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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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war. »Wie viel?«
    »Lesen Sie es selbst«, sagte Ireland und drehte die Akte Pascoe hin, der sie keines Blicks würdigte. »Paddy, das ist für den Coroner, nicht für mich. Höchstwahrscheinlich hat sich Maciver eine Valiumtablette eingeworfen, um sich zu beruhigen, bevor er sich den Kopf wegknallte. Nichts Ungewöhnliches. Wahrscheinlich zusammen mit einem Drink. Wurden auch Spuren von Alkohol gefunden?«
    Ireland nickte.
    »Sehen Sie.«
    »Man fand Alkohol im Blut. Aber wir fanden kein Glas im Zimmer. Ich hab mir noch mal den Bericht der Spurensicherung und die Fotos angesehen. Kein Glas.«
    »Dann hat er die Tablette mit einem Schluck aus der Flasche runtergespült.«
    »Es gab auch keine Flasche.«
    »Dann war’s eben im Wagen auf dem Weg zum Moscow House. Und wenn auch im Wagen keine Flasche zu finden ist, hat er sie aus dem Fenster geworfen. Oder er hat sich den Drink in der Küche genehmigt. Apropos, als ich gestern dort war, sind mir zwei Gläser aufgefallen, die aussahen, als wären sie vor nicht allzu langer Zeit benutzt worden.«
    »Er hat aus zwei Gläsern getrunken? Und die Flasche?«
    »Das, Paddy, werden schon Sie herausfinden müssen.«
    »Klingt aber eher, als würde es in Ihr Ressort fallen«, erwiderte Ireland stur. »Lesen Sie wenigstens das gerichtsmedizinische Gutachten, dann können Sie Ihre Initialen unter die Akte setzen, nur damit alles seine Ordnung hat. Und Sie können auch gleich bestätigen, dass Sie den Brief gesehen haben. Wenn dann was schiefläuft, bin ich auf der sicheren Seite.«
    Er lächelte, um der impliziten Drohung die Schärfe zu nehmen. Verstimmt griff sich Pascoe die Akte und den Beweisbeutel und brachte sie nach oben in sein Büro, wo er sie in die Ablage warf und sich auf andere Dinge zu konzentrieren versuchte.
    Aber die Tragödie im Moscow House spukte ihm weiter durch den Kopf. Vergangene Nacht hatte Ellie ihn nach dem Fall gefragt, und er hatte geantwortet, dass er nicht mehr in seiner Zuständigkeit liege, und als er davon erzählte, wie er und Wield ins Büro des Rektors zitiert worden waren, hatte er es ins Lächerliche gezogen. Er war dann ziemlich perplex gewesen, als sie sagte: »Peter, dein Problem ist vielleicht, dass es dir lieber wäre, wenn es ein Mord und kein Selbstmord wäre.«
    »Warum sagst du das?«
    »Weil du mit einem Mord wahrscheinlich besser umgehen kannst.«
    Er hatte dann im Bett darüber nachgedacht. Und sie hatte natürlich Recht, verdammt.
    Gut, die meisten Morde waren für alle Beteiligten eine Tragödie, aber das konnte man ausblenden, wenn man sich rückhaltlos auf die Suche nach dem Täter machte. Es war der Geisteszustand des Mörders, den man zu rekonstruieren versuchte, um sich ihm anzunähern. Und das war Gehirnarbeit. Wie emotional man sich auch verstrickte, wenn man sich in die Psyche des Killers versenkte, es war doch immer der Intellekt, der das Sagen hatte.
    Aber wenn man sich auf die geistige Verfassung eines Menschen einließ, der so tief in der Finsternis saß, dass er den Tod als einzigen Ausweg ansah, dann jagte man dem Schwanz seiner eigenen Psyche hinterher. Diesen Morgen war er mit dem Bild von Pal Maciver aufgewacht, der seine Zehe durch die Schlinge schob, bis Ellie diese Gedanken auf höchst reizende Weise vertrieben hatte.
    Jetzt war das Bild wieder da.
    Hör auf damit!, ermahnte er sich selbst. Schlag es dir aus dem Kopf. Diazepam … es hatte nichts zu bedeuten … er hatte Ireland eine ganz vernünftige Erklärung gegeben. Und der Brief, ganz klar das Werk eines boshaften Unruhestifters, der sich noch nicht mal dazu hinreißen ließ, einige gute, pikante Vorwürfe zu erfinden.
    870 … es war sinnlos … 870 …
    Er schloss die Augen und versuchte sich zu entspannen, um frei assoziieren zu können. Nach einer Weile stellte er fest, dass sich zur 870 eine weitere Zahl gesellte, die ihm ebenso obskur erschien.
    1062.
    Woher zum Teufel war sie gekommen?
    Dann fiel es ihm ein.
    Er stand auf, beugte sich vor, um seine Schublade aufzuschließen und nahm den Müllbeutel heraus, der die Überreste von Pal seniors Selbstmord enthielt. Ihm entnahm er den Band mit den Gedichten von Emily Dickinson. Er war noch immer auf der blutbespritzten Seite mit dem Gedicht 1062 aufgeschlagen.
    Er blätterte durch die spröden Seiten, bis er zu Gedicht 870 kam:
    Finden kommt als Erstes,
    Zweitens Verlust,
    Drittens, die Ausfahrt nach
    Dem »Goldnen Vlies«
     
    Vier, keine Entdeckung –
    Fünf, kein Matrose –
    Schließlich

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