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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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einsammelte und sie mit schrillen, heiseren Schreien in den offenen Kamin schleuderte.
    Ingram stellte Steven Harding eine Tasse Tee hin und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. Die Haltung des Mannes verblüffte ihn. Er hatte eine lange Vernehmung mit heftigen Protesten und Gegenbeschuldigungen erwartet. Statt dessen hatte Harding seine Schuld unumwunden zugegeben und allem beigepflichtet, was Maggie in ihrer Aussage zu Protokoll gegeben hatte. Alles, was ihn jetzt erwartete, war, offiziell beschuldigt und über Nacht in eine Zelle gebracht zu werden. Seine einzige Sorge hatte seinem Telefon gegolten. Als Ingram es dem Aufsichtsbeamten übergeben und in die Bestandsliste von Hardings Besitztümern eingetragen hatte, hatte Harding sichtlich erleichtert gewirkt. Ob über die Tatsache, daß er es wiederhatte, oder weil es abgeschaltet war, konnte Ingram jedoch nicht erkennen.
    »Wollen wir nicht mal ganz unter uns sprechen?« forderte er Harding jetzt auf. »Nur um meine Neugier zu befriedigen. Ohne Tonbandaufzeichnung, ohne Zeugen. Nur Sie und ich.«
    Harding zuckte die Achseln. »Worüber wollen Sie denn reden?«
    »Über Sie. Über das, was hier eigentlich vorgeht. Warum Sie am Sonntag auf dem Küstenwanderweg waren. Warum Sie heute morgen nach Chapman’s Poole zurückgekommen sind.«
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ich hatte Lust auf eine Wanderung« - er versuchte ein freches Lächeln, das recht gut gelang -, »beide Male.«
    »Wie Sie wollen.« Er erhob sich von seinem Platz. »Es ist Ihre Beerdigung. Beschweren Sie sich hinterher nur nicht, daß niemand Ihnen helfen wollte. Sie haben sich von Anfang an als Verdächtiger angeboten. Sie haben das Opfer gekannt, Sie besitzen ein Boot, Sie waren an Ort und Stelle, Sie haben auf Fragen, was Sie dort zu tun hatten, gelogen. Können Sie sich vorstellen, wie das alles zusammen auf ein Gericht wirken wird, wenn die Staatsanwaltschaft beschließen sollte, Sie wegen Vergewaltigung und Mordes unter Anklage zu stellen?«
    »Das kann sie gar nicht. Sie hat keine Beweise.«
    »Herrgott noch mal, Harding, werden Sie endlich erwachsen!« rief er gereizt und ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. »Lesen Sie keine Zeitung? Unzählige Menschen haben aufgrund weit dürftigeren Beweismaterials, als man in Winfrith gegen Sie zusammengetragen hat, jahrelang im Gefängnis gesessen. Gewiß, es sind alles nur Indizien, aber Geschworene mißtrauen Zufällen ebensosehr wie jeder von uns, und was Sie sich heute morgen geleistet haben, ist nicht gerade hilfreich. Es beweist, daß Sie nicht davor zurückschrecken, eine Frau zu schlagen, wenn Sie in Wut geraten.« Er hielt inne, weil er eine Erwiderung erwartete, aber es kam keine.
    »Falls es Sie interessiert, in dem Bericht, den ich am Montag geschrieben habe«, fuhr er fort, »habe ich erwähnt, daß sowohl Miss Jenner wie auch ich den Eindruck hatten, Sie seien sexuell hoch erregt gewesen. Später erzählte einer der beiden Spenders, Sie hätten Ihr Handy zum Masturbieren benutzt, bevor Miss Jenner eintraf.« Er zuckte die Achseln. »Schon möglich, daß das nichts mit Kate Sumner zu tun hatte, aber vor Gericht wird es sich bestimmt nicht gut ausnehmen.«
    Eine dunkle Röte stieg Harding ins Gesicht. »Das ist doch wirklich das letzte!«
    »Aber trotzdem wahr.«
    »Hätte ich nur diesen Jungs nie geholfen«, stieß er wütend hervor. »Daß ich jetzt so in der Scheiße sitze, habe ich nur ihnen zu verdanken. Ich hätte einfach gehen und sie sich selbst überlassen sollen.« Er strich sich das Haar aus dem Gesicht und ließ den Kopf in die Hände sinken. »Großer Gott! Warum müssen Sie so was in einen Bericht schreiben?«
    »Weil es sich so abgespielt hat.«
    »Nein, so nicht«, widersprach er trotzig, immer noch mit schamroten Wangen.
    »Wie dann?« Ingram beobachtete ihn einen Moment. »Die Kollegen von der Kripo sind der Meinung, Sie wären zurückgekehrt, um sich rückblickend an der Vergewaltigung zu weiden, und dabei kam es zu der Erektion.«
    »Das ist doch Schwachsinn!« sagte Harding wütend.
    »Was für eine Erklärung gibt es denn sonst? Wenn nicht der Gedanke an Kate Sumner Sie erregte, können es eigentlich nur Miss Jenner oder die Jungs gewesen sein.«
    Harding hob den Kopf und starrte Ingram in einer Mischung aus Entsetzen und Abscheu an. »Die Jungs?« wiederholte er.
    Ingram schoß der Gedanke durch den Kopf, daß die Mimik ein wenig zu dramatisch war, und er rief sich ins Gedächtnis, daß er es mit

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