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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Sprechen die einzelnen Punkte an den Fingern ab. »Sie wollte Geld, und es war ihr ziemlich egal, wie sie es bekam. Sie manipulierte andere, um zu erreichen, was sie wollte. Sie konnte grausam sein. Sie log, wenn nötig. Ihr Ziel war, die gesellschaftliche Leiter hinaufzuklettern und Anerkennung in Kreisen zu finden, die ihr imponierten, und solange es sie diesen Zielen näher brachte, war sie bereit, jede Rolle zu spielen, die von ihr erwartet wurde, wobei Sex zu ihren Hauptwaffen zählte. Die einzige Person, die sie nicht manipulieren konnte, war Ihre Mutter, also tat sie das einzig Mögliche und entzog sich ihrer Einflußsphäre.« Er ließ seine Hand sinken und sah Sumner mit echter Teilnahme an. »Wie lange hat es gedauert, bis Sie gemerkt haben, daß Sie reingelegt worden waren, Mr. Sumner?«
    »Sie haben offensichtlich mit dieser verdammten Polizistin geredet.«
    »Unter anderem.«
    »Sie hat mich wütend gemacht. Da habe ich Dinge gesagt, die ich nicht so gemeint habe.«
    Galbraith schüttelte den Kopf. »Ihre Mutter hat Ihre Ehe nicht viel anders gesehen«, sagte er. »Sie hat vielleicht nicht von ›Hauswirtin‹ oder ›Untermiete‹ gesprochen, aber aus ihren Worten ging klar hervor, daß sie die Beziehung als leer und unbefriedigend empfand. Andere haben sie als unglücklich, rein sexuell, kühl, langweilig beschrieben. Trifft irgendeine dieser Beschreibungen zu? Treffen sie vielleicht alle zu?«
    Sumner drückte Daumen und Zeigefinger an seinen Nasenrücken. »Man bringt seine Frau nicht um, weil man sich mit ihr langweilt«, murmelte er.
    Wieder wunderte sich Galbraith über die Naivität des Mannes. Langeweile war häufig nämlich genau der Grund, warum ein Mann seine Frau ermordete. Er mochte es verschleiern, indem er Provokation oder Eifersucht vorgab, aber letztendlich steckte meistens das Verlangen nach einer Veränderung hinter der Tat - auch wenn die Veränderung nichts weiter als Flucht war.
    »So wie ich es gehört habe, ging es weniger um Langeweile als darum, daß Sie Ihre Frau als selbstverständlich hingenommen haben. Und das interessiert mich. Ich frage mich nämlich, was ein Mann wie Sie tun würde, wenn die Frau, die er bisher als selbstverständlich hingenommen hat, plötzlich entscheiden würde, bei dem Spiel nicht länger mitzumachen.«
    Sumner starrte ihn mit einem Ausdruck der Verachtung an. »Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden.«
    »Oder wenn er entdecken würde«, fuhr Galbraith erbarmungslos fort, »daß das, was er bisher für selbstverständlich gehalten hat, in Wirklichkeit gar nicht zutrifft. Zum Beispiel die Frage der Vaterschaft.«
     
    Ingram vermutete, daß Harding auf die Landspitze zurückgekommen war, um seinen Rucksack zu holen. Der Mann hatte zwar behauptet, der Rucksack, den man auf der Crazy Daze gefunden hatte, sei der, den er am Sonntag mitgehabt hätte, aber Ingram glaubte ihm das nicht. Paul und Danny Spender hatten zu nachdrücklich darauf hingewiesen, daß er groß gewesen sei, und diese Beschreibung paßte nicht auf das kleine dreieckige Ding, das sie auf dem Boot gefunden hatten. Außerdem interessierte ihn noch immer die Frage, warum Harding den Rucksack zurückgelassen hatte, als er mit den Jungen zu den Bootshütten hinuntergegangen war. Warum er allerdings an diesem Morgen zum Strand hinuntergestiegen war, nur um dann mit leeren Händen wieder die Klippen hinaufzuklettern, war und blieb ein Rätsel. Hatte vielleicht jemand anderer den Rucksack gefunden und mitgenommen? Hatte Harding ihn mit Steinen beschwert und ins Meer geworfen? Hatte er den Rucksack überhaupt dort zurückgelassen?
    Frustriert schlitterte er eine Rinne in der Schieferwand hinunter zu dem grasbewachsenen Hang, der am Ende des Tales sanft zum Meer hinabfiel. Die Klippen gingen nach Westen, lagen also um diese Tageszeit im Schatten, und er fröstelte in der klammen Kälte, die sein dünnes T-Shirt und seinen Pullover durchdrang. Er drehte sich um und betrachtete den Einschnitt in der Wand, um sich eine Vorstellung davon zu machen, wo Harding plötzlich vor Maggie aufgetaucht sein mußte. Noch immer kollerte loses Schiefergeröll die Rinne hinunter, durch die Ingram gekommen war, und etwas weiter links war offenbar ebenfalls erst vor kurzem ein kleiner Geröllrutsch niedergegangen. Er ging hinüber, um sich die Spur anzusehen. Vielleicht hatte Harding sie bei einer Kletterpartie hinterlassen? Aber die Steine waren taunaß, die Spur mußte also älteren Datums sein.
    Er wandte

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