Wellenbrecher
seine Aufmerksamkeit dem Strand zu und ging durch das Gras hinunter, um sich genauer umzusehen. Treibholz und alte Plastikbehälter hatten sich in Spalten zwischen den Klippen verfangen, aber einen Rucksack, ob nun grün oder schwarz, entdeckte er nicht. Plötzlich überkam ihn eine bleierne Müdigkeit, und er fragte sich, was zum Teufel er hier überhaupt tat. Er hatte vorgehabt, sich einen langen, faulen Tag auf der Miss Creant zu gönnen, und ärgerte sich jetzt, daß er ihn für nichts und wieder nichts aufgegeben hatte. Er hob den Blick zu den Wolken, die mit einer südwestlichen Brise vom Meer herüberzogen, und seufzte frustriert...
Maggie stellte die Teetasse auf den Tisch neben dem Bett ihrer Mutter. »Ich habe ihn stark gesüßt«, sagte sie. »Nick meinte, du müßtest wieder ein bißchen Kraft bekommen.«
Sie starrte auf die schauderhaft aussehende Bettdecke, zerschlissen und voller Flecken, und sah dann die Teeflecken auf dem Bettjäckchen ihrer Mutter. Sie fragte sich, wie die Laken aussahen - in Broxton House gab es schon lange keine Waschmaschine mehr -, und wünschte verzweifelt, sie hätte bei ihrer Unterhaltung mit Nick Ingram niemals das Wort »Schlampen« benutzt.
»Ich hätte lieber einen Brandy«, sagte Celia Jenner seufzend.
»Ich auch«, versetzte Maggie kurz, »aber wir haben keinen.«
Sie trat ans Fenster und blickte, die Hände um ihre Teetasse gelegt, in den Garten hinaus. »Weswegen will er mit dir quitt werden, Mama?«
»Hast du ihn danach gefragt?«
»Ja. Er sagte, es wäre ein privater Scherz.«
Celia lachte. »Wo ist er jetzt?«
»Abgefahren.«
»Ich hoffe, du hast dich in meinem Namen bei ihm bedankt.«
»Nein. Er fing an, mich herumzukommandieren, da habe ich ihn rausgeschmissen.«
Ihre Mutter betrachtete sie einen Moment lang neugierig. »Das ist aber ungewöhnlich für ihn«, sagte sie. »Auf welche Weise hat er dich denn herumkommandiert?«
»Höchst unverschämt.«
»Aha, ich verstehe.«
Maggie schüttelte den Kopf. »Das bezweifle ich«, widersprach sie, den Blick immer noch auf den Garten gerichtet. »Er ist genau wie Matt und Ava. Er findet, der Allgemeinheit wäre besser gedient, wenn wir dieses Haus räumen und einer obdachlosen Familie überlassen würden.«
Celia trank einen Schluck Tee und lehnte sich in die Kissen zurück. »Dann kann ich deinen Ärger verstehen«, sagte sie. »Es ist immer ärgerlich, wenn ein anderer recht hat.«
»Er hat dich als Schlampe bezeichnet und gesagt, es wäre ein Wunder, daß du dir noch keine Lebensmittelvergiftung geholt hast.«
Celia ließ sich das einen Moment durch den Kopf gehen. »Es fällt mir schwer, das zu glauben, wenn er dir nicht einmal zu sagen bereit war, warum er mit mir quitt werden will. Außerdem ist er ein höflicher junger Mann und hätte von mir sicherlich nicht als Schlampe gesprochen. Das scheint mir doch eher auf deinem Mist gewachsen zu sein, hm, Schatz?« Sie beobachtete einen Augenblick den stocksteifen Rücken ihrer Tocher, und als Maggie nichts sagte, fügte sie hinzu: »Wenn er wirklich mit mir quitt sein wollte, hätte er mir schon längst einen Schuß vor den Bug gegeben. Ich war unglaublich ungezogen zu ihm, und es tut mir heute noch leid.«
»Was hast du denn getan?«
»Er kam zwei Monate vor deiner Hochzeit zu mir, um mich vor deinem Verlobten zu warnen, und ich habe ihn rausgeschmissen, genau wie du das heute getan hast.«
Weder sie noch Maggie brachten es fertig, den Mann, der sich so heimtückisch in ihr Leben eingeschlichen hatte, mit seinem richtigen Namen zu bezeichnen - Robert Healey. Für sie hatte er den Namen behalten, unter dem sie ihn kennengelernt hatten, und der lautete Martin Grant. Maggie fiel die Umgewöhnung besonders schwer, da sie drei Monate lang mit dem Namen Mrs. Martin Grant gelebt hatte, ehe sie sich der unangenehmen Pflicht gegenübersah, Banken und Behörden mitzuteilen, daß weder der Name noch die Anrede stimmten.
»Was er gegen Martin vorzubringen hatte«, fuhr Celia fort, »war allerdings auch ziemlich dürftig. Er behauptete, Martin hätte versucht, sich von Jane Fieldings Schwiegereltern mehrere tausend Pfund zu erschwindeln, indem er sich als Antiquitätenhändler ausgab - und die ganze Anschuldigung beruhte auf der Behauptung der alten Mrs. Fielding, daß es Martin gewesen sei, der bei ihnen vorgesprochen habe -, aber wenn ich auf Nick gehört hätte, anstatt ihn zu beschimpfen -« Sie brach ab. »Er hat mich wütend gemacht. Er fragte immer
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