Wochen bereits vier Kilo abgenommen.
Auf dem Laufband hatte Meredith keine Probleme und schaffte problemlos 5,8 Kilometer pro Stunde bei 14 Prozent Steigung.
Da das menschliche Nervensystem aus einem komplexen Gewebe aus Nervenzellen und -netzen besteht, kann sich eine periphere Neuropathie infolge von Weizenexposition auf vielerlei Weise äußern, je nachdem, welche Nerven betroffen sind. Am häufigsten kommt es zu Gefühlsstörungen in beiden Beinen mit einer gestörten Beinmuskelkontrolle. Weniger häufig sind einseitige Ausfälle (asymmetrische Neuropathie) oder eine Beeinträchtigung des vegetativen Nervensystems, das für automatische Funktionen wie Blutdruck und Puls sowie die Darm- und Blasenkontrolle zuständig ist. 12 Wenn das vegetative Nervensystem betroffen ist, kommt es zu Symptomen wie Ohnmacht oder Schwindel beim Aufstehen aufgrund mangelhafter Blutdruckanpassung, Schwierigkeiten beim Entleeren von Blase oder Darm und Pulsrasen ohne entsprechende Belastung.
Unabhängig von ihrem Erscheinungsbild ist die periphere Neuropathie eine progressive Erkrankung, die bis zum Absetzen von Weizen und Gluten kontinuierlich schlimmer wird.
Das Vollkornhirn
Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns alle einig: Höhere Hirnfunktionen wie Denken, Lernen und Gedächtnisleistungen sollten für Eindringlinge tabu sein. Unser Bewusstsein ist etwas zutiefst Persönliches und Ausdruck des Zusammenspiels unseres Wesens und unserer Erfahrungen. Wer würde neugierigen Nachbarn oder Marktforschern Zugang in diesen intimsten Bereich unseres Gehirns gewähren? Vorstellungen über Telepathie sind faszinierend und unheimlich zugleich.
Für Weizen ist nichts heilig, weder das Kleinhirn noch die Großhirnrinde. Er kann zwar keine Gedanken lesen, aber er kann beeinflussen, was in unserem Gehirn vor sich geht.
Die Wirkungen von Weizen auf das Gehirn betreffen nicht nur unsere Laune, unsere Energie und unseren Schlaf. Bereits bei der zerebellären Ataxie haben wir gesehen, dass Weizen dem Hirn echten Schaden zufügen kann. Doch selbst die Hirnrinde, das Zentrum unseres Erinnerungsvermögens und höherer Denkleistungen, die »grauen Zellen«, in denen alles gespeichert ist, was unsere einzigartige Persönlichkeit ausmacht, kann in den Kampf des Immunsystems gegen den Weizen hineingezogen werden, und zwar in Form einer Enzephalopathie, also einer Hirnerkrankung.
Eine glutenbedingte Enzephalopathie äußert sich in Form von migräneartigen Kopfschmerzen und schlaganfallähnlichen Symptomen wie dem Kontrollverlust über ein Bein oder einen Arm, Schwierigkeiten beim Sprechen oder Sehstörungen. 13, 14 Auf der Magnetresonanzaufnahme des Gehirns (MRT) ist in diesem Fall eine charakteristische Schädigung der umgebenden Blutgefäße im Hirngewebe zu erkennen. Die glutenbedingte Enzephalopathie geht auch mit vielen der Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen einher, die bei der zerebellären Ataxie auftreten.
In einer besonders verstörenden Studie der Mayo Clinic wurde bei 13 Patienten mit frisch diagnostizierter Zöliakie jeweils auch die Diagnose Demenz gestellt. Bei diesen 13 Patienten gab es bei der Frontallappenbiopsie (das ist eine Gewebeprobe aus dem Gehirn) oder bei der Autopsie des Gehirns nach Todeseintritt keinen anderen pathologischen Befund als die Weizenglutenexposition. 15 Vor dem Tod oder der Biopsie waren insbesondere Gedächtnisverlust, die Unfähigkeit, einfache Rechenaufgaben zu lösen, Verwirrtheit und Persönlichkeitsveränderungen aufgetreten. Neun der Patienten starben aufgrund der
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