Wellenbrecher
ihr finden können.«
»Sie war verheiratet«, sagte Bridges. »Ist doch klar, daß er nicht mit einer verheirateten Frau durch die Stadt stolziert.«
»Ist er überhaupt jemals mit einer Frau durch die Stadt stolziert?«
Langes Schweigen. »Die meisten seiner Freundinnen sind verheiratet.«
»Oder nur erfunden?« meinte Carpenter. »Wie seine Behauptung, Bibi wäre seine Freundin?«
Bridges sah verwirrt aus, als ränge er mit flüchtig aufgeschnappten, halbverstandenen Wahrheiten, die nun plötzlich einen Sinn ergaben. Er antwortete nicht.
Galbraith zeigte mit dem Finger auf den Fernsehschirm. »Wir haben allmählich den Verdacht, daß das ganze Gerede nichts als Taktik war, um zu verschleiern, daß sich in puncto Frauen überhaupt nichts bei ihm abspielte. Vielleicht hat er vorgegeben, Frauen zu mögen, um zu verbergen, daß seine Vorlieben in eine ganz andere Richtung gehen? Vielleicht will der arme Kerl sich das selbst nicht eingestehen und läßt in aller Stille Dampf ab, um die Kontrolle über sich zu behalten?« Er richtete den Finger anklagend auf Bridges. »Aber wenn das wahr ist, wie sieht’s dann mit Ihnen und Kate Sumner aus?«
Bridges schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht.«
Galbraith zog sein Notizheft heraus und schlug es auf. »Ich werd Ihnen mal einiges zitieren, was Sie über die Frau gesagt haben: ›Ich glaube, die hat nur von Seifenopern gelebt...‹ ›Kate behauptete, Hannah würde brüllen ohne Ende...‹ ›Vermutlich hatte sie Schwachköpfe wie ihren Ehemann schon so lange mit Erfolg reingelegt...‹ und so weiter und so fort. Sie haben mir fünfzehn Minuten lang sehr beredt, und ohne daß ich Sie darum bitten mußte, von ihr erzählt.« Er legte das Heft auf den Tisch.
»Möchten Sie uns nicht sagen, woher Sie so viel über eine Frau wissen, der Sie lediglich ein einziges Mal begegnet sind?«
»Alles, was ich weiß, habe ich von Steve.«
Carpenter wies mit einer Kopfbewegung auf den Recorder. »Es handelt sich hier um eine offizielle Vernehmung, die aufgezeichnet wird, Mr. Bridges. Lassen Sie mich die Frage neu formulieren, damit es keine Mißverständnisse geben kann. Wie erklären Sie Ihr umfassendes und zutreffendes Wissen über Kate Sumner in Anbetracht der Tatsache, daß die Sumners erst seit kurzer Zeit in Lymington ansässig sind, daß sowohl Steven Harding als auch William Sumner eine Beziehung zwischen Harding und Kate Sumner bestritten haben und daß Sie, Anthony Bridges, behaupten, der Frau nur einmal begegnet zu sein?«
Marie Freemantle war eine hochgewachsene Blondine mit langem, welligem Haar und Rehaugen, die in Tränen schwammen. Nachdem ihr versichert worden war, daß Steven Harding gesund sei und derzeit über die Gründe seines Aufenthalts in Chapman’s Pool am Sonntag Auskunft gab, trocknete sie sich die Augen und schenkte den Polizeibeamten ein routiniertes Lächeln. Beide Männer hatten sich zunächst von ihrer Schönheit anrühren lassen, aber ihre Anteilnahme hatte sich unter dem Eindruck des egozentrischen, fordernden Wesens, das sich hinter der Fassade verbarg, schnell verflüchtigt. Besonders intelligent war sie offenbar auch nicht. Sie kam überhaupt nicht auf den Gedanken, die Polizei könnte sie befragen, weil Steven Harding des Mordes an Kate Sumner verdächtigt wurde. Sie war zu einem Gespräch mit ihnen nur unter der Bedingung bereit, daß ihr Vater und seine Freundin nicht dabei sein würden, und ihre Gehässigkeit, besonders gegen die Frau, die sie als »blödes Luder, das sich in alles einmischt« bezeichnete, war ungeheuer. »Ich hasse sie«, schloß sie. »Alles war in Butter, bis sie sich eingemischt hat.«
»Mit anderen Worten, Sie hatten immer die Freiheit zu tun, was Sie wollten?« meinte Campbell.
»Ich bin alt genug.«
»Wie alt waren Sie, als Sie das erstemal Geschlechtsverkehr mit Steven Harding hatten?«
»Fünfzehn.« Sie zuckte die Achseln. »Aber das ist heutzutage gar nichts. Die meisten Mädchen, die ich kenne, haben schon mit dreizehn angefangen.«
»Seit wann kennen Sie ihn?«
»Seit sechs Monaten.«
»Wie oft haben Sie mit ihm geschlafen?«
»Oft.«
»Und wo?«
»Meistens auf seinem Boot.«
Campbell runzelte die Stirn. »In der Kabine?«
»Nur selten. In der Kabine stinkt’s«, erklärte sie. »Wir nehmen immer eine Decke mit raus und tun’s in der Sonne oder unter den Sternen. Das ist ganz toll.«
»Während das Boot an der Boje vertäut ist?« fragte Campbell ziemlich entsetzt. Wie zuvor Galbraith
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