Wellenbrecher
an. »Ich hatte nicht die leiseste Ahnung davon, was er wirklich im Schilde führte. Selbst als Simon Farley mir erzählte, daß er im Pub zweimal mit ungedeckten Schecks bezahlt hätte, und mich bat, die Sache diskret zu regeln, weil er keinen Wirbel mochte, kam ich überhaupt nicht auf den Gedanken, daß Martin ein Profi sein könnte. Wenn mir der Verdacht gekommen wäre, hätte ich die Sache ganz anders angepackt, und dann hätten Sie vielleicht Ihr Geld nicht verloren, und Ihr Mann wäre noch am Leben.«
»Um Gottes willen!« sagte sie unwirsch und zog Bertie so heftig am Ohr, daß der arme Hund vor Schmerz leise aufjaulte. »Jetzt fangen Sie bloß nicht auch noch an, sich schuldig zu fühlen.«
»Warum nicht? Wenn ich älter und klüger gewesen wäre, hätte ich meine Arbeit vielleicht besser gemacht.«
In einer uncharakteristischen Zurschaustellung von Zuneigung legte sie ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich habe schon genug Mühe, mit meinen eigenen Schuldgefühlen fertig zu werden, da will ich Ihre und Maggies nicht auch noch mittragen müssen. Maggie ist felsenfest überzeugt, daß ihren Vater der Schlag getroffen hat, weil sie ihn angeschrien hat. Meiner Erinnerung nach hat er zwei Wochen lang wie ein Wahnsinniger getobt und ist erst tot zusammengebrochen, nachdem er sich in seinem Arbeitszimmer sinnlos betrunken hatte. Meinem Sohn zufolge ist er an gebrochenem Herzen gestorben, weil Maggie und ich ihn in seinem eigenen Haus wie eine Null behandelten.« Sie seufzte. »Tatsache ist, daß Keith Alkoholiker war und chronische Herzbeschwerden hatte. Er hätte jederzeit sterben können, obwohl Martins Machenschaften seiner Gesundheit natürlich nicht unbedingt förderlich waren. Im übrigen war es nicht das Geld meines Mannes, das gestohlen wurde. Sondern meines. Mein Vater hatte mir vor zwanzig Jahren zehntausend Pfund hinterlassen, aus denen ich mit Börsenspekulationen hunderttausend gemacht habe.« Sie runzelte verärgert die Stirn bei der Erinnerung, bevor sie Ingram unversehens hart auf die Schulter schlug. »Das ist doch alles lächerlich! Der einzige, dem hier ein Vorwurf zu machen ist, ist Robert Healey, und ich sehe nicht ein, warum sich sonst irgend jemand schuldig fühlen sollte.«
»Gilt das auch für Sie und Maggie, oder haben Sie vor, weiterhin in Sack und Asche zu gehen, so daß der Rest von uns allein schon vom Hinschauen Schuldgefühle bekommt?«
Sie sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. »Ich hatte schon recht mit dem, was ich gestern gesagt habe«, meinte sie. »Sie müssen tatsächlich immer provozieren!« Sie wies mit einer Hand zum Flur. »Sehen Sie zu, daß Sie hinauskommen, und machen Sie sich nützlich. Helfen Sie meiner Tochter.«
»Sie kommt wunderbar allein zurecht. Ich werde wahrscheinlich nur rumstehen und zuschauen.«
»Ich habe nicht von der Küchenrenovierung gesprochen«, gab Celia zurück.
»Ich auch nicht, aber die Antwort bleibt trotzdem die gleiche.«
Sie starrte ihn einen Moment verständnislos an, dann lachte sie leise. »Nach dem Prinzip, daß man nur Geduld haben muß, um zu bekommen, was man haben will?«
»Das hat bis jetzt immer geklappt«, gab er zurück. »Dann nahm er ihre Hand und hielt sie leicht in der seinen. »Sie sind eine tapfere Frau, Mrs. J. Ich wollte Sie schon immer besser kennenlernen.«
»Um Himmels willen, jetzt aber hinaus mit Ihnen!« Sie gab ihm einen Klaps auf die Hand. »Allmählich bekomme ich den Eindruck, daß Robert Healey im Vergleich zu Ihnen ein Dilettant war.« Sie drohte ihm mit dem Finger. »Und nennen Sie mich nicht Mrs. J. Das hört sich an, als wäre ich die Putzfrau.« Sie schloß die Augen und holte tief Luft, als ob sie im Begriff wäre, ihm die Kronjuwelen zu überreichen. »Nennen Sie mich einfach Celia.«
›…ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, das war das Schlimme… wenn sie mir doch nur einen Moment zugehört hätte, statt ununterbrochen zu schreien... ich glaube, es hat mich überrascht, wie stark sie war... sonst hätte ich ihr nicht die Finger gebrochen… es war ganz leicht… sie waren ja so klein... aber kein Mensch tut so etwas gerne... sagen wir es mal so, ich bin nicht stolz darauf...‹ <
Nick Ingram fand Maggie in der Küche vor. Sie stand mit verschränkten Armen am Fenster und starrte zu den Pferden auf der ausgedörrten Koppel hinaus. Die Zimmerdecke leuchtete in frischem Weiß, aber die Wände waren alle noch unberührt von jeglicher Farbe, und die Rolle trocknete in der
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